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Totentanz

Totentanz

Titel: Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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sich die beiden mächtigen Kerle vor ihm auf, denen er auf der Piazza Garibaldi entwischt war. Einer legte seine Pranke auf Laurentis Schulter, der andere versperrte den Blick auf die Passanten.
    »Was hast du fotografiert?« Der Kerl hatte einen verdammt schlechten Atem. Ein Knoblauchkiller mit Zahnfäule.
    »Ich habe nichts fotografiert. Nimm deine Pfote weg.« Wie waren sie ihm gefolgt? Wenn genug Sprit in der Vespa gewesen wäre, dann hätten sie ihn nie eingeholt.
    »Bist du ein Schnüffler?« Der Riese sprach mit dem harten Akzent vom Balkan.
    Laurenti schüttelte den Kopf. Seine Lage war mißlich. Selbst wenn er dem Brocken das Knie in die Eier rammte und einen gezielten Faustschlag auf den Solarplexus und einen auf die Schläfenvene nachsetzte, würde ihn der andere mit einem einzigen Hieb schlafen schicken.
    »Los, gib die Kamera her.« Die Hand, die bisher nur auf seiner Schulter gelegen hatte, verwandelte sich zu einem eisernen Griff ins Schlüsselbein. Laurenti versuchte, sich den Schmerz nicht anmerken zu lassen.
    »Haut ab, oder ich mache einen Höllenlärm.«
    Der Kerl beugte sich zu ihm herab. Zwischen ihre Nasen hätte keine Hand mehr gepaßt. Laurenti erstickte fast ob des Mundgeruchs, der ihm ins Gesicht schlug. Und plötzlich zog ihn das Monster so eng an die Brust, daß er ächzte. Er fühlte, wie der andere seine Taschen durchsuchte und den Fotoapparat herauszog. Der Gorilla lockerte seinen Griff nur leicht.
    »Da schau mal einer an«, sagte der andere. Er sprach im Triestiner Dialekt. »Geile Bilder. Ist das deine Frau oder deine Geliebte?« Seelenruhig blätterte er den Speicher durch und hielt dem Schraubstock, der Laurenti blockierte, das Display vor die Nase. »Am Strand. Saugeile Titten, oder was meinst du?«
    »Ich glaube, wir kommen dich mal besuchen.« Die Hand schloß sich um Laurentis Nacken. Es sah fast wie die Umarmung eines Freundes aus, dennoch hatte er keine Chance, sich diesem Griff zu entwinden.
    »Los, lösch den Speicher«, sagte der Gorilla. »Wir hauen ab.«
    Der andere betätigte die Knöpfe, kam aber nicht mit dem Apparat zurecht. Schließlich fummelte er den Speicherchip heraus, steckte ihn in den Mund, zerbiß ihn mit lautem Krachen und spuckte den Rest auf den Gehweg, wo er ihn mit einem kräftigen Tritt zermalmte. Die Kamera warf er in das Gepäckfach der Vespa zu der Tüte mit den frischen Brioches. »Laß dich nicht wieder blicken, sonst geht es dir genauso.«
    Die Kerle verschwanden so unvermittelt, wie sie aufgetaucht waren. Laurenti starrte ihnen staunend nach. Wenigstens hatten sie seine Brieftasche nicht durchsucht. Er wäre zwar glimpflicher davongekommen, wenn sie seinen Dienstausweis entdeckt hätten, doch dann wäre die ganze Aktion, die er plante, sinnlos. Eine Razzia in Balkantown ohne Resultate, Verschwendung von Kosten und Personal und ein gefundenes Fressen für die Medien: Ein Kommissar, der sich blamierte.
    Als er eine Viertelstunde später die Vespa endlich aufgetankt hatte und nach Hause kam, steigerte der Duft von frischem Kaffee, den er schon auf der Treppe wahrnahm, schlagartig seine Laune. Er schwenkte die Tüte mit den Brioches. »Frühstück«, rief er und gab Laura einen Kuß.
    »Wo warst du?« fragte sie. »Und warum bist du schon wieder da?«
    »Frühpensioniert.« Laurenti ließ sich grinsend auf einen Stuhl fallen.
    Laura legte die Stirn in Falten. »Um Gottes willen, dann bleibst du jetzt immer zu Hause?«
    »Freust du dich nicht?«
    »Und wie. Dafür heiratet man schließlich in jungen Jahren, damit man, wenn man alt und gebrechlich wird, endlich Zeit füreinander hat. Also, was ist passiert?«
    »Arbeit. Ich hatte etwas zu erledigen, was nur in aller Frühe möglich war.« Laurenti verzog sein Gesicht. »Und ich habe entschieden, daß ich dafür später ins Büro gehe.«
    Laura trug das Tablett auf die Terrasse und schenkte den Kaffee ein. »Das ist eine gute Idee, Proteo. Dann könntest du mich begleiten, wenn ich den Wagen zur Reparatur bringe und mich anschließend zur Arbeit fahren. Du weißt ja, die Fiat-Werkstatt ist am anderen Ende der Stadt.«
    »Du willst ihn doch nicht beim Händler reparieren lassen? Das ist viel zu teuer. Bring ihn hoch zu Ezio, der macht das für ein paar Euro.«
    »Ezio?«
    »Oben auf dem Karst, der mit dem Schrottplatz. Ein alter Kunde. Fast ein Freund.«
    »Du spinnst. Der Wagen ist neu, und du willst, daß ich ihn vom Schrotthändler reparieren lasse?« Solange sie ihn kannte, konnte sich Laura nicht

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