Totentanz im Monsterland
nichts vormachen – ich könnte jeden von euch zerquetschen, ohne auch nur nachzudenken.«
»Verdammnis«, murmelte Hendrek mir ins Ohr. »Ich sollte mich wohl besser mal umsehen.«
Richards Seufzer wurden immer tiefer. Die paar Bäume, die noch um uns herum standen, ächzten und beugten sich unter dem neuerlichen Luftstrom. »Es ist nicht leicht, ein Riese zu sein. Von uns gibt’s nicht viele. Wie soll man da ein soziales Leben entwickeln.«
»Gute Idee«, flüsterte ich zurück. »Ich fürchte, daß Tod sich immer noch in unserer Nähe herumdrückt. Nimm ein paar von den anderen mit.«
Hendrek verließ mich und gab Gottfried, Snarks und Norei durch Gesten zu verstehen, ihn zu begleiten.
»Ich glaube, das ist der Grund, warum ich mich mit Mutter Duck eingelassen habe«, seufzte Richard. »Sie hatte es gut raus, mir Befehle zu erteilen. Und ich fand es sehr bequem, sie auszuführen.«
Hendrek stapfte in den Forst, und die drei anderen bildeten ein dichtes Knäuel in seinem Rücken. Sie waren schon ein phantastischer Haufen. Mit Hendreks Kriegskeule, Gottfrieds Zähnen und Klauen, Noreis Sprüchen und Snarks scharfer Zunge könnten sie so gut wie jedem Gegner das Fürchten lehren.
»Und trotzdem fühlte ich mich in zunehmendem Maße dadurch gestört, daß Mutter Duck alles und jeden zu kontrollieren versuchte«, setzte Richard die Geschichte seines Lebens fort, »besonders, nachdem sie euch in die Hände gekriegt hatte. Es hat mein Riesenherz riesig mitgenommen.« Richard seufzte, womöglich noch tiefempfundener als zuvor. Kleine Zweige brachen von den Bäumen in unserer Umgebung.
»Mich dünkt«, stellte er schließlich weise fest, »daß ich mich nach einem anderen Beruf umsehen sollte.«
Es gab einen Moment der Ruhe. Zumindest Richard war nun offenbar zu Ende gekommen.
»Hast du schon mal an eine Bühnenkarriere gedacht?« schlug Hubert vor.
»Verdammnis!« Die Intensität dieser Feststellung verhinderte, daß Richard sich antwortend in bezug auf das Varieté ausließ. Wir wirbelten allesamt herum, um zu erfahren, was den massigen Krieger so erregt hatte.
Hendrek wies mit seiner Keule auf den Waldboden.
»Die Zweige«, fügte er sodann erklärend hinzu, »sie bewegen sich von selbst.«
Nun, da der dicke Krieger es erwähnt hatte, fiel auch mir auf, daß die beim Sturm abgebrochenen Äste sich wie Schlangen durch das Unterholz wanden.
»Werden sie uns auch angreifen?« flüsterte Gottfried.
»Nein, ich glaube, sie haben heute ihre Schwerter vergessen«, erwiderte Snarks in gewohnt ätzender Manier. »Sie formen sich zu Buchstaben.«
»Bleibt in sicherer Entfernung von ihnen!« rief Norei. »Es könnte ein Trick sein.«
»Die Voraussicht menschlicher Wesen läßt mich immer wieder staunen«, konnte Snarks sich nicht verkneifen.
»Verdammnis! Sie bilden Worte!«
»O yeah!« Gottfried runzelte die Stirn, als er die Botschaft vorlas. »Er… gib dich, Wun…nt…vor.« Er blickte sich zu den anderen um. »Das ist bis jetzt alles.«
»Paß auf!« gellte Norei.
Die auf magische Weise mit Leben erfüllten Zweige hatten ihre Wortspielereien beendet, um sich nun mit Windeseile in die Lüfte zu erheben – und schnurstracks meine vier Gefährten anzugreifen.
»Zurück, übles Holz!« schrie Hendrek und holte mit seiner Kriegskeule aus.
»Urk!« kam es von Gottfried, der zu dicht hinter dem massigen Krieger gestanden hatte. Schädelbrecher hatte einmal mehr sein höllisches Werk vollbracht.
Doch auch Norei blieb nicht untätig. Sie vollführte drei blitzschnelle Bewegungen durch die Luft. Die fliegenden Äste sanken wieder zu Boden.
»Na also!« erklärte sie mit einiger Befriedigung in der Stimme. »Tod muß sich schon was Besseres als diesen Kinderkram einfallen lassen.«
»Wer?« stammelte Gottfried. »Was?« Seine Stimme sank um einige Oktaven.
»In der Tat«, sagte er dann, schon wesentlich ruhiger. »Wuntvor, hör mir schnell zu.«
Diese Stimme hätte ich überall wiedererkannt!
»Meister!« schrie ich auf.
»In der Tat«, entgegnete der Wolf. »Tod ist aufgrund eurer klugen Gegenwehr für einige Augenblicke abgelenkt. Wir müssen die Zeit nutzen, um einen Plan für meine Flucht zu entwerfen. Tod hält mich in seinem Reich gefan…«
Gottfrieds Mund klappte zu, um sich jedoch schon bald darauf wieder zu öffnen.
»In der Tat?« bemerkte eine wesentlich trockenere Stimme nun, die sich anhörte, als würde Sand Löcher in Granit raspeln. »Was für ein cleveres Zauberchen euer Ebenezum
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