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Totentanz

Totentanz

Titel: Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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Haus lief die Trasse der über hundert Jahre alten Standseilbahn, die sich den Karst hinaufwand, vorbei am Obelisk, bis zur Endstation in Opicina. Für Serse war die Verbindung ideal. In die Stadt hinunter ging er meist zu Fuß, und für den Heimweg bediente er sich Triests beliebtesten öffentlichen Verkehrsmittels. Parkplatzsorgen hatte er keine. Ganz im Gegensatz zu Laura, die den dunkelblauen Fiat Punto die steile Via Virgilio hinaufplagte und auf dem engen Wendeplatz am Ende des Sträßchens die erste eigene Schramme in den Lack des neuen Wagens fuhr, als sie ihn so nah wie möglich an der Gartenmauer zu parken versuchte.
    Serse hatte sie eingeladen. Als Laura bei der Vernissage die Begeisterung ihres Mannes über die Werke bemerkt hatte, hatte sie beschlossen, ihm eine Überraschung zu machen. Falls sie den Maler dazu überreden konnte, ihr hinter dem Rücken der Galeristen eines seiner Werke zum Freundschaftspreis zu verkaufen. Und als sie zur Mittagszeit Laurentis bedrückte Stimme am Telefon vernahm, hatte sie Serse kurzerhand angerufen. Er schien erfreut, sie zu hören, und sagte, er habe ohnehin keine Lust zu arbeiten. Mit einer gekühlten Flasche »K&K«, dem Spumante von Edi Kante aus Prepotto, in der Hand stand sie nun vor der Tür. Der Künstler war als Liebhaber guter Schaumweine bekannt, vom Franciacorta bis zum Champagner, und diese Flasche des verrücktesten Winzers der Welt war etwas Besonderes.
    »Wasser ist Sehnsucht, das Meer ein Zeichen der Unendlichkeit. Deine Werke sind wunderbar.« Sie deutete auf einen riesigen Wellenkamm, neben dem noch ganz frisch aus des Meisters Hand eine ruhige Wasseroberfläche stand. Das Bild trug den Titel »Ai sali d’argento«, Silbersalz. »Aber ich werde mir wohl nie eines deiner Bilder leisten können.« Sie prosteten sich zu. Aus dem Nebenraum drangen die Klänge von Frank Zappas gänzlich unromantischem Song »Naval Aviation in Art«.
    »Warum nicht?« fragte Serse. »Wir können drüber reden, wenn du willst.«
    Es dämmerte bereits, als Laura angeheitert das Gartentor hinter sich ins Schloß fallen ließ. Sie waren sich bedrohlich nahe gekommen, hatten sich mit einer engen Umarmung verabschiedet, bevor sie den Künstler sanft von sich schob und ihm zum Abschied einen Kuß auf den Mundwinkel gab. Und sie hatte versprochen, ihn bald wieder zu besuchen.
    Als Laura in ihrer Handtasche nach dem Autoschlüssel suchte, hörte sie das Starten eines Motors. Als sie einsteigen wollte, blendeten sie die Xenon-Scheinwerfer eines schwarzen Geländewagens, der zehn Meter vor ihr hielt. Sie drehte sich mit dem Rücken zum Licht, um besser sehen zu können. Als sie nach dem Türgriff suchte, fühlte sie eine Hand auf der Schulter und fuhr zusammen. Serse konnte es nicht sein, er wäre aus der anderen Richtung gekommen. Sie roch fauligen Atem, als sie mit einem schmerzhaften Ruck gegen ihr Auto gepreßt wurde, ihr Kinn krachte gegen das kalte Metall. Der Kerl mußte mindestens einen Kopf größer sein als sie und einen Zentner schwerer. Mit seiner Pranke hatte er ihr langes blondes Haar gepackt und riß ihren Kopf so nach hinten, daß es ihr den Atem verschlug. Ihr Schrei erstickte in einem gurgelnden Geräusch. Und als sie nach rechts schielte, blickte sie in den Lauf einer Pistole.
    Der Mann hatte einen eigenartigen Akzent. »Das hast du alles dem Kommissar zu verdanken«, sagte er. »Halt schön still. Sonst bist du tot.«
    Die eine Hand ließ ihre Haare los und fuhr ihr Schulterblatt hinab, schob sich durch ihre Achselhöhle und quetschte ihre linke Brust so sehr, daß sie vor Schmerz zu schreien versuchte, doch spürte sie plötzlich den Lauf der Waffe in ihrem Mund. In ihrer linken Hand hielt sie die Handtasche, mit der rechten noch immer den Autoschlüssel. Wie Blitze schossen die Gedanken durch ihren Kopf. Was hatte dieser Kerl vor, wo kam er her, wer hatte ihn geschickt? Und was konnte sie tun, da Schreien unmöglich war? Wie konnte sie sich befreien? Oder mußte sie reglos alles über sich ergehen lassen, um ihr Leben nicht zu verspielen? Wo war Serse? Serse! Hörte er denn nichts? Ein paar Schritte nur von seiner Villa entfernt, aus deren offenen Fenstern Frank Zappa dröhnte? Und wo waren die Nachbarn, deren Garageneinfahrten gegenüber lagen? Und wo war Proteo? Die Polizei? Wo war er eigentlich, wenn sie ihn brauchte?
    Sie spürte, wie die grobe Hand des Kerls in ihren Ausschnitt fuhr und am Büstenhalter zerrte, wie sein steifes Glied sich an ihren Hintern

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