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Totenzimmer: Thriller (German Edition)

Totenzimmer: Thriller (German Edition)

Titel: Totenzimmer: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Staun
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holen, der große
Oyinbo
wartet im Institut auf dich. Er ist wütend. Tommy Karoly ist auch da. Und der ist nicht weniger wütend. Du solltest versuchen, jemanden von der Berufsgenossenschaft zu erreichen.«
    »Verdammt, dann lass sie wütend sein. Ich habe nichts Verbotenes getan. Und von der Gewerkschaft brauche ich ganz bestimmt keinen Beistand. Außerdem gehe ich nirgendwohin ohne einen Kaffee.« Ein bisschen hatte ich inzwischen dazugelernt.
     
    Liebes Tagebuch,
     
    Zeugen sind wichtig. Mindestens so wichtig wie Geheimnisse. Ich habe das schon einmal gesagt, aber manche Dinge kann man nicht oft genug sagen: Wenn es einen gibt, der deine Geheimnisse kennt, brauchst du auch mindestens einen, der sie leugnet. Auf diese Weise sät man Zweifel und Unsicherheit:
Vielleicht sollte man sich ja wirklich vor ihm hüten, man kann nie wissen.
Wenn sich der Zeuge seiner Sache zu sicher ist und laut wird, muss man in der Lage sein, Zweifel zu säen und den Betreffenden damit auch zu treffen: »Ist dieser Mensch denn wirklich glaubwürdig? Oder hat er nicht mehr alle Tassen im Schrank?«, werden die Menschen über den Zeugen tuscheln, wenn man seine Sache gut gemacht hat. Ein Beispiel: Hätte meine Mutter meinem Vater gesagt, was ich mit ihr trieb, wäre es wichtig, dass mein Vater davon überzeugt war, dass ich so etwas niemals tun würde. Ich wusste ja, dass er sie nicht wirklich ernst nahm, während es an mir nie etwas auszusetzen gab. Darauf hatte ich immer peinlich genau geachtet. Er durfte sich seinen Teil denken, durfte Zweifel haben, aber nur ein bisschen. Der Gedanke, dass sein Sohn vielleicht doch nicht der war, für den er ihn hielt, war erlaubt, doch alle Fakten mussten immer für mich sprechen. Und natürlich durfte er keinesfalls irgendwelche Beweise haben, durfte nie daran zweifeln, dass sein Sohn konnte, was wichtig war: mit Messer und Gabel essen, sich ordentlich anziehen, korrekt sprechen und gute Noten nach Hause bringen.
    Aber meine Mutter hielt den Mund. Sie hatte viel zu viel Angst vor mir, und das machte mich mutig, nie aber übermütig. So war ich bereit, ein paar Zweifel mehr im Kopf meines Vaters zu säen. Bei dem Gedanken kribbelte es in meinem Bauch, als wäre mein Magen voller winziger Fische, die da unten herumschwammen. Ihn herauszufordern, ihn, den Mann, der nichts sah und der stets unglaublich gleichgültig und selbstzufrieden wirkte.
    Mein Vater lobte mich, als ich das Abitur mit dem besten Notendurchschnittabsolvierte, der jemals auf meinem Gymnasium erreicht worden war. Vermutlich war er deshalb gleich einverstanden, als ich ihn fragte, ob ich das mit einer Party feiern durfte. Ich wollte meine Klasse und die Parallelklasse in unser Sommerhaus einladen. Er hatte nichts dagegen und wollte sogar einen Bus mieten, damit auch wirklich alle Gäste dorthin kommen konnten. Sogar einen Partyservice wollte er beauftragen.
    Keine halben Sachen. Er lächelte, ich sah ihn nur an.
    Während der Prüfungszeit hatte ich ihn gefragt, ob er mir ein Rezept für Amphetamine ausstellen könne. Auf den ersten Blick mochte das ziemlich abwegig wirken, das sah ich ein, aber ich erklärte ihm ruhig, dass ich noch ein paar Nachtschichten einlegen müsste, um mir auch in den noch ausstehenden Fächern Bestnoten zu sichern, sonst bliebe es wohl nur beim guten Mittelmaß. Er war kein Mann, der vor chemischen Hilfsmitteln zurückschreckte, das wusste ich. Meiner Mutter verschrieb er schon lange starke Schlafmittel und manchmal auch Beruhigungsmittel, vermutlich wollte er seine Ruhe vor ihr haben. Was mich anging, hatte er ziemliche Ambitionen. Ich war mir sicher, dass jede meiner Bestnoten ihm auf ganz spezielle Art Befriedigung verschaffte, eine Befriedigung, die ich mir auf andere Weise holte. Trotzdem konnte ich seine Gedanken beinahe wie große Zahnräder arbeiten hören, als ich meinen Wunsch äußerte. Nachdem er die üblichen vernunftbedingten Einwände vorgebracht hatte, holte er seinen Rezeptblock hervor. Merkwürdigerweise glaubte er mir und wünschte sich nichts mehr, als durch mich auch selbst an Größe zu gewinnen. Einen noch höheren sozialen Status zu erlangen. Das wiederum enttäuschte mich. Er hätte es besser wissen müssen.
    Das kleine braune Glas mit den zehn Amphetamintabletten versteckte ich, Bestnoten bekam ich auch ohne dieses Zeug. Das Glas holte ich erst nach dem Abi wieder hervor und teilte die Tabletten im Bus auf dem Weg zur Hütte aus. Natürlich nur an diejenigen, die wussten, was für

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