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Totenzimmer: Thriller (German Edition)

Totenzimmer: Thriller (German Edition)

Titel: Totenzimmer: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Staun
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an der Schulter und schlich mich hinaus. Irgendwann würde ich es ihr erzählen müssen.
    Mein Büro hatte mir noch nie gefallen, obwohl es groß und eigentlich ganz nett war, jedenfalls wenn man dunkle Möbel mochte, dunkles Holz und gepunktete Bezüge. Die herabgelassene Kassettendecke hatte mich anfangs sehr bedrückt, inzwischen bemerkte ich sie aber kaum noch. Die Bedrückung war irgendwie ein Teil meines Lebens geworden.
    Ich schloss die Tür hinter mir, knöpfte meine etwas zu enge Jeans auf und zog die Schuhe aus. Mein Blick wanderte zum offenen Fenster, das mich förmlich anflehte, mir wenigstens eine Zigarette zu gönnen. Ich gab nach und inhalierte drei oder vier Mal, bevor ich die Glut abschnippte und die Kippe auf der Untertasse eines Blumentopfes ausdrückte. Mein iPod lag auf dem Schreibtisch, und ich stellte die New-Age-Musik ein, die mir einmal ein Hypnotiseur, mitdessen Hilfe ich versucht hatte, mit dem Rauchen aufzuhören, empfohlen hatte.
Maria, Maria, Maria,
hatte der Mann, vermutlich ein Franzose, am Telefon gesagt, als ich ihn am Tag nach unserer 800 Kronen teuren Séance angerufen hatte, um mich über meinen unheimlichen Drang nach einer Zigarette zu beschweren. Ich deutete das als Indiz dafür, dass sein leises Murmeln nicht die Bohne geholfen hatte.
Maria! Sie müssen sich entspannen,
hatte er in seinem Zirkusdänisch gesagt –
legen Sie jetzt das Band ein, das ich Ihnen gegeben habe
. Ich hatte aber keine Lust auf dieses blöde Band, ich wollte einfach nur den Spaß am Rauchen verlieren – das sollte man doch wohl für 800 Kronen verlangen können. Natürlich war er da anderer Ansicht, so dass unser Gespräch damit endete, dass ich den Hörer auf die Gabel knallte.
    Aber die Musik, die er mir gegeben hatte, wirkte wirklich entspannend, manchmal konnte ich dabei sogar einschlafen. Als das Kassettenband nach zehn Jahren – zehn Jahre mit Zigaretten wohlgemerkt – abgenutzt und ausgeleiert war, besorgte ich mir Bindus
Shamans Dreams
einfach per Download im Internet und lud es auf meinen iPod:
breathing in, breathing out
, gefolgt von einer ganzen Reihe Wassergeräusche, die Wirkung zeigten und die perfekte Untermalung für ein
Powernap
waren.
    Im Büro war es stickig und heiß, die Sonne brannte schon seit Stunden auf die Fensterscheibe, so dass ich bis auf die Jeans und das schwarze, ärmellose T-Shirt alles auszog. Ich löste den Pferdeschwanz, schüttelte die Haare frei und legte mich auf das Sofa. Dann drückte ich mir die Kopfhörer in die Ohren, startete den iPod und schloss die Augen. Ich musste aufpassen, nicht wirklich tief einzuschlafen, denn dann würde jemand kommen und mich wecken, und das würde dann nur wieder den Anschein erwecken, dass ich zu müde für eine weitere sehr wichtige Obduktion war. Schließlich rangierte ein Polizist mit brutal eingeschlagenem Schädel auf der Prioritätenliste noch weiter oben als ein misshandelter, geschändeter undausgebluteter Teenager. Trotzdem ließ ich mich von der Wassermusik weiter und weiter forttreiben, wurde schwerer und schwerer und wäre sicher tief eingeschlafen, wenn ich nicht plötzlich eine trockene Hand auf meinem bloßen Arm gespürt hätte. Die Berührung war vorsichtig und angenehm und fügte sich wie ein weiteres Instrument in die Musik ein. Sie war so sanft und zärtlich, dass mein Körper weder mit Zucken noch mit Zittern reagierte. Kein Härchen stellte sich auf. Ich tat so, als spürte ich nichts, ließ die Augen geschlossen, bewegte mich nicht und gab vor zu schlafen. Schließlich konnte ich riechen, wem diese Hand da gehörte.
    Die trockene, warme Handfläche streichelte mir zärtlich über den Oberarm. Anhaltend, rhythmisch und ruhig, eine Bewegung, die mir höchst willkommen war. Ich ließ mich noch schwerer ins Sofa sinken und dachte, dass mich ja keine Schuld traf, wenn ich so tat, als würde ich schlafen. Aber die warme, trockene Hand bewegte sich jetzt zu meiner Schulter empor und drückte leicht und vorsichtig auf den Knochen, bis sie weiter nach oben glitt und meinen Hals zu liebkosen begann; Handfläche und Finger, die ich nun deutlich spürte, bewegten sich hinüber zur anderen Schulter, drückten dort wieder leicht und vorsichtig und fuhren dann über meinen anderen Arm mit weichen, warmen, trockenen Bewegungen nach unten. Jetzt, da er sich über mich lehnte, um meinen anderen Arm zu erreichen, der zwischen Körper und Sofalehne lag, nahm ich seinen unparfümierten, menschlichen Geruch noch deutlicher

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