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Totenstätte

Totenstätte

Titel: Totenstätte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. R. Hall
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geworden war, Mrs. Jamals Verdachtkonzentrierte, ließ es am respektvollen Tonfall ihres Vorgängers fehlen. Ihre erste Frage war eher eine gezielt verletzende Bemerkung. »Sie lügen, nicht wahr, Mrs. Jamal? Sie wussten ganz genau, dass Ihr Sohn ein radikaler Islamist geworden war, und jetzt benutzen Sie diese Untersuchung, um Ihre eigenen Schuldgefühle zu verarbeiten, weil Sie nichts dagegen unternommen haben.«
    »Was habe ich für einen Grund, um mich schuldig zu fühlen? Es waren doch Ihre Leute, die die Polizei daran gehindert haben herauszufinden, was mit ihm passiert ist.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Der Polizist, der mir von den Geheimdienstinformationen erzählt hat, deutete so etwas an.«
    »Etwa der, an dessen Namen Sie sich nicht erinnern können?«
    »Er war ungefähr vierzig. Und schlank.«
    »Aha.« Denton schlug einen sarkastischen Tonfall an. »Und hat er Ihnen auch erklärt, warum die Geheimdienste es darauf anlegen sollten, die beiden nicht zu finden? Zwei radikale Islamisten, die bekanntermaßen Umgang mit Mitgliedern der Hizb ut-Tahrir pflegten, einer Organisation, die zwar nicht offiziell den Terrorismus unterstützt, aber in ihren Reihen bekannte Sympathisanten beherbergt?«
    Dreißig wütende Augenpaare richteten sich auf Martha Denton. Ungerührt fuhr sie fort. »Hat er Ihnen das erklärt, Mrs. Jamal?«
    »Nein.«
    »Das haben Sie sich ausgedacht, nicht wahr? Sie suchen verzweifelt nach irgendjemandem, den Sie dafür verantwortlich machen können, dass Sie nichts über das Schicksal Ihres Sohnes wissen. Und nun haben Sie beschlossen, meinen Klienten die Schuld aufzubürden.«
    Jenny schaltete sich ein. »Wir haben zwar eine Jury, MissDenton, aber dies hier ist kein Strafgericht, sondern eine zivile Anhörung, bei der ein entsprechender Tonfall vorherrschen sollte. Bitte mäßigen Sie sich.«
    Martha Denton sah ihren Berater an und zog die Augenbrauen hoch, dann fuhr sie mit falscher Höflichkeit fort. »Mrs. Jamal, hat Ihr Sohn je mit Ihnen über seine neuen religiösen Überzeugungen gesprochen?«
    »Nein, das hat er nicht.«
    »Wussten Sie, dass er sich regelmäßig mit Mitgliedern der Hizb ut-Tahrir getroffen hat, einer Organisation, deren Ziel es ist, einen internationalen islamischen Staat zu schaffen?«
    »Das behaupten Sie. Ich habe davon keine Ahnung.«
    »Aber Sie hatten einen Verdacht?«
    »Was genau ist der Punkt Ihrer Frage, Miss Denton?«, drängte Jenny.
    Martha Denton seufzte ungeduldig. »Ich versuche herauszufinden, Ma’am, was die Zeugin über die Kontakte ihres Sohns zu Radikalen und Extremisten wusste.«
    Mrs. Jamal explodierte. »Mein Sohn hätte nie etwas Schlechtes getan. Nie. Wer das Gegenteil behauptet, der lügt.« Ihre Worte hallten im stillen Saal wider.
    »Sein Vater sieht das etwas anders, nicht wahr?«, sagte Martha Denton. »Er hat sich mit der naheliegendsten Erklärung für das Verschwinden Ihres Sohns ziemlich schnell zufriedengegeben, oder? Das ist auch der Grund dafür, warum er heute nicht hier ist. Er glaubt nicht, dass all die Fragen notwendig sind.«
    »Für ihn kann ich nicht sprechen. Sechs Jahre lang hat er es nicht geschafft, zum Telefonhörer zu greifen. Woher soll ich also wissen, was er denkt?«
    »Und was ist mit Rafi Hassans Familie?«
    »Die hat Angst. Alle haben Angst vor Ihren Leuten. Ich bin die Einzige, die sich nicht einschüchtern lässt. Ich habesie vor meinem Haus gesehen, sie sind mir auf der Straße gefolgt …«
    »Danke sehr, Mrs. Jamal«, sagte Martha Denton mit einem amüsierten Gesichtsausdruck und setzte sich.
    Mrs. Jamal bedachte sie mit einem finsteren Blick. All ihre Bemühungen, vernünftig zu erscheinen, hatte sie mit ihrem letzten emotionalen Ausbruch zunichtegemacht. Die Jurymitglieder sahen sich fragend an, Jenny malte eine Reihe von Fragezeichen auf ihren Block. Sosehr sie auch wollte, sie konnte Mrs. Jamal nicht beim Wort nehmen.
    Yusuf Khan erhob sich mit einem beschwichtigenden Lächeln. »Mrs. Jamal, Sie haben gerade gesagt, dass Ihr Sohn nie etwas Schlimmes getan hätte. Glauben Sie das wirklich?«
    »Er hätte keinem Menschen etwas zuleide tun können. Das schwöre ich bei meinem Leben.«
    »Glauben Sie, dass er ins Ausland gegangen ist, um sich einer Organisation von Gotteskämpfern anzuschließen?«
    »Sollte er das getan haben, dann nicht aus freiem Willen. Das wäre nicht seine Art gewesen.«
    »Das haben Sie auch der Polizei und den Geheimdiensten gesagt, doch ich nehme an, die haben Ihnen

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