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Totentanz

Totentanz

Titel: Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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hinter sich hatte, konnte zufrieden sein. Und diese machte seit neuestem auch Laurenti zu schaffen.
    »Der Wagen der Babičs steht auf einem Schrottplatz in der Nähe von Santa Croce bei einem Mann namens Ezio«, sagte Pina. »Wir müssen ihn beschlagnahmen, um die Lackpartikel des anderen Wagens zu analysieren. Vielleicht ergibt sich daraus Typ und Marke. Dann hätten wir schon etwas mehr in der Hand.«
    »Ezio?« Laurenti horchte auf. »Ein alter Kunde. Ich fahr selbst hoch. Geben Sie mir die Unterlagen.«
    »Laurenti, sag endlich, weshalb du solch ein Gesicht machst. Hast du Probleme mit deiner Geliebten?« Galvano ließ einfach nicht locker, und Laurenti gab endlich nach. In knappen Worten berichtete er von seinem Gespräch mit dem Staatsanwalt. Nun verstummte sogar der alte Gerichtsmediziner. Inspektorin Pina schaute betreten zu Boden. Sie hatte ihren Chef ganz offensichtlich unterschätzt. Niemals hätte sie sich ausgemalt, daß in Triest einmal ein Ermittler unter Personenschutz gestellt werden mußte.
    »Daß ich dich noch überleben würde, hätte ich mir auch nicht gedacht«, sagte Galvano. »Für deine Umwelt wird’s eine richtige Entlastung, und wenn du willst, halte ich sogar eine lange Rede an deinem Grab, in der ich ohne Unterlaß deine Verdienste lobe. Deine Witwen werden glücklich sein.«
    »Streut meine Asche ins Meer und werft den Grabstein hinterher.« Laurenti verzog sein Gesicht, als litte er an einer Magenkolik.
    Pina fiel es schwer, nicht loszulachen. Ihr Vorgesetzter hätte es ihr vermutlich nicht verziehen. Und dann stand unvermittelt wieder Walter neben Laurenti und entkorkte eine zweite Flasche.
    »Wenn wir schon von Trauerfeiern sprechen, sollte wenigstens der richtige Meßwein serviert werden. Diesmal der fast unauffindbare Malvasia von Renčel aus Dutovlje. Ganz in der Nähe von Komen, auf der anderen Seite der Grenze. Proteo, du kennst ihn, für die anderen ist es die reine Verschwendung. Der Winzer hat fünf Schweine auf seinem Hof, aber nur drei Fässer. Trink, solange du noch kannst.«
    Es war gerade vierzehn Uhr vorbei und Gott sei Dank hatte Galvano den größten Teil der ersten Flasche getrunken. Laurenti wollte abwinken, doch Walter sagte, »a consumo«, und ein weiteres Glas schadete nie.
    »Sag mal, Inspektorin, wie ging es dir heute mit dem Müll?« fragte Galvano mit dem Blick eines Raubvogels.
    Pina kramte in der Gesäßtasche ihrer Jeans und zog mit hochrotem Kopf ein mehrfach gefaltetes Blatt hervor. »Heute früh in meinem Briefkasten.«
    Sie warf es auf den Tisch, und Galvano versuchte vergebens, es Laurenti wegzuschnappen. Dafür stieß er sein Glas um, das Pina dank ihrer Reaktionsfähigkeit gerade noch erwischte, bevor es am Boden zerschellte.
    Es war ein Blatt des Comic über die Triestiner Polizei, an dem sie arbeitete. Sie hatte es verworfen, bevor es ganz ausgeführt war, und zerrissen. Ihr heimlicher Verehrer hatte die Fetzen wieder zusammengeklebt: Eine auf dem Bürostuhl masturbierende, viel zu tief dekolletierte, vollbrüstige Polizistin im hochgerutschten Minirock. Unterm Saum sah man die Strapse, während die Strümpfe bis zu den Knöcheln hinabgerollt waren. Sie trug unverkennbar die Züge Mariettas und hatte eine fast aufgerauchte Kippe mit langer, phallisch aufwärts gekrümmter Asche im Mundwinkel hängen. Die Dienstmütze war reine laszive Dekoration, so weit hatte sie sie zurückgeschoben. Dabei trug Marietta nur einmal im Jahr ihre Uniform: zur offiziellen Neujahrsansprache des Polizeipräsidenten. Der Müllfetischist hatte die fehlende Sprechblase mit eigenen Worten ergänzt. »Ich vergehe in der Sehnsucht, den heißen Lauf deiner Waffe in mein Holster zu führen.«
    »Nicht schlecht«, sagte Laurenti und gab das Blatt endlich Galvano. »Sie können wirklich gut zeichnen. Aber Marietta sollten Sie freundlicher behandeln, sie sieht aus wie ein Flittchen.«
    »Fehler«, rief Galvano und ließ sein meckerndes Lachen hören. »Es muß andersrum heißen. Meinen Lauf in dein Holster! Aber sag mir, Kleine, du bist doch nicht etwa auf Laurentis rechte Hand eifersüchtig?«
    In diesem Moment läutete Laurentis Mobiltelefon mit dem Klingelton seiner Assistentin.
    »Wo bist du?« fragte Marietta.
    »Bei der Arbeit.«
    »Im Büro ›Malabar‹?« Sie durchschaute ihn wirklich. »Deine kroatische Staatsanwältin hat angerufen und auch ein paar Seiten über die Drakičs gefaxt.«
    »Ja, und?«
    »Ehrlich gesagt habe ich kaum Neues entdeckt. Nur eine Sache

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