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Totenverse (German Edition)

Totenverse (German Edition)

Titel: Totenverse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoë Ferraris
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er dann ihren Cousin angerufen. Der hat Eric erzählt, dass sie vermisst wurde. Wie Sie sich bestimmt denken können, bin ich ausgeflippt. Eric hatte keine Ahnung, wo sie war. Er kannte sie besser als ich, und selbst er konnte sie nicht finden. Irgendwie glaubte er, ihr Verschwinden wäre meine Schuld, und hat mich am Telefon ganz schön beschimpft.«
    »Wie kam er darauf, dass es Ihre Schuld wäre?«
    »Weil er von meiner Arbeit wusste und ich ihn gewarnt hatte, dass die Sache gefährlich war. Aber soll ich Ihnen sagen, was ich glaube? Er hat nicht auf meine Warnung gehört. Er hat irgendwem davon erzählt und dann hatte er ein schlechtes Gewissen deswegen und ist auf mich losgegangen – ich meine, an dem Abend bei ihm in der Wohnung wurde er fuchsteufelswild und hat mich beschuldigt, ich würde seine Frau in Gefahr bringen. Dabei wollte er nur seine eigene Schuld verschleiern, weil er nämlich den Mund nicht gehalten hatte.«
    Der Mann lebte wirklich in einer paranoiden Phantasiewelt. Osama studierte die Akte auf dem Tisch. Am Vormittag war eine weitere Erkenntnis ans Licht gekommen: Die Koranschriften, die Nayir in Mabus’ Keller gefunden hatte, waren nach Überzeugung zweier Forscher an der King Abdul-Aziz University tatsächlich manipuliert worden. Inzwischen lagen Belege dafür vor, dass Mabus die Dokumente auf einer Auktion in Kuwait erworben hatte. Seinem Kollegen in England hatte er gesagt, er habe die Seiten »bearbeitet«, um frühere Fehler aufzudecken, aber der Kollege war misstrauisch geworden, als Mabus sich weigerte, ihm Einblick in die Dokumente zu gewähren. Die Forscher waren ziemlich sicher, dass Mabus Eingriffe an den Texten vorgenommen hatte, um damit seinen irren Kreuzzug zu untermauern.
    »Wir haben die Dokumente analysieren lassen, die Sie in der Wüste gelagert hatten«, sagte Osama, »und sie sind eindeutig manipuliert worden.«
    Mabus bedachte ihn mit einem eindringlichen Blick. Zu Osamas Irritation setzte Mabus nicht zu seiner Verteidigung an. Der Ausdruck in seinen Augen verriet, dass er seine Manipulation niemals zugeben würde, dass er bis an sein Lebensende beteuern würde, ein Wahrheitssuchender zu sein und kein Betrüger.
    »Wieso war Eric an dem Wochenende mit in der Wüste?«, fragte Osama. »Seine Frau sagt, er hätte niemals etwas befürwortet, was den Islam verunglimpfen könnte.«
    Mabus stieß ein sarkastisches »Ha!« aus.
    »Was weiß die denn schon?«, blaffte er. »Ich kann Ihnen sagen, ich hab Eric nur einen Monat gekannt, aber ich wusste mehr über ihn als seine eigene Ehefrau.«
    »Anscheinend stand Eric der saudischen Kultur und dem Islam ausgesprochen wohlwollend gegenüber. Er konnte es nicht leiden, wenn jemand sich abfällig darüber äußerte. Also, Herr Mabus, verraten Sie mir doch bitte, was passiert ist, als dieser wohlwollende Mann bei Ihnen in der Wüste ein Wochenende verbrachte und mitbekam, wie Sie vor Leilas Kamera erläuterten, worum es bei Ihrer Forschung geht?«
    »Er hat sich aufgeregt, das ist passiert!«, knurrte Mabus. »Mir ist klar, worauf Sie hinauswollen, aber Sie liegen falsch. Er hat nicht gedroht , mich zu verraten, er hat mich verraten. Und wie ich schon sagte, hat genau das vermutlich die ganzen schrecklichen Ereignisse ins Rollen gebracht.«
    »Haben Sie ihn deshalb getötet?«
    Mabus klatschte in die Hände und warf sich auf seinem Stuhl zurück. »Schwachsinn.«
    »Aber Sie geben zu, dass Eric eine Gefahr für Sie war.« Osama blieb unbeirrt.
    »Ja, aber ich sage es noch mal«, Mabus lehnte sich aggressiv vor, »Sie irren sich. Ich habe ihn nicht mit Absicht getötet.«
    »Nur schade, dass es dafür keine Zeugen gibt, Herr Mabus«, sagte Osama. Mabus sah ihn bloß finster an, und Osama stellte die nächste Frage. »Was haben Sie gemacht, als Sie erfuhren, dass Leila vermisst wurde?«
    »Nichts. Was hätte ich denn machen sollen? Ich wusste gleich, dass die entsprechenden Leute von ihrer Zusammenarbeit mit mir erfahren hatten und sie dafür bestrafen wollten. Das sollte eine Warnung an mich sein. Die wollten, dass ich mit meiner Arbeit aufhöre.«
    »Haben Sie deshalb das Land verlassen?«
    Mabus sah noch immer erhitzt aus, zögerte aber jetzt. »Diese Reise hatte ich schon lange geplant«, sagte er vorsichtig. »Aber ich fand den Zeitpunkt gar nicht schlecht. Ich meine, für den Fall, dass sich da irgendwas zusammenbraute und die es als Nächstes auf mich abgesehen hatten.«
    Osama betrachtete ihn. »Trotzdem sind Sie sechs Tage

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