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Totenstätte

Totenstätte

Titel: Totenstätte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. R. Hall
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Informationen verfügten, denen zufolge die beiden jungen Männer sich ins Ausland abgesetzt hätten. Niemand aber, so Mrs. Jamal, habe je einen einzigen Beweis vorgelegt, der diese Behauptung gestützt hätte. In den folgenden Monaten und Jahren hatte sie zahllose Briefe an die Polizei und den MI5 geschrieben, sowohl persönlich als auch mit Hilfe verschiedener Rechtsanwälte, hatte aber im besten Fall wenig freundliche Empfangsbestätigungen als Antwort erhalten. Zumeist war sie gegen eine Mauer aus Schweigen geprallt.
    Bevor Jenny den Anwälten die Möglichkeit geben würde, Mrs. Jamal zu befragen, blätterte sie in den Fotokopien, die diese ihr gegeben hatte, und zog die Aussage von Kriminalmeister Angus Watkins vom 3. Juli 2002 hervor. Sie gab sie Alison, um sie der Jury vorzulesen. Watkins erklärte darin, dass er die Türen von Nazims und Rafis Zimmern in der Manor Hall untersucht und in beiden Türrahmen identische, fünf Millimeter breite Vertiefungen gefunden habe. Es sei nicht ausgeschlossen, dass sich jemand mit einem stumpfen Gegenstand gewaltsam Zutritt zu den Räumen verschaffthabe. Außerdem habe er bemerkt, dass sich die Laptops und die Handys der beiden Studenten nicht in den Räumen befunden hätten, es aber sonst keinerlei Hinweise auf ein Eigentumsdelikt gegeben habe. Wertvolle Gegenstände wie ein MP3-Player seien noch vorhanden gewesen.
    »Wurde die Spur eines möglichen gewaltsamen Zutritts zu den Zimmern Ihrer Meinung nach verfolgt?«, fragte Jenny Mrs. Jamal.
    »Das weiß ich nicht. Ich habe von dieser Aussage erst erfahren, als mein Anwalt im Jahr darauf an die Polizei schrieb.«
    »Waren Sie damals selbst im Zimmer Ihres Sohns?«
    »Ja.«
    »Was für einen Eindruck hat es auf Sie gemacht?«
    »Seine Kleidung war noch da, so wie sein Koffer. Sein Koran – die Ausgabe, die sein Vater und ich ihm geschenkt hatten, als er das Stipendium bekam – stand noch im Regal. Sein Gebetsteppich lag auf dem Boden. Außer Handy und Computer hat meines Erachtens nichts gefehlt.«
    »Was ist mit dem Zimmer von Mr. Hassan?«
    »Ich habe nur kurz mit seiner Mutter gesprochen, aber dort war es das Gleiche. Nur der Computer fehlte. Alles andere war so, wie er selbst es zurückgelassen hätte.«
    »Wurde wegen Einbruch ermittelt? Hat Ihr Anwalt die Polizei gefragt, ob man Fingerabdrücke oder DNA sichergestellt hat?«
    »Mein Anwalt …« Mrs. Jamal schüttelte verzweifelt den Kopf. »Er war noch mit dem Fall beschäftigt, als er verhaftet wurde und ins Gefängnis kam.«
    »Verhaftet weshalb?«
    »Es hatte irgendetwas mit Zeugenaussagen in einem anderen Fall zu tun.« Wieder schüttelte sie den Kopf. »Ich weiß noch immer nicht, was ich von ihm halten soll.«
    »Wie heißt er?«
    »Mr. McAvoy«, sagte sie, als würde sie den Namen nie wieder vergessen. »Mr. Alec McAvoy.«
    Aus dem Augenwinkel sah Jenny, wie Alison aufschaute und die Stirn runzelte. Im nächsten Moment erinnerte sie sich. McAvoy – der Anwalt, dem sie in der Leichenhalle begegnet war. Seine Karte trug sie noch im Portemonnaie. Sie wandte sich an Alison. »Könnten Sie bitte Mr. McAvoy einbestellen? Heute Nachmittag noch, falls das möglich ist.« Sie würde gerne seine Version der Geschichte hören, bevor sie die Zeugen von der Polizei befragte. Es wurde immer offensichtlicher, dass die polizeilichen Ermittlungen weitaus nachlässiger geführt worden waren als üblich, und dafür würde sie eine Erklärung verlangen.
    Fraser Havilland, der Anwalt des Polizeipräsidenten, stellte Mrs. Jamal nur wenige, unbedeutende Fragen. Hatte die Polizei schnell reagiert, nachdem sie sich an sie gewandt hatte? Würde sie zustimmen, dass die Polizei die geeigneten Maßnahmen ergriffen hatte, um ihren Sohn aufzuspüren? War sie nicht auch der Meinung, dass die Polizei, hätte ihr Sohn tatsächlich das Land verlassen – möglicherweise mit gefälschten Dokumenten –, nicht viel mehr hätte tun können? Zwar erhielt er nicht immer die gewünschte Antwort, aber Mrs. Jamal reagierte wenigstens nicht so verärgert oder emotional, wie Jenny zuvor befürchtet hatte. Als Havilland sie respektvoll fragte, was sie seinen Klienten in erster Linie vorzuwerfen habe, antwortete sie, dass ihrer Meinung nach gar nicht die Polizei die Schuld an der Sache trage. Diese habe im Auftrag einer höheren Instanz gehandelt und nur Befehle ausgeführt. Warum sonst hätte sie so schnell aufgeben sollen?
    Martha Denton, die Anwältin der Geheimdienste, auf die sich, wie jetzt klar

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