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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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Leid«, hatte er letzte Nacht geflüstert, als er Todd nach draußen gebracht hatte und zurück ins Loft gekommen war. Er zitterte am ganzen Körper. »Ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte.«
    Konnte sie ihm verdenken, dass er so besorgt war und die Wahrheit herausfinden musste? Nein. Sie hatte sich in ihrem Leben schon mit genug Lügnern abgeben müssen, die ihre Moral der jeweiligen Situation anpassten. Und wenn Justin in der letzten Nacht weiter gegangen war, als sie es akzeptieren mochte, so musste sie ihm zumindest zugutehalten, dass er sich dadurch keinen persönlichen Vorteil erhofft hatte.
    Seine Hand lang nun fast geschlossen unter seinem stoppligen Kinn … sie nahm sie in die ihre und legte ihre Finger um seine, bis er aufwachte. Er blinzelte gegen das schockierend helle Morgenlicht und knurrte, dann trafen sich ihre Blicke.
    »Wie spät ist es?«, wollte er wissen.
    »Versprich mir etwas.« Sie sprach leise und dennoch so eindringlich, dass er sofort wusste, dass es sehr wichtig für sie war, und er versprach es ihr. »Versprich mir, dass du mir nie etwas verschweigst. Was es auch sein mag. Ich muss es wissen. Versprich es mir.«
    Justin nickte und zog ihre Hand an sein Kinn. »Für dich gilt dasselbe.«
    Und somit leisteten sie sich gegenseitig diesen Schwur.
    Später rief Justin bei der Arbeit an und meldete sich krank, danach schliefen sie noch einige Stunden. Ihr Anrufbeantworter blinkte, als sie endlich aufstand, und sie wickelte sich in einen Bademantel, um die Anrufer zurückzurufen. Sie sprach mit allen, und von seinem Platz aus schien alles in bester Ordnung zu sein.
    Justin machte Frühstück, Rühreier mit Pilzen und Salsa und dazu gebratene Schinkenstreifen. Gläser mit frisch gepresstem Orangensaft standen auf dem Tisch. Es war zehn Uhr dreißig, er saß am Esstisch und reckte sich auf seinem Stuhl; auf seinem Gesicht war sein faules, durchtriebenes Grinsen zu sehen.
    »Das fühlt sich so gut an«, sagte er. »Es ist, als habe man … seine Mutter überredet, dass man einen Tag nicht in die Schule müsse.«
    »Hast du irgendwas über Todd gehört, als du angerufen hast?«
    Justin schüttelte den Kopf. »Und ich habe auch nicht gefragt. Alles in allem würde ich es als gutes Zeichen werten.«
    »Und wie sieht es in deinem Kopf aus?«
    Er lächelte. »Besser.«
    »Das ist auch ein gutes Zeichen.« Sie sah gen Himmel und faltete gespielt dramatisch die Hände. »Ich danke dir, Gott.« Dann wandte sie sich wieder der Erde und weltlicheren Dingen zu. Sie stieß gegen die Computerdisketten und den Ausdruck, die wie ein morbider Tafelschmuck zwischen ihnen lagen. »Und was machen wir hiermit?«
    Er berührte sie ebenfalls und schob sie an die Seite. Dort baute er daraus einen ordentlichen Stapel. »Ich schätze, ich werde es melden. Vielleicht fahre ich in ein oder zwei Tagen nach New Orleans. Da hat die ganze Sache schließlich angefangen.«
    Sie nickte und dachte sich, dass es wohl so sein müsse. Und dennoch: »Ich habe letzte Nacht gesagt, dass es keinen Sinn macht, und du weißt, dass es das immer noch nicht tut, Jus. Warum sollten sie das riskieren, etwas so Schreckliches, nur um einen Mitbewerber zu zerstören? Diese Caribe-Marke sollte ja nicht einmal im ganzen Land verkauft werden. Wenn sie sich solche Sorgen um ihren Markt machen, warum kümmern sie sich dann nicht um Folgers?«
    Justin zuckte mit den Achseln. »Ich weiß es nicht, das ist mir auch völlig schleierhaft. Mullavey schien Caribe nie wirklich als Bedrohung anzusehen. Es war für ihn eher eine Sache der Ehre oder etwas in der Art, sein Produkt zuerst auf den Markt zu bringen. Dieser Kerl, dem die andere Firma gehört, Caribe, das ist ein Schwarzer, ich glaube, Mullavey sagte, er käme aus Haiti. Er scheint irgendwie leicht bigott zu sein, Mullavey meine ich, und sich für die überlegene Rasse zu halten. Er hat das ganze Haus voller haitianischer Dienstboten und scheint das richtig zu genießen. Als sei er eine Art Gutsherr aus dem letzten Jahrhundert. Er ist ganz schön verschroben, so viel steht fest.«
    »Aber sich die Mühe zu machen, willkürlich irgendwelche Leute zu vergiften?«, meinte April. »Es ist ja nicht so, dass du das wirklich beweisen kannst …«
    Er hob eine der Disketten hoch und ließ sie dann wieder auf den Tisch fallen. »Was denkst du? Fällt dir irgendein anderer Grund ein, warum hier drauf die Produktionspläne zu finden sind? Warum ist nur die Sorte mit Mandelaroma besonders hervorgehoben? Mir

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