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Totenwache

Totenwache

Titel: Totenwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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Buchstaben.
    »Das ist eine Sauerei!«, prustete Egil, atemlos nach dem schnellen Laufen. »Wie geht es dir, Ivan?« Gustav starrte auf das Blut, das sich langsam über den Strumpfrand ausbreitete, wankte und schlug der Länge nach in das nasse Gras hin. Weit hinter dem Holzplatz startete ein Auto. Nur die Scheinwerfer konnten sie schwach erkennen, als der Wagen hinter der ersten Biegung der Landstraße verschwand. Maria machte einen Versuch, in Ivans Audi zu springen, um die Verfolgung aufzunehmen. Aber der Wagen war abgeschlossen. Der Schlüssel lag irgendwo im Haus. In seinem aufgeregten Zustand konnte Ivan nicht sagen, wo er zu finden war. Danach war es zu spät. Sie hatten nicht sehen können, wie das Auto aussah. Gestützt auf Krister und Maria, hinkte Ivan, der unfreiwillige Nerzfarmer, in sein Haus. Egil hatte Gustav auf die Beine gebracht, und der war schniefend unter die Flügel seines Vaters geschlüpft. Seine Brille war beschlagen.
    Sie setzten sich in Ivans blitzsaubere Küche, in der die Zeitungen ihr eigenes Regal hatten und die Spüle wie ein windstiller See bei Mondschein glänzte. Nicht der kleinste Fleck, kein einziger Kratzer. Ivan selbst war sehr bleich und mitgenommen. Tränen, aber vielleicht auch der Regen gaben seinem Bart einen noch graueren Ton. Die Schultern zitterten leicht. Maria zog ihm vorsichtig den Strumpf aus und sah die Wunden an, die die Zähne des Fuchseisens geschlagen hatten, zentimetertiefe Hautlappen. Mit großem Nachdruck stieß Ivan hervor, dass er weder daran dachte, ins Krankenhaus zu fahren noch die Polizei zu rufen.
    »Ein einziger Satz im Polizeifunk und wir haben die Presse hier. Nie im Leben lasse ich mich auf diese Weise lächerlich machen. Das reicht jetzt schon völlig aus. Schwer verkäuflich war die Farm auch vorher schon. Nach einer halben Seite in der Zeitung wird es unmöglich, einen anständigen Preis zu erzielen.«
    Maria bekannte Farbe und bat ihn darum, eine diskrete Untersuchung des Tatortes vornehmen zu dürfen. Morgen würde sie einen Techniker mitbringen, ohne dass darüber gleich groß geredet wurde. Ivan war sehr zögerlich, aber Maria hielt es für wichtig, der Sache nachzugehen.
    »Seit dem Brand in einer Schlachterei haben wir die Geheimpolizei eingeschaltet. Damals ging der ganze Bürotrakt in Flammen auf. Die von der Geheimpolizei sind sehr daran interessiert, alle denkbaren Informationen über Vorfälle in diesem Zusammenhang zu bekommen. Wir werden das sehr diskret machen. Ich verspreche es. Was tun wir mit deinem Bein? Die Wunde muss doch irgendwie versorgt werden.«
    »Da mach dir mal keine Sorgen. Das erledigt Ivan selbst. Der ist seit seiner Geburt noch nie im Krankenhaus gewesen. Selbstversorgung nennt man das. Er kann es. Er ist, wie man so sagt, ein Heilkundiger. Von seiner Sorte gibt es nicht mehr viele. Blut stillen und Infektionen heilen, das kann er. Das hat er von seinem Großvater geerbt. Gustav und ich gehen nie unnötig zum Arzt. Nicht solange wie wir Ivan haben.« Gustav nickte und blickte von Ivans Telefonblock auf, über dem er eine Weile gebrütet und auf den er etwas gekritzelt hatte. Stolz zeigte er Maria seine Zeichen. Keine Buchstaben, aber eine Art von Symbolen.
    »Die hat Gustav sich selbst ausgedacht, damit er mir Briefe schreiben kann. Ich sage, es ist langweilig, immer nur Rechnungen zu bekommen, und dann schreibt Gustav mir einen Brief und legt ihn in den Briefkasten, zur Abwechslung mal kein brauner Umschlag. Er ist so pfiffig«, schmunzelte Egil stolz.
    »Dieser runde Kopf mit den spitzen Ohren bedeutet Brücke der Wichtelmännchen, er meint damit den Platz, von dem aus wir morgen die Tauben starten lassen. Ein runder Ball mit Schnabel bedeutet Arrak, und wenn er nur einen runden Ball malt, meint er mich.« Gustav schielte eine ganze Weile zu Maria und malte dann ein Herz, dann sprang er auf, lief in die Diele und kam mit einer grauen Fleecejacke zurück.
    »Du frierst. Es ist nicht gut, wenn man friert, dann kriegt man Schnupfen und es geht einem schlecht.«
    »Du bist ja ein richtiger Gentleman, Gustav!«
    »Ja, nimm sie nur«, pflichtete Ivan bei. »Krister kann sie ja morgen wieder mitbringen, wenn er und die Kinder zu dem Brieftaubenwettkampf kommen.«
    »Was meint Ivan jetzt damit?« Maria versuchte Augenkontakt mit ihrem Mann aufzunehmen.
    »Ich nehme mir morgen Vormittag frei. Die Kinder werden es sicher sehr spannend finden, wenn sie bei einem Brieftaubenfliegen dabei sein dürfen. Dem letzten vor der

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