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Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Titel: Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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bezeichnen möchte, eindrücklich vorgeführt, dass wir alle miteinander fähig sind, mit unserem Geist Gegenstände zu beeinflussen, in diesem Fall Ihre fünf Würfel?«
    Richard hob das Kinn. Ich hörte ihn mit den Zähnen knirschen.
    »Und nun wollen Sie uns glauben machen«, bohrte die Schwester weiter, »dieser Katzenjacob könne keine solchen Fähigkeiten haben?«
    »Nein!«
    Man stutzte und wartete auf mehr. Es kam nicht.
    »Also was, bitte, sollen wir denn nun glauben?«
    »Die Aktion bei der Talkshow«, knurrte Richard, »hatte den einzigen Zweck, Anwesende und Zuschauer glauben zu machen, dass wir – vernünftige Leute wie Sie und ich, schwankend zwischen Skepsis und Sehnsucht nach Macht – imstande sein könnten, Juri Katzenjacob mit seinen eigenen Waffen zu schlagen. Und zwar, weil wir es unbedingt wollen. Und genau das ist es, was wir – eine kleine Gruppe – morgen tun werden.«
    »Wie?«, fragten einige.
    Aber die graue Tolle gab so schnell ihr Rederecht nicht ab. »Dann war es also Betrug. Die Würfel waren manipuliert?«
    Richard winkte resigniert ab.
    »Habe ich es mir doch gedacht! Und dass Ihre Freundin«, sie musterte mich vom Kopf bis zum Tisch, »die Lottozahlen beeinflusst … Ich meine, behaupten kann man das ja immer. Wir können es nicht nachprüfen. Sie haben uns belogen, die Öffentlichkeit belo–«
    »Nein!« Das war ich, die das rief. Urplötzlich fiel mir dabei die Thermoskanne ins Auge, die der Breitschädelige mit der Baseballkappe vorhin benutzt hatte. Eine silberne Bombe.
    Ich stand auf. »Plopp!«, sagte ich und deutete auf diese Kanne.
    Und Pfupp, machte der Deckel und sprang auf.
    Der mit der Baseballmütze erschrak. Ein paar kapierten es nicht gleich und mussten es sich erklären lassen, die anderen fühlten sich unangenehm unheimlich berührt.
    »Sehen Sie«, sagte ich, »es funktioniert! Aber es klappt nur, wenn man leichten und spielerischen Geistes ist und nicht zweifelt.«
    Wie immer glaubte sich sofort einer zur Entzauberung berufen, hier die Schwester mit der Tolle. »Das ist doch nichts Übernatürliches. Es ist der Überdruck durch den Kaffeedampf! Wenn man den Deckel nicht richtig zumacht – nicht wahr, Herr Kollege? –, dann springt er auf. Ist mir auch schon passiert.«
    »Genau das ist das Geheimnis«, antwortete ich. »Es geschieht nichts, was nicht geschehen könnte. Psi ist, dass es genau dann passiert, wenn ich es denke. Dass wir uns einigen, die Kanne und ich, dass wir uns verschwören auf der Ebene der Quanteneigenschaften eines Systems, das wir bilden.«
    »Könnten Sie auch meinen Deckel abspringen lassen?«, erkundigte sich eine lustige Frau mit lustigen halblangen Haaren.
    »Nein, das kann ich nicht. Denn eben noch waren Sie Teilnehmer einer Seltsamkeit, jetzt sind Sie Beobachter. Der Spuk scheut die Beobachtung. Das ist auch wieder wie in der Quantenphysik. Bekanntlich kann man das Verhalten von Quanten nicht beobachten, ohne den Effekt zu verhindern. Das zeigt sich beim Doppelspalt-Experiment. Es ist also Physik, keine laue Ausrede von mir.«
    Die Kanzlerin nickte. »Quantenphysik, jaja. Hat man sich an einer Stelle Klarheit verschafft, wird es an anderer Stelle wieder ungewiss.«
    Kleines Gelächter.
    »Aber wir müssen jetzt schon noch mal nachfragen«, schnarrte der Hausherr mit der Nasenstimme. »Sie haben eben gesagt, Sie würden morgen etwas tun, das dem entspricht, was Sie uns glauben machen wollten, nämlich, dass wir Katzenjacob mit mentalen Kräften unschädlich machen könnten. Haben wir Sie da richtig verstanden?«
    »Ja«, sagte Richard.
    »Und, bitte, was werden Sie tun?«
    Richard suchte nach einer Antwort und fand keine.
    »Wir werden«, sagte ich an seiner Stelle, »Juri Katzenjacob entgegentreten. Sollte er irgendetwas versuchen, sind wir da und halten gegen. Mit … mit all unseren Kräften. Ich werde morgen, wenn der Papst spricht, im Bundestag auf der Tribüne sitzen. Ich bin Juri Katzenjacob zweimal begegnet, einmal habe ich mich länger mit ihm unterhalten. Er … er glaubt, dass Menschen gewissermaßen von alleine sterben, weil er es so will. Weil er es denkt. Unter uns: Er wird versuchen, Papst Benedikt zu töten.«
    Unruhe.
    »Es würde, wenn es ihm gelänge, wie ein natürlicher Tod aussehen oder wie ein Unfall. Aber es wird ihm nicht gelingen. Das garantieren wir. Ich bin mit ihm eine geistige Verbindung eingegangen. Er weiß ziemlich gut, was in mir vorgeht, und ich weiß ungefähr, was in ihm vorgeht. Er

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