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Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Titel: Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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denn?«
    Das wiederum wollte er vor mir nicht näher erläutern. »Du hast natürlich das Recht, einen Anwalt hinzuzuziehen …«
    Sie riss die Augen auf.
    »… aber du wirst nicht als Beschuldigte befragt, sondern als Zeugin.«
    Das hatte er für mich gesagt, damit mir meine Phantasie nicht durchging. Oder aber … ein tückischer Gedanke kam mir … er bootete mich aus. Immerhin bekam er so eine schöne lange Fahrt in einem klimatisierten Daimler mit ihr zum Turteln.
    »Keine Sorge«, lächelte ich Derya an, »Richard ist der ehrlichste Mann, den ich kenne. Bevor sie dir als Tatverdächtiger die Daumenschrauben anlegen, muss eine Rechtsbelehrung stattfinden, sonst dürfen sie nichts von dem verwerten, was du sagst, nicht mal deinen Namen.«
    Und während ich redete, trat ich an sie heran, legte meine Hand unter ihr schmales Kinn und küsste sie … ach nein, nur ein schöner Traum. Er zerplatzte. Denn Richard verlor die Contenance. Ehe ich’s begriff, packte er mich am Jackenkragen und pflanzte mich beiseite.
    »Es reicht, Lisa!«
    Es ist sicher ein netter Zug von mir, dass ich Zorn nicht tragisch nehme. Jetzt hat mir aber kürzlich einer, der als Coach in Betrieben frustrierte Belegschaften und jähzornige Chefs ins gegenseitige Verständnis bringt, erklärt, dies sei ein ziemlich kindliches Verhalten. Den Zorn der Eltern erst mal wegkichern, die freche Krabbe spielen, noch mal nachlegen und austesten, wann die Ohrfeige knallt. Kinder müssen zuweilen schmerzhaft lernen, wann sie Grenzen überschreiten.
    Ja, ich gebe zu, ich habe unlängst den Coach aufgesucht, weil ich keine Ahnung habe, wie ich das mit Richard wieder hinkriege. Denn leider antwortete ich: »Mach hier keinen Stress, Richard! Damit beeindruckst du uns nicht.«
    »Scher dich zum Teufel!«, stieß er hervor.
    Eigentlich ließ er mich nur los, aber er tat es mit einem solchen Impuls, dass ich zwei Schritte rückwärts taumelte und mit dem Hintern gegen Charlotte Brontë prallte. Sie wackelte bedauernd.
    Als ich wieder Perspektive hatte, befanden sich die beiden Schönen mit Niveau bereits auf dem Weg zu seinem Wagen.
    »Hol euch der Katzenjacob!«, schrie ich. »Ich bin dann nicht mehr da!«
    Ich hörte Derya einen Ton von sich geben, aber ehe sie sich umdrehte, hatte ich mit dem Schlüssel den Eingang in mein Auto gefunden und ließ mich auf den Sitz fallen. Lisa, was hast du wieder angerichtet? Geht’s eigentlich noch?

44
    Ich buchte meine Flucht nach Alicante für Donnerstag. Der Tod von Desirée Motzer war am Mittwoch nur eine Randnotiz in der Zeitung. Die Polizei hatte sie tot in ihrem Bett gefunden, erstickt am eigenen Schleim. Außerdem alkoholisiert. Ich rief Meisner an.
    »Das rechtsmedizinische Gutachten ist eindeutig«, antwortete sie mir. »Keine Fremdeinwirkung.«
    »Aber Desirée war schwanger. Da trinkt man keinen Alkohol!«
    »Offenbar halten sich nicht alle Frauen daran.«
    »Desirée war mit Rosenfeld und Juri Katzenjacob in Neuschwanstein. Beide sind tot. Und dass dafür nicht Oiger Groschenkamp verantwortlich ist, glaube ich erst, wenn auch er tot ist.«
    »Hören Sie, Frau Nerz. Ich schätze Sie, das wissen Sie. Aber es ist wirklich besser, Sie mischen sich hier nicht ein!«
    »Warum ist das besser? Was hat Derya Barzani denn vorgestern für Angaben gemacht?«
    Meisner gab einen Ton des Unwillens von sich. »Für Auskünfte ist die Pressestaatsanwältin zuständig.«
    Irgendwas hatte sich verändert in der Staatsanwaltschaft. Wenn sogar Meisner formell wurde. Ich spürte Angst. Alles bröckelte. Abends saß ich neben der gepackten Reisetasche auf der Couch vor dem Fernseher und schnitt mir die Fußnägel, als die Ziehung der Lottozahlen begann.
    Wollen wir doch mal sehen, sagte ich mir, legte die Schere weg und starrte auf die Fee und das Ziehungsgerät: Die 4 ! Ich will die 4 als erste Kugel. Mehr nicht. Die 4 .
    Die Trommel begann zu rugeln, die Kugeln kullerten. Und jetzt bitte die 4 so hinrollen, dass sie zuerst von der Bahn aufgeschippt wird, wenn die Trommel stoppt und sich rückwärtsdreht. Es ist ganz leicht. Die 4 bitte!
    Die Reihe der Kugeln wurde zum Loch gehoben, die erste Kugel fiel, und ich sah schon, dass es nicht die 4 war. Aber es war die 23 , die Zahl für Psi. Immerhin eine Antwort. Wir spielen Psi. Ja, das tun wir. Und dann fiel die zweite Zahl. Und sie war tatsächlich die 4 .
    Auf der dritten Kugel stand die Zahl 32 , spiegelverkehrt zu 23 . Also wirklich! Das grenzte an Spott. Und dann kam, wie um

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