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Totenstätte

Totenstätte

Titel: Totenstätte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. R. Hall
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sie zu McAvoy hinüber und stellte fest, dass sie in seiner Gegenwart nicht wusste, was sie glauben sollte. Er schien die Wirklichkeit um sich herum zu verändern. Sie parkte in die Lücke neben seinem Wagen ein.
    »Wie wär’s mit einem Kaffee?«, fragte er.
    »Lieber nicht. Die Arbeit, Sie wissen ja …«
    »Ich hatte Sie für einen Freigeist gehalten, Mrs. Cooper.«
    Plötzlich herrschte eine spannungsgeladene Stimmung. Die Art und Weise, mit der er sie mit seinen wachsamen Augen anlächelte … Er schien sie zu kennen, schien in ihr Innerstes vorzudringen. Ihr wurde heiß, und eine leichte Panik ergriff sie.
    »Wann anders. Ich melde mich … Und danke.«
    McAvoy nickte, als würde er die Gründe für ihre Zurückhaltung bestens verstehen. Er wollte die Tür öffnen, zögerte dann aber.
    »Ach, ich habe vergessen, Ihnen etwas zu erzählen. Als ich gestern bei der Anhörung war, fiel mir wieder ein, dass Mrs. Jamal mir gegenüber einmal die Befürchtung geäußert hat, Nazim habe eine Freundin.«
    »Sie wusste von Dani James?«
    »Nein. Ich glaube, sie hat von einem früheren Zeitpunkt gesprochen, Monate zuvor.«
    »Davon hat sie mir gar nichts erzählt.«
    »Fragen Sie sie.« Er lächelte. »Gottes Segen.« Dann trat er in den eisigen Wind hinaus.
    Alison war noch immer darüber verstimmt, dass Jenny die Anhörung so frühzeitig vertagt hatte. Jenny vermutete, dass Pironi angerufen hatte, um sich zu erkundigen, was da verdammt noch mal los war, und sicher hatte Alison ihren Loyalitätskonflikt zu seinen Gunsten entschieden. Ganz offensichtlich hatte sie ihre ersten beiden Arbeitsstunden mit Aufräumen verbracht. Außer Jennys überquellendem Posteingangskorb auf der Schreibtischecke war das Büro makellos.
    Jenny sortierte die Fälle danach, ob sie unaufschiebbar oder bloß dringend waren, ignorierte die Eiseskälte ihrer Assistentin und erzählte ihr von dem Ausflug mit McAvoy zur Mautstation. Unbeeindruckt hörte Alison zu, als Jenny erklärte, dass sie erst den Toyota und seine Insassen ausfindig machen wolle, bevor sie die Anhörung wieder aufnehme.
    »Und wann könnte das sein?«, fragte Alison.
    »Ich dachte, wir hätten uns auf Montag geeinigt.«
    »Wissen Sie, wie lange es dauern kann, die Meldestelle in Swansea zur Herausgabe von Informationen zu bewegen? Die sind schlimmer als der Kreml unter Stalin.«
    »Ich habe mir vorgestellt, dass wir die Polizei einschalten. Die hat doch Zugang zum Computersystem in Swansea, oder?«
    »Aber die erstickt schon in Arbeit. Außerdem können Sie mir glauben, dass ich meinen guten Ruf dort längst verspielt habe, Mrs. Cooper. Meine Exkollegen lassen sich schon verleugnen, wenn ich anrufe.«
    »Wahrscheinlich ist es sowieso besser, wenn die Kripo in Bristol nichts davon erfährt. Sie war ja in die ursprünglichen Ermittlungen verwickelt.« Jenny spürte, wie sich Alisons Nackenhaare aufstellten. »Ich werde Kriminalmeister Williams in Chepstow anrufen. Vielleicht kann ich ihn ja dazu überreden, uns zu helfen.«
    »Das wird er zweifellos tun«, sagte Alison süffisant. »Er wartet doch nur darauf, der englischen Polizei eins auszuwischen.«
    »Wer hat denn davon gesprochen, dass irgendjemand ihr eins auswischen möchte?«
    Alison sah von ihrem Bildschirm auf. »Ich habe Ihnen bereits gesagt, was ich von McAvoy halte. Er war im Gefängnis, weil er falsche Zeugen herbeigeschafft hat. Ein Riesengeschäft. Erwarten Sie also nicht von mir, dass ich jemandem glaube, den er aus seinem Hut gezaubert hat.«
    »Madog wirkte sehr authentisch auf mich.«
    »Aber denken Sie wirklich, er wäre nicht zur Polizei gegangen, wenn es stimmt, was er da sagt?«
    »Was für ein Interesse könnte McAvoy daran haben, sich in diese Untersuchung reinzuhängen?«
    »Wollen Sie meine ehrliche Meinung dazu hören, Mrs. Cooper?«
    »Nur heraus damit.«
    Alison legte los. »Bevor ihm die Zulassung entzogen wurde, war McAvoy der King – der auffälligste und wohlhabendste Strafverteidiger der Stadt. Er stand nicht nur über dem Gesetz, er dachte, er sei das Gesetz. Als wir ihm auf die Schliche kamen, vertrat er zufällig gerade die Familien der verschwundenen Jungen. Seine Behauptung, seine Verhaftung sei aus politischen Gründen erfolgt, bot sich da geradezu an. Die beiden Familien waren seine einzigen Klienten, die keine hartgesottenen Kriminellen mit einem Vorstrafenregister so lang wie ein Eselsschwanz waren, wie wir damals zu sagen pflegten. Und jetzt benutzt er Ihre Untersuchung. Denken Sie

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