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Totenverse (German Edition)

Totenverse (German Edition)

Titel: Totenverse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoë Ferraris
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aus der Wüste zurück bist«, sagte sie.
    Er war unsicher, was er antworten sollte. Sie wusste wahrscheinlich, warum er in die Wüste gefahren war und was er getan hatte, um Miriam zu retten. Sie schien eine Art Entschuldigung von ihm zu erwarten.
    »Ich musste mal weg«, sagte er. Offenbar fand sie die Antwort unangemessen, denn ihre Miene verdunkelte sich. »Und ich hatte Angst um Miriam«, fügte er hinzu.
    Sie erwiderte nichts.
    »Ich wollte dir etwas zeigen«, sagte er rasch, griff in seine Tasche und holte eine CD-ROM hervor, die er ihr reichte. Sie nahm sie verwundert.
    »Gestern bekam ich einen Anruf von Erics Chef bei SynTech«, erklärte er. »Erinnerst du dich, dass sie den Verdacht hatten, er hätte Überwachungsequipment gestohlen?«
    »Ja.«
    »Tja, irgendwie haben sie die fehlenden Geräte wiedergefunden«, sagte er. »Und zwar in einem Karton im Lagerraum, aber der war hinter anderen Kartons versteckt, deshalb hatten sie ihn bis jetzt übersehen. Es war alles drin, was fehlte, vollständig und unbeschädigt. Unter einer der Bodenlaschen steckte diese CD.«
    Er deutete fragend Richtung Computer, und als Katya nickte, rückte er einen Stuhl an den Tisch und nahm gleichzeitig mit ihr Platz. Ihr Duft wehte zu ihm herüber und löste ein langsames, aber stetiges Hämmern in seiner Brust aus. Er betrachtete verstohlen ihr Profil und sah ihr an, wie aufgeregt sie war. Sie war offensichtlich verstimmt darüber gewesen, dass er Miriam in die Wüste gefolgt war, aber er hoffte, dass sie ihm jetzt verzeihen würde.
    »Wo ist dein Vater?«, fragte er.
    »Zum Abendessen bei Freunden.« Sie nahm Leilas DVD heraus und legte die CD ins Laufwerk. Er bemerkte, dass sie den Verlobungsring nicht mehr trug, und unwillkürlich regte sich Hoffnung in ihm.
    »Keine Sorge«, fügte sie ein wenig kühl hinzu. »Mein Vater vertraut dir.«
    Eine Antwort blieb ihm erspart, weil in diesem Moment Bilder auf dem Monitor erschienen, die von einer Überwachungskamera aufgenommen worden waren. Man sah den Innenraum irgendeines großen Geschäftes, aber es war Nacht, und nur wenige schwache Lampen über dem Kassenbereich erhellten die dunkle Szene.
    Ein Mann kam ins Bild. Katya schlug die Hand vor den Mund.
    »Erkennst du ihn?«, fragte Nayir.
     
    Sie nickte. Der Mann ging zur Kasse, öffnete sie und nahm Bargeld heraus. Er stopfte es hastig in eine braune Reißverschlusstasche. Dann bewegte er sich durch den Verkaufsraum. Da er aus dem Lichtkegel heraustrat, erkannten sie zunächst nicht, was er machte, aber als er sich wieder der Kasse näherte, sahen sie, dass er Kleidungsstücke von einer Stange nahm und in einen großen Müllsack warf, der bereits gut gefüllt war.
    »Ich glaube, das ist Unterwäsche«, sagte Nayir, um Fassung bemüht. Katya nickte ernst.
    »Stimmt«, sagte sie. »Das ist Abdulrahmans Laden. Er verkauft Dessous.«
    »Ich erinnere mich«, sagte er.
    Sie sah ihn an. »Echt?«
    So ein Detail konnte er schwerlich vergessen, aber das würde er ihr gegenüber nicht zugeben.
    »Das ist Fuad«, sagte Katya. »Abdulrahmans Assistent.«
    »In dem Laden?«
    »Ja.« Sie wandte sich Nayir zu. Er sah ihr an, dass ihr Gehirn fieberhaft arbeitete, und so völlig unbefangen, wie sie plötzlich wirkte, sah sie hinreißend schön aus. Sie saß in ihrem Hausgewand da, schmucklos, ganz begeistert von dem bevorstehenden Durchbruch in den Ermittlungen – und sie hätte zauberhafter nicht sein können. Er musste das wahnwitzige Verlangen unterdrücken, sich vorzubeugen und sie zu küssen.
    »Eric hat das Equipment also für Leila gestohlen«, sagte sie. »Die beiden haben im Geschäft von Leilas Bruder Überwachungskameras angebracht. Sie muss den Verdacht gehabt haben, dass einer der Angestellten dort systematisch stiehlt.«
    »Vielleicht hat sie Fuad zur Rede gestellt«, überlegte Nayir. »Glaubst du, das wäre für ihn ein hinreichender Grund gewesen, sie zu töten?«
    Katya nickte langsam. »Abdulrahman wollte ihr kein Geld mehr geben. Er hatte sogar gedroht, sie aus dem Haus zu werfen. Aber wenn sie ihm das hier über Fuad gesagt hätte, dann …« Sie verstummte. »Und wir haben alle gedacht, ihr wäre ihr Umgang mit fremden Männern zum Verhängnis geworden.«
     
    Nayir musste an die Worte des Imam denken. Viele Frauen pflegen Umgang mit fremden Männern, weil sie auf der Suche nach einem Mann sind . Doch ungeachtet dessen, dass sie ihm in den letzten fünf Minuten sehr viel freundlicher gesinnt war, eines war nach wie vor

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