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Totenwache - Thriller

Totenwache - Thriller

Titel: Totenwache - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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seinen eigenen Schädel zu verkriechen und dort die Tür auf ewig hinter sich zu verschließen.
    Als er dann auf der anderen Seite der Küchenzeile stand, fühlte er nichts, was er nicht schon vorher empfunden hatte - bloß dasselbe Entsetzen wie zuvor. Nicht einmal die grausame Wirklichkeit vermochte sein Elend noch zu steigern. Aber wie auch? Alles war genau so, wie er es sich vorgestellt, wie er es befürchtet hatte - inklusive der dunkelgrünen Rotweinflasche, deren Scherben in einer tiefroten Lache lagen. Als er neben Leo niederkniete, sah er am Hinterkopf das Einschussloch, aus dem Blut ausgetreten war. Er beugte sich über den Leichnam seines Freundes und strich ihm zärtlich über das gewellte Haar. Rings um das Einschussloch waren mit bloßem Auge Schmauchspuren zu erkennen, ein Beweis dafür, dass der Mörder aus nächster Nähe geschossen hatte. Eine kleinkalibrige Waffe; daher gab es auch keine Austrittswunde. Ja, der Mörder hatte es
offensichtlich bewusst darauf angelegt, dass die Kugel von der Schädelwand zurückprallen würde - Nick schloss die Augen und verbot sich weiterzudenken.
    Wieder und wieder strich er seinem Freund übers Haar. Seine Brillengläser waren mit Tränen benetzt, Tränen, die ihn den grauenhaften Anblick direkt vor seinen Augen wie durch einen Schleier wahrnehmen ließen.
    Nick setzte sich auf den Boden. Leo hatte gewiss nichts gespürt, dazu war alles viel zu schnell gegangen. Ein professioneller Mörder, der genau wusste, dass jemand, der Schmerzen leidet, zu schreien anfängt. Folglich hatte der Killer dafür gesorgt, dass Leo keinen Ton mehr von sich gegeben hatte - zumal die Fenster weit offen standen.
    Die Fenster …
    Nicks Blick wanderte an den cremefarbenen Wänden hinauf. Über der Spüle sah er einen winzigen schwarzen Punkt, dann zwei weitere ein Stück weiter oben. Er rappelte sich auf und stolperte ins Wohnzimmer. Zwischen den Gemälden über dem Computertisch saßen Dutzende kleine Insekten an den Wänden - winzige Besucher einer Galerie des Grauens.
    Mücken.
    Er rannte aus der Wohnung, stürmte den Gang entlang und dann drei Etagen die Treppe hinunter zu seinem Auto. Dort schob er den Arm hinten durch das geöffnete Fenster und schnappte sich den Kescher, der auf dem Rücksitz lag. Sehr lange würden die Insekten gewiss nicht mehr in Leos Wohnung bleiben: weibliche Anopheles- oder Culex- Mücken - beide nachtaktiv -, die sich an Leos Blut gütlich getan hatten und sich jetzt an den Wänden noch ein wenig ausruhten. Doch sobald draußen die Temperaturen wieder anstiegen, würden sie davonfliegen und ein stehendes Gewässer aufsuchen, um dort ihre Eier abzulegen.

    Sobald er wieder oben in der Wohnung war, fuhr Nick in großen Schwüngen mit dem Netz an den Wänden entlang und ließ keines der kleinen Insekten entkommen. Wie gut, dass Mücken so langsam fliegen, dachte er - nicht schneller als zwei Kilometer in der Stunde. Sonst hatte Nick es meist mit den deutlich schnelleren und flinkeren Aasfliegen zu tun. Ein paar Mücken zu fangen war für ihn deshalb fast ein Kinderspiel. Am wichtigsten war, dass er keines der Insekten entkommen ließ. Er suchte aufmerksam die Wände ab und ruderte mit der freien Hand in der Luft umher, um die Mücken aufzuscheuchen, die noch träge an den Wänden saßen. So fuhr er fort, bis er an den Wänden nirgends mehr einen dunklen Punkt entdecken konnte und sich Dutzende der Insekten vorne in seinem Kescher verfangen hatten.
    Dann rannte er in die Küche, riss sämtliche Schubladen auf und suchte nach einem Gummiband oder einer Wäscheklammer. Er musste die Spitze des Netzes unbedingt nach oben hin verschließen und die kleinen Tiere so lange gefangen halten, bis sich die Gelegenheit ergab, sie zu töten und zu konservieren.
    Plötzlich hörte er, wie jemand draußen an den Türrahmen klopfte. Dann kamen von hinten Schritte näher. Nick drehte sich um.
    »Hallo, Nachbar, haben Sie zufällig …?«
    Der junge Mann stand im Durchgang zur Küche. Er sah zuerst Nick, dann den toten Leo an, der in einer Blutlache am Boden lag, dann wieder Nick. In den nächsten Sekunden stand er mit weit aufgerissenen Augen sprachlos da und trat dann - den Blick immer noch auf Nick gerichtet - den Rückzug an.
    »Warten Sie«, sagte Nick. »Ich habe mit diesem Verbrechen nichts zu tun.«

    Der Mann hob eine Hand und ging rückwärts durch das Wohnzimmer. Vorne an der Tür drehte er sich um und rannte davon.
    Nick sah Leo ein letztes Mal an. Dann schnappte

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