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Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Titel: Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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wär’s, wenn wir uns von der Presse selbst kutschieren lassen? Dann kann sie uns schon mal nicht verfolgen.«
    Richard hob den Blick.
    »Diese Emma Reid hat mir gestern tausend Pfund für unsere Story angeboten.«
    »Das ist aber wenig!«, rief Finley entrüstet.
    »Sorry, Finley, ich hatte keine Zeit zu feilschen.«
    »Ich verstehe nicht recht, was das bringen soll«, griff Derya ein. »Das scheint mir alles viel zu abenteuerlich gedacht. Wir sollten uns nicht auf die Ebene hinablassen, die diese Schmierfinken vorgeben. Ich halte es für vernünftiger, dem Spuk unverzüglich ein Ende zu bereiten. Wir sollten uns direkt zur Polizei begeben. Wir können unsere Identitäten zweifelsfrei belegen. Und dann klärt sich das alles rasch auf.«
    »Nein«, sagte Richard.
    Sie schaute ihn irritiert an.
    Er schaute zurück. »Zum einen müssen wir von hier erst einmal zur Polizei kommen …«
    »Heather telefoniert draußen vermutlich längst mit der Polizei«, hielt Derya gegen. »Dann hat sich das sowieso erledigt.«
    »Zum zweiten«, fuhr Richard ungerührt fort, »kann ein Gutteil der Informationen, die hier stehen, nur von der Polizei stammen. Und zwar nicht von der Ortspolizei, sondern von zentralen Stellen, die Zugriff auf internationale Polizeidatenbanken haben.«
    »Und das bedeutet?«
    Richard zuckte mit den Schultern. »Da kann ich nur spekulieren, Derya. Aber ein Polizeiapparat ist ein in sich geschlossenes System, das sich in Teilen der Kontrolle von außen entzieht. In hierarchisch geordneten geschlossenen Systemen können die seltsamsten Dinge geschehen. Unbescholtene Bürger sind plötzlich Schwerverbrecher, Ausweise sind gefälscht, DNS -Proben werden neu interpretiert. Es ist wie ein Spuk, Derya. Der ereignet sich auch nur, wenn Personen für einen gewissen Zeitraum ein geschlossenes System bilden, in das von außen niemand hineinschaut. Dann meldet sich der Geist eines Toten, dann sagt er Dinge, die niemand vorher wusste, dann zerplatzt plötzlich ein Glas, Gegenstände schweben, Lichter erscheinen.«
    Oha! So interpretierte er also jetzt unser Tischrücken auf Monrepos. Im Gegensatz zu mir hatte er sich die Mühe gemacht, Fachbücher zu lesen. Und nun konnte er Derya mit den Theorien ihrer eigenen Zunft schlagen. Rechthaben war halt sein größtes Hobby.
    »Ich denke«, schloss er, »wir sollten so schnell wie irgend möglich die Insel und überhaupt dieses Land verlassen.«
    Falls wir noch können, dachte ich. Aber es war weit im Voraus gedacht, denn ohne Autoschlüssel konnten wir nicht einmal autark die Insel verlassen.
    Ich wackelte noch mal fragend mit Emmas Visitenkarte.
    Er nickte mir zu.
    Ich öffnete mein Handy.
    »Halt!«, rief Derya. »Wieso darf die mit ihrem Handy telefonieren, aber wir nicht?«
    »Weil meines inzwischen spionagesicher ist und ohne offizielle Anfrage beim Telefonanbieter nicht mehr lokalisiert werden kann.«
    »Und wenn diese Emma die Polizei auf uns hetzt?«
    »Das wäre gegen ihre eigenen Interessen«, sagte Richard. »Sie bekommt ihre Story nicht, wenn uns die Polizei erschießt.«
    »Sie müssen uns ja nicht gleich erschießen!«, besänftigte Finley. »Wir halten rechtzeitig die Hände hoch.«
    »Aber es geht darum, dass wir tot sind, Finley«, gab ich zu bedenken. »Es geht um unseren, vielmehr deinen und Deryas soziokulturellen Tod.«
    Er lachte und raufte sich dabei die weißen Haare.
    Ich reichte Handy und Visitenkarte an Richard weiter. »Telefonier du. Du bist der geniale Kopf der Bande.«
    Richard setzte die Lesebrille auf. Es klingelte lange. Dann nahm jemand ab. »Sie wollen die Story?«, eröffnete er ohne Umschweife.
    Die Antwort oder Gegenfrage hörten wir nur quäken.
    »Ja.«
    Drüben auf Iona redete wieder jemand.
    »Nein!«, sagte Richard.
    Gequäke.
    »Nein! Wir machen es so, wie ich es sage.« Ein grimmiges Lächeln huschte über sein Gesicht. »Sie nehmen die nächste Fähre.« Er schaute auf die Uhr. »Okay, dann die um 10 Uhr 30 . Und dann warten Sie bei Ihrem Wagen. Draußen, nicht im Wagen.«
    Gequäke.
    »Nein, wir melden uns.« Damit tippte er das Gespräch weg und schaute uns nachdenklich an. Ich hatte immer schon gewusst, dass ein guter Staatsanwalt sich zum genialen Verbrecher eignet. »Der Vorteil dieses Kaffs am Ende der christlichen Welt ist«, sagte er, »dass man jeden Cop auf zwei Meilen Entfernung sieht.«
    Eine andere Wahl hatten wir ohnehin nicht.
    Wir gingen Heather in der Küche suchen. »Aber so können Sie nicht hinaus«, sagte

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