Totentanz im Monsterland
»dann haben wir uns wohl nichts mehr zu sagen.«
»Aber dann wirst du deinen Meister niemals wiedersehen!« drohte Tod.
»Meinen Meister?« erwiderte ich gelangweilt, als hätte ich eigentlich gar keine Lust, mich mit ihm zu unterhalten. »Ach ja, der Magier. Es ist schade, wenn er dran glauben muß, aber laß uns doch realistisch sein. Er war nicht mehr der Jüngste, gelle? Wie viele Jahre wären ihm wohl noch geblieben, unter normalen Umständen, meine ich?«
»Aber…« Tod war offenbar so schockiert, daß er einige Sekunden brauchte, um seine skelettösen Gedanken zu sammeln. Schließlich bluffte der Wolf: »Du mußt verdammt noch mal deinen Meister retten!«
»Muß ich?« Beiläufig hauchte ich auf meine Fingerknöchel. »Ich wüßte nicht, warum. Und ohne ein kleines Spielchen habe ich dazu wirklich keine Lust.«
»Ohne ein Spielchen?« Der Wolf holte einmal tief Atem, um dann zu lachen, ein Geräusch, als erfrören Tausende zarter Pflänzlein unter tödlichem Winterfrost. »Warum mache ich mir eigentlich Sorgen? Ich bin der Meister der Spiele, hast du gerade selbst gesagt. Einmal nur bin ich besiegt worden, aber das war schließlich durch deinen Meister, einen alten, verschlagenen und mit allen Wassern gewaschenen Magier. Du bist nichts weiter als ein dummer kleiner Lehrling, ewig oder nicht.« Gottfried ließ sich abermals zu einem kleinen Lächeln hinreißen. »Und außerdem hast du mir auch Versprechungen gemacht: Du willst drei- oder viermal sterben, nicht wahr?«
»Wenn ich das Spiel verliere!« Ich zuckte die Schultern. »Nun, dann bleibt mir wohl keine andere Wahl.«
Tods Lächeln wurde doppelt so breit. »Du wirst ein halbes Dutzend Tode erleiden, und der eine wird schmerzhafter und unerfreulicher sein als der andere! Das soll unser Handel sein!«
»In der Tat?« erwiderte ich, scheinbar immer noch nicht besonders interessiert. »Ich glaube, ich könnte dem zustimmen, wenn du statt dessen versprichst, meinen Meister unbeschadet dem Land der Lebenden zurückzuerstatten und niemanden an seiner Stelle mitzunehmen.«
»O ja, das könnte ich versprechen.« Tod kicherte. »Ein halbes Dutzend Tode!« Gottfrieds Augen stierten mich an. »Und was für ein Spiel soll es denn sein?«
»In der Tat«, entgegenete ich. Das ging mir alles ein wenig zu schnell. Ich seufzte einmal gelangweilt auf, bevor ich fortfuhr. »Aber wir sollten nichts übereilen. Gerade erst ist der Handel perfekt geworden. Du mußt mir ein wenig Zeit zum Nachdenken geben, so daß ich mit einer Spielvariante aufwarten kann, die deiner Fähigkeit würdig sein wird.«
»Wirklich?« Tod schwieg einen Augenblick, um meinen Vorschlag zu überdenken. »Nun, ich glaube, es kann nichts schaden, wenn ich dir erlaube, noch ein wenig länger über deine aussichtslose Situation zu reflektieren. Außerdem gibt mir das ein paar Stunden mehr, mich an deiner Niederlage zu weiden! Ein halbes Dutzend Tode! Und es werden außerordentlich einfallsreiche Tode sein, das versichere ich dir. Nun gut. Ich werde um Mitternacht zurückkehren.« Der Wolf winkte mir und meinen Gefährten zum Abschied zu. »Das ist die Tageszeit, bei der meine Gesichtszüge am vorteilhaftesten zur Geltung kommen, findest du nicht auch?«
Tod lachte erneut, und wir waren für einen Augenblick wieder von einem intensiven Wind umgeben, der jedoch so schnell verschwand, wie er gekommen war.
Gottfried blinzelte. »Hey!« gellte er in Hendreks Richtung. »Du solltest demnächst besser aufpassen, wie weit du nach hinten ausholst.« Der Wolf massierte sich eine zottelbestandene Beule auf dem Kopf. »Warum starrt mich hier jeder so an?«
»Verdammnis«, bemerkte Hendrek. »Du hast Tod als Gesprächskanal gedient.«
Gottfried taumelte einen Schritt zurück. »Das bedeutet doch nicht, daß du mir schon wieder einen überziehen willst? Kannst du nicht ein bißchen konstruktive Kritik vertragen?«
»Nein, kann er nicht«, schaltete Snarks sich ein, »und die Niederhöllen wissen, wie sehr ich es versucht habe.«
»Hendrek wird dich nicht noch einmal angreifen«, warf ich ein. »Er wollte dir nur mitteilen, daß Tod, während Schädelbrecher dich deiner Erinnerung beraubt hatte, dein vorübergehend entleertes Hirn als Medium benutzte, um mit uns in Verbindung zu treten. Er hat sich sozusagen deine Stimme und deinen Körper vorübergehend ausgeliehen.«
»Wirklich? Tod hat durch meinen Mund gesprochen?« Der Wolf fuhr sich mit der Zunge über seine beachtlichen Fänge. »Darum habe ich
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