Totentrickser: Roman (German Edition)
Onkel Arsenio bleibst, wird mal eine große Wissenschaftlerin aus dir, Kleines!«
»Nenn mich nicht Kleines, ich hasse dich!«, fauchte Nenia und versetzte Onkel Arsenio einen kräftigen Schienbeintritt.
»Sie steckt so voller Energie!«, ächzte der Nachtelf. »Das muss nur in die richtigen Bahnen geleitet werden.«
»Ich will so einen!«, forderte Nenia in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete, und zeigte auf eines der Versuchsäffchen.
»Ja, ist das nicht ein süßes Äffchen?«, säuselte Arsenio mit Honigstimme. »Und wir können ihn sogar noch süßer machen, pass auf!«
Er drehte an einem Ventil, und eine orangefarbene Flüssigkeit strömte durch einen der Schläuche, die in dem Schädel des Affen mündeten.
Sofort änderte sich das Verhalten des Tieres, das bis eben noch apathisch in seinem Käfig gesessen hatte.
Jetzt patschte es munter mit seinen Händen und gab Laute jauchzenden Frohsinns von sich.
»So ein vergnügter kleiner Racker, was?«, lächelte Onkel Arsenio.
»Ich glaub, ich muss mich übergeben«, sagte Selphyne.
»Und wenn ich hier drehe …«
Rosafarbener Saft floss in den Kopf des Affen, der jetzt die Augen verdrehte, leise vor sich hingurrte und seine Arme nach Nenia ausstreckte.
»Sieh mal, er ist ganz verliebt in dich, der Kleine!«, rief Arsenio.
»Kannst du ihn auch böse machen?«, fragte Nenia, erwartungsvoll ihre Fäuste ballend.
Arsenio lachte.
»Es scheint, wir haben die gleichen Interessen. Ja, böse kann ich ihn auch machen.«
Schwarze Substanz sickerte träge durch den Schlauch.
Der Affe fletschte die Zähne, kreischte zornig und rüttelte an seinem Käfig.
»Toll!« Nenia klatschte begeistert in die Hände.
»Aus dir wird mal eine begabte Forscherin, das sieht man schon jetzt«, lobte Arsenio.
»Nicht, wenn wir es verhindern können«, murmelte Selphyne.
Ein tiefes, dreistimmiges Grollen erklang.
»He, dieses Geräusch kenne ich!«, rief Brom. »Das ist doch …«
»Ein Höllenhund, ganz recht«, entgegnete Arsenio. »Cerberus Major.«
Er ging zu einer schweren Eisentür und schob das Sichtfenster darin auf.
In dem Raum dahinter lag auf einem Haufen schmutzigen Strohs eine riesige dreiköpfige Bestie. Ab und zu fletschte sie im Schlaf die Zähne oder stieß ein wütendes Knurren aus, als kämpfe sie mit erträumten Gegnern.
»Mit seinen drei Köpfen und demzufolge auch drei Gehirnen ist der Höllenhund geradezu das ideale Experimentierobjekt für die Hirnsaftforschung. Wussten Sie, dass Cerberus Major über drei getrennte Persönlichkeiten verfügt, die aber in bestimmten Fällen zu einer einzigen verschmelzen können?«
»Ich wusste bisher nur, dass diese Biester ein verdammtes Blutbad anrichten können, wenn sie schlecht drauf sind«, entgegnete Brom. »Und sie sind eigentlich immer schlecht drauf.«
»Der hier ist lammfromm – wenn ich es will«, sagte Arsenio. »Ein paar Tropfen rosa Hirnsaft, und er frisst Ihnen aus der Hand.«
»Und ein bisschen was von dem schwarzen Zeug, und er frisst stattdessen die Hand, mitsamt dem Arm und dem ganzen Rest«, bemerkte Selphyne.
»So ist es. Sie haben das Prinzip der Hirnsaftmischung begriffen. Bei geistig höher entwickelten Lebewesen, Zwergen, Trollen, Wichteln und so weiter, ist es wie gesagt häufig komplizierter.«
»Und wozu soll das alles gut sein?«, fragte Falfnin.
»Nun, zunächst einmal betreibe ich hier Grundlagenforschung. Aber natürlich sind vielfältige Anwendungsmöglichkeiten denkbar. Etwa die Gehirnsaft-Regulierungs-Therapie, die ich in diesem Sanatorium bereits mit guten Ergebnissen verwende, obwohl die Methode noch in den Kinderschuhen steckt. Politische und wirtschaftliche Nutzungen sind ebenso gut vorstellbar, drängen sich regelrecht auf. Manipulation direkt durch Hirnsaftabzapfung oder -injektion. Keine langatmigen Reden mehr, keine aufwändigen Imagekampagnen, ein bisschen Saft sagt mehr als tausend Worte. Die totale Kontrolle. Mit der richtigen Mischung bekommen Sie Untertanen, die sich schreiend vor Lust im Krieg aufspießen lassen, Sie bekommen Arbeiter, die Ihnen dankbar die Füße küssen, weil sie sich für Sie unbezahlt kaputt schuften dürfen.
Oder als Gefühlsverstärker für ein intensiveres Freizeiterlebnis: Mehr Spaß durch Gute-Laune-Hirnsaft.
Zurzeit gibt es noch zwei große Probleme.
Erstens die Verabreichung. Am effektivsten ist die Injektion unmittelbar ins Gehirn, aber das ist umständlich und nicht immer praktikabel. Daher arbeiten wir an
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