Totenwache - Thriller
er sich seinen Kescher und lief zum Auto.
36. Kapitel
Nick klopfte zweimal an die Tür und trat dann einen Schritt zurück, damit man ihn durch den Spion besser sehen konnte. Er hielt den Kescher in der linken Hand und hatte sich zwei Plastikbehälter und zwei Dosen unter den rechten Arm geklemmt.
Kurz darauf ging die Tür auf. Riley sah ihm lächelnd entgegen, doch Nick wich ihrem Blick aus. Er schob sich an ihr vorbei in das Motelzimmer und ging direkt in die kleine Kochnische.
»Was ist passiert?«, fragte Riley.
Nick gab ihr keine Antwort. Er stellte sich vor die Küchenzeile und wischte alles, was auf der Arbeitsfläche stand, einfach mit dem Arm beiseite. Dann legte er das Netz auf die Fläche und zog die Deckel von den Plastikbehältern ab.
»Nick - was ist los?«
Sarah kam in einem knielangen Bademantel aus dem Bad. Sie hatte sich ein Frotteehandtuch um den Kopf geschlungen. »Was ist denn?«
Nick schraubte den Deckel von einer Dose und goss eine ätzend riechende Flüssigkeit in einen der Behälter. Eine gut zwei Zentimeter dicke Gipsschicht am Boden des Behälters sog die Flüssigkeit sofort auf.
»Das ist Essigester«, sagte er, ohne aufzublicken. »Bitte nicht einatmen.«
Riley trat näher. »Nick, bitte sieh mich an.«
»Da hat jemand offenbar noch keinen Kaffee gehabt«, sagte Sarah und betupfte sich die Ohren mit einem Handtuch.
Nick nahm das sackartige Ende des Keschers und schüttelte es so lange, bis sämtliche Insekten sich ganz unten in der Spitze gesammelt hatten. Dann gab er das Säckchen in den Behälter und verschloss ihn wieder mit dem Deckel. Anschließend öffnete er die andere Dose und goss eine klare Flüssigkeit in den zweiten Behälter.
»Ich muss die Viecher so schnell wie möglich in Äthanol einlegen«, sagte er. »Damit sie austrocknen - sonst beschädigt die Feuchtigkeit die DNS.«
Riley stand jetzt direkt neben ihm. Sie legte ihm die Hand auf den Arm und starrte ihn so eindringlich an, dass er sie irgendwann nicht länger ignorieren konnte. Er ließ den Kopf auf die Brust sinken und schloss die Augen.
»Egal, was passiert ist, du musst es mir unbedingt sagen«, flüsterte sie.
Nick drehte den Kopf langsam in ihre Richtung und sah sie an. Als ihre Blicke sich trafen, wusste sie augenblicklich Bescheid.
Ihre Knie gaben nach, und Nick konnte sie gerade noch auffangen. Er zog sie fest an sich, und sie begann am ganzen Körper zu zittern. Dann vergrub sie das Gesicht an Nicks Brust und fing an zu schluchzen.
Sarahs Augen wurden immer größer. »Also, allmählich begreife ich gar nichts mehr. Könnt ihr mir vielleicht mal sagen, was hier eigentlich los ist?«
Es dauerte einige Zeit, bis einer der beiden wieder sprechen konnte.
»Leo ist tot«, sagte Nick zu Sarah.
»Leo? Der Computerexperte?«
»Er ist gestern Abend umgebracht worden.«
Riley sah ihn an. »Wie ist das passiert?«
»Das spielt keine Rolle.«
»Ich will es aber wissen.«
»Die Pathologin in dir will es vielleicht wissen, aber nicht du selbst. Lass es einfach dabei bewenden, Riley. Er ist tot.«
Sarah ließ sich auf eines der beiden Betten sinken. »Aber ihr wart doch gestern Abend noch bei ihm.«
»Wenn wir länger geblieben wären, hätten sie uns alle drei erwischt.«
Riley wischte sich mit einem Handtuch die Augen ab. »Wir haben gedacht, dass die gar nichts von Leo wissen. Wie haben die bloß von ihm erfahren? Woher wussten sie, wo er wohnt?«
»Ich habe diese Verbrecher von Anfang an unterschätzt«, sagte Nick. »Aber damit ist jetzt Schluss.« Er wandte sich wieder seinen Insekten zu, zog das Netz aus dem Tötungsglas und schüttelte die leblosen Mücken so lange, bis sie ganz unten in der Spitze des Netzes ein kleines Häufchen bildeten. Anschließend schob er den Behälter mit dem Äthanol in das Netz und schüttete die Mücken vorsichtig in die klare Flüssigkeit. Die winzigen Tiere schwammen wie kleine Aschepartikel oben auf der Flüssigkeit.
»Was machst du da?«, fragte Riley.
»Ich will Santangelo unbedingt das Handwerk legen.«
»Was?«
»Das hier sind Mücken. Die saßen in Leos Wohnung an den Wänden, und ich habe sie gefangen. Bei Leo stehen doch immer alle Fenster offen. Die Mücken waren schon gestern Abend in der Wohnung, als der Mörder dort gewesen ist. Und ich wette, dass Santangelo der Mörder ist. Wenigstens eine dieser Mücken hat den Killer sicher gestochen, das heißt, in ihrem Verdauungstrakt müssten sich
noch Spuren seines Blutes nachweisen lassen.
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