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Totenstimmung

Totenstimmung

Titel: Totenstimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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sie gefunden werden, bevor der Müllwagen kommt.«
    »Du meinst, der Container ist beobachtet worden?«
    »Sicher. Aber: Warum ausgerechnet dieser Container? Und wo ist der Bezug zu den anderen Harps und dem Fundort der ersten Toten? Und warum diesmal eine Puppe und keine Leiche oder Körperteile?«
    »Frau Eßers, wir haben nur ein paar Fragen.« Ecki sprach laut gegen die geschlossene Tür.
    Frank musterte ungeduldig das Klingelschild. »Meine Güte, das kann doch jetzt nicht wahr sein.«
    Von innen hörten sie die skeptische Stimme der Seniorin. »Ich lese erst Ihre Ausweise. Warten Sie, ich habe irgendwo meine Brille. Ich werde nicht auf Betrüger hereinfallen. Ich weiß, was ein Enkeltrick ist.«
    »Frau Eßers, wir sind wirklich von der Polizei.«
    Stille.
    »Frau Eßers?«
    »Schieben Sie die Ausweise durch den Briefschlitz, junger Mann.«
    Frank wollte schon aufbrausen, aber Ecki hielt ihn zurück und nahm ihm den Ausweis aus den Fingern. Ergeben hob er die Schultern und schob seufzend beide Dokumente durch die schmale Öffnung.
    »Und jetzt gehen Sie zwei Schritte zurück.« Johanna Eßers klang zu allem entschlossen.
    Frank tippte sich an die Stirn, sagte aber nichts. Gehorsam traten sie von der Tür zurück.
    Erwartungsvoll starrten Frank und Ecki auf das dunkle Furnier der Wohnungstür.
    Es blieb lange still. Endlich hörten sie den Schlüssel und einen Riegel, der zurückgeschoben wurde.
    Johanna Eßers musterte die beiden Beamten. »Sie sind von der Polizei? Richtige Polizisten? Ich habe Sie mir anders vorgestellt.« Die Seniorin klang enttäuscht.
    »Dürfen wir einen Augenblick hereinkommen?« Frank lächelte sie an. »Sie machen das sehr gut, Frau Eßers. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.«
    »Halten Sie mich für senil? Oder warum reden Sie so betulich mit mir? Ich habe meine Sinne noch gut beisammen, darauf können Sie Gift nehmen, Herr –«, sie sah auf den Ausweis, »Herr Borsch.«
    »Entschuldigen Sie bitte, Frau Eßers, wir wollen Ihnen natürlich nicht zu nahetreten.« Frank versuchte eine devote Verbeugung, die aber ins Lächerliche rutschte.
    Johanna Eßers schüttelte nur den Kopf und ging voraus. Im Wohnzimmer blieb sie stehen. »Ich bin nicht auf Besuch eingerichtet. Wollen Sie Tee? Ich habe aber nur Blasen- und Nierentee. Wie gesagt, Sie hätten sich anmelden sollen.«
    Ecki schüttelte lächelnd den Kopf. »Ich fürchte, wir müssen Ihr Angebot ablehnen. So viel Zeit haben wir nicht. Haben Sie vor dem Fund der Puppe irgendetwas beobachtet? Haben Sie jemanden gesehen, der nicht hierhingehört?« Ecki ging zum Fenster und deutete hinaus. »Fremde fallen in so einer Wohnsiedlung doch leicht auf.«
    Johanna Eßers stemmte ihre dünnen Arme in die Hüften und reckte ihre geschätzten 1,65 Meter auf 1,68 Meter. Dabei sah sie Ecki streng an. »Hören Sie, junger Mann, ich bin nicht 82 Jahre alt geworden, um mir von Ihnen so einen Unsinn anzuhören. Was glauben Sie eigentlich? Dass alte Menschen den ganzen Tag nur im Fenster liegen und Leute beobachten? Meinen Sie wirklich, dass ich nichts Besseres zu tun habe, als meinen Nachbarn hinterherzuspionieren? Oder aufzupassen, dass ja niemand falsch parkt? Hören Sie, dieses Blockwartgetue hat uns schon einmal in den Untergang geschickt. Meine Beine wollen zwar schon lange nicht mehr so richtig, aber das heißt nicht, dass ich stundenlang aus dem Fenster sehe.«
    Frank hob beschwichtigend die Hände. »Können wir vielleicht doch einen Tee bekommen? Dann redet es sich leichter.«
    Ecki hob seine rechte Augenbraue, sagte aber nichts.
    Frank folgte der Seniorin in ihre schmale Küche. »Mir fällt gerade etwas ein, Frau Eßers. Kennen Sie jemanden im Viertel, der Mundharmonika spielt? Oder ein anderes Instrument?«
    Johanna Eßers stellte sich auf die Zehenspitzen und nahm wortlos drei an ihren Rändern schon etwas abgestoßene Becher aus dem Hängeschrank und hängte in jeden einen Teebeutel. Dann stellte sie den Wasserkessel auf den Herd.
    »Woher soll ich das wissen?« Johanna Eßers legte ihre Hand kurz an den Kessel, um zu prüfen, ob er schon die Hitze annahm. »Ich spioniere niemandem hinterher. Sagte ich das nicht?«
    Frank räusperte sich. »Natürlich.«
    »Ich weiß zwar nicht, was die Frage mit dem Gummibaby zu tun hat, aber ich kann mich erinnern, dass der Kreuder aus dem Nebenhaus mal zu Weihnachten eine Heimorgel von seiner Tochter geschenkt bekommen hat. Beim Nachbarschaftsfest, ein Jahr drauf, hat er dann aufgespielt.

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