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Totenverse (German Edition)

Totenverse (German Edition)

Titel: Totenverse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoë Ferraris
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schlug wild um sich.
    Draußen, ein Geräusch.
    Nayir krabbelte hastig aus dem eingefallenen Zelt. Falls das Geräusch von einem Flugzeug stammte, musste das bereits über sie hinweggeflogen sein. Er hatte bloß eine Leuchtpatrone, und die wollte er nicht sinnlos vergeuden. Er begann, systematisch den Himmel abzusuchen.
    Hinter ihm hörten die Bewegungen im Zelt auf, als Miriam zusammenbrach. Nayir starrte in den Himmel.
    Plötzlich kam ein Toyota Land Cruiser über den Dünenkamm vor ihm geschossen. Nayir griff nach der Leuchtpistole, seine einzige Waffe, falls es Mabus war. Aber als der Geländewagen näher kam, sah er, dass zwei uniformierte Polizisten darin saßen. Sie blickten beide erleichtert, und einer von ihnen lehnte sich aus dem Fenster.
    » Salaam aleikum «, rief der Mann. »Nayir Sharqi?«
    Wenige Minuten später hob Nayir Miriam in den Wagen.
     

45
     
    Osama saß im Vernehmungsraum und starrte Apollo Mabus über den Tisch hinweg an. Der Mann hatte die Hände wie zum Gebet an die Schläfen gelegt. Natürlich war er kein Muslim, aber so sah es aus. Die Augen waren geschlossen, der Mund bewegte sich, als raune er Engeln auf seinen Schultern etwas zu, und dann und wann senkte er fast demütig den Kopf.
    Er wirkte nicht mehr so zäh. Die Polizei von Qaryat al-Faw hatte ihn gefasst, kurz nachdem er mitten in der Wüste zwei Leichen aus seinem Auto geladen und liegen gelassen hatte. Die Polizei stellte ihn ganz in der Nähe, als er wieder auf dem Rückweg war. Die Reifenspuren, die sein Wagen im Sand hinterlassen hatte, belegten, dass niemand anderes die Leichen dorthin gebracht haben konnte. Trotzdem beteuerte er bei seiner Festnahme zunächst, er wisse nicht, wovon die Polizisten redeten, dann behauptete er, nur deshalb rausgefahren zu sein, weil ihm ein anonymer Anrufer von den Leichen deshalb erzählt hätte. Eine kriminaltechnische Untersuchung seines Kofferraums bewies jedoch, dass er log.
    Auch sein Haus in der Wüste war gründlich durchsucht worden. Osama war nicht selbst rausgefahren, aber er hatte von dem traurigen kleinen Schuppen hinter dem Haus Fotos gesehen, auf denen die Forensiker der dortigen Polizei den Boden untersuchten. Mabus behauptete, nichts davon gewusst zu haben, dass Eric dort festgehalten worden war, doch die Haare und Fasern, die man sichergestellt hatte, bewiesen das Gegenteil.
    »Es war ein Unfall«, sagte Mabus leise.
    »Ein Unfall?«, flüsterte Osama. »Sie haben Eric Walker in einem Schuppen mitten im Leeren Viertel zurückgelassen. Das können Sie wohl kaum als –«
     
    »Ich meinte, als ich ihn geschlagen habe«, sagte Mabus. »Das war ein Unfall.«
    Osama schwieg einen Moment. Dann sagte er: »Nun ja, normalerweise ist ein Mann, der einen Schlag auf den Kopf bekommen hat, nach ein paar Tagen wieder auf den Beinen. Aber wenn man ihn so schlägt, wie Sie das getan haben, und ihn dann in die Wüste schafft, erhöht sich sein Blutvolumen, die Hitze lässt den Körper anschwellen und die Blutgefäße platzen.«
    »Er war schon tot, als ich ihn in den Schuppen gebracht habe.«
    Osama wusste nicht, ob das stimmte. Die Rechtsmedizin musste den Todeszeitpunkt erst noch feststellen.
    »Ich wollte nicht, dass er stirbt.«
    »Und Jacob Marx? Wollten Sie den töten?«
    »Das war Notwehr. Er hatte die Waffe, nicht ich.«
    Mabus hatte recht. Die Waffe gehörte tatsächlich Jacob Marx. Osama musterte den Mann auf der anderen Seite des Tisches. In seinem Haus in der Wüste hatten sie Unterlagen über zwei Schweizer Bankkonten gefunden und den Kaufvertrag eines Mietshauses in Dschidda, alles auf den Namen Wahhab Nabih. Mabus hatte bereits gestanden, diesen Decknamen benutzt zu haben. Sie hatten auch eine Geburtsurkunde gefunden, aus der hervorging, dass Mabus eine britische Mutter und einen ägyptischen Vater hatte. Sein richtiger Name war Apollo Mabus Mansur, aber den Familiennamen hatte er abgelegt, nachdem sein Vater vor fünfundzwanzig Jahren, als Apollo sechzehn war, Frau und Kind verlassen hatte. Er war mit einer zweiten Frau auf und davon, nicht ohne der ersten Frau eine stattliche Summe Geld zu hinterlassen. Sie hatte es jedoch nicht aufgebraucht, da sie zwei Jahre später an Krebs gestorben war, und das ganze Vermögen war an Mabus gefallen. Das alles war bei der ersten Vernehmung herausgekommen. Mabus hatte außerdem ausgesagt, dass er in London, New York und Dschidda aufgewachsen war, sich aber nirgendwo richtig zu Hause gefühlt hatte, außer in der Wüste.
    Mabus

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