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Totenverse (German Edition)

Totenverse (German Edition)

Titel: Totenverse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoë Ferraris
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die lediglich Jeans und T-Shirt anhatte und unbekümmert den Bürgersteig entlangschlenderte. Er fragte sich, ob Katya je so werden würde. Zwei Männer in der Warteschlange nebenan starrten ihr unverhohlen ins Gesicht. Immerhin hielt sie den Blick auf die Kasse gerichtet, dankte dem Kassierer, ohne ihn anzusehen, und als sie aus dem Geschäft gingen, wirkte sie irgendwie in sich gekehrt, als würde sie ihre Umgebung gar nicht richtig wahrnehmen, obwohl sie sich umschaute.
    »Lass uns noch einen Kaffee trinken«, sagte sie unvermittelt. Nayir folgte ihr mit wachsendem Unbehagen in das Starbucks gleich nebenan. Er war erst ein einziges Mal in so einem Café gewesen, und das Erlebnis hatte ihn verstört. Samir hatte ihn dort hineingeschleift – Samir, der sich doch sonst unablässig darüber aufregte, dass ausländische Restaurants wie Pilze aus dem Boden schossen, amerikanische Ketten wie Applebys und Fuddruckers schon fast allgegenwärtig schienen und man kaum noch anständige saudische Küche bekam. (»Wo kriegst du denn heutzutage noch ein gutes Biryami?«) Größere Menschenmengen machten Nayir unsicher, und damals hatte er in dem Starbucks zu viele Frauen an kleinen Bistrotischen sitzen sehen, die komplizierte Kaffees tranken und am WiFi-Hotspot auf ihren Laptops tippten. Der Anblick hatte ihn auf düstere Gedanken gebracht. Was wurde aus Dschidda, dem Tor zu den heiligen Städten? Sie waren in Dschidda, aber der Name über der Tür schien entscheidender zu sein. Er klang so ungemein amerikanisch: Star und Buck .
    In dem Starbucks neben Jarir Books war es jedoch angenehm ruhig. Er sah keine Frauen, bloß zwei junge Männer an einem Fenstertisch, die Kaffee tranken und sich leise unterhielten. Nayir bestellte für Katya und sich selbst, und sie gingen in den Familienbereich, der leer war. Sie nahmen ganz hinten auf Hockern Platz. Katya hielt ihren Kaffee so, dass der Verlobungsring genau in seine Richtung zeigte.
    »Ich hab heute Mrs Walker gesehen«, sagte er. Als er die Erleichterung sah, die sich auf Katyas Gesicht widerspiegelte, hielt er verwirrt inne, aber sie äußerte sich nicht.
    »Sie hat mich heute Morgen angerufen«, fuhr er fort, »weil sie mit ihren Nachbarn gesprochen hatte, und die haben ihr Namen und Anschrift des Hausverwalters gegeben.« Er griff in seine Tasche und fischte den Zettel heraus. »Sie dachte, das würde uns interessieren.«
    Katya nahm den Zettel entgegen, ohne sein Gesicht aus den Augen zu lassen. Erst dann warf sie einen Blick auf den Namen.
    »Wir wissen von diesem Apollo Mabus«, sagte sie. »Wir glauben, Wahhab Nabih ist entweder ein reicher Förderer von Mabus oder ein Deckname. Wir arbeiten dran.«
    »Ach so«, sagte er. »Dann meint ihr, Leila hat für diesen Mabus fotografiert?«
    »Sie hat eindeutig für ihn gearbeitet.« Katya schob den Zettel in ihre Handtasche und schloss sie. Dann griff sie wieder nach ihrem Kaffee. »Du hast Mrs Walker gesehen, sagtest du?«
    »Ich hab sie vor ihrem Haus abgeholt.«
    »Um dir ein Stück Papier geben zu lassen«, sagte Katya.
    Nayir spürte, wie seine Wangen heiß wurden. »Sie hatte noch einen zweiten Grund, mich anzurufen. Sie glaubt, es ist jemand bei ihr eingebrochen. Sie hatte Angst und wollte aus der Wohnung raus.«
    »Das war vermutlich die Polizei«, sagte Katya. »Die haben nach ihr gesucht.«
    »Wie dem auch sei«, sagte Nayir, »sie hat mich gebeten, sie zur Firma ihres Mannes zu fahren, weil sie meinte, die Leute dort wüssten vielleicht etwas.« Er berichtete ihr, was sie über Erics Urlaub und denmöglichen Diebstahl von Überwachungsequipment erfahren hatten. »Offenbar hatte Eric ihr kein Wort davon gesagt«, schloss er. Dann griff er in seine Tasche und holte den Misyar heraus. Er zögerte nur ganz kurz, ehe er ihn Katya gab. »Nachdem du und ich gegangen waren, hat Miriam ihre sonstigen Papiere durchsucht und das hier in seiner Aktenmappe gefunden.« Katya faltete das Blatt auseinander und las. Sie atmete tief durch, schien aber nicht sonderlich verblüfft zu sein.
    »Du hättest mich anrufen sollen«, sagte sie.
    »Es tut mir leid. Ich wusste, dass du noch arbeitest.«
    Sie seufzte und schien ein wenig besänftigt. »Gestern Vormittag«, sagte sie, »hab ich eine von Leilas Freundinnen vernommen, und die hat mir von Leilas Bekanntschaft mit einem Amerikaner namens Eric Walker erzählt.« Dann erwähnte sie, dass Osama endlich die Listen mit Handytelefonaten der Walkers bekommen hatte und daher über Miriams Anruf

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