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Toter Mann

Toter Mann

Titel: Toter Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Taxis vor ihm warteten auf die nächste Fuhre. Auch der Bahnhof wartete. Im Augenblick sah er keine Leute. Er schaute auf die Uhr. In zehn Minuten würde der X2000 aus Stockholm einfahren, und Hunderte von Fahrgästen würden herausquellen. Sein Handy piepste. Er sah auf das Display:
    Ruf an.
    Aber Bergenhem rief nicht an. Er verließ den Parkplatz und fuhr in Richtung Gullbergsvass die Gullbergs strandgatan entlang, vorbei an den verrosteten Schiffswracks und am Gasometer, nach Marieholm. Bei Cash drehte er um und fuhr zurück. Das Handy piepste wieder. Es lag auf dem Beifahrersitz, die grüne Farbe blinkte auf. Er nahm es:
    Ruf zu Hause an. Er lachte.
    Ruf zu Hause an!
    Er parkte unterhalb des Gasometers. Es war vermutlich das hässlichste Gebäude von Göteborg, das Wort »Gebäude« war noch zu schön dafür. Man diskutierte darüber, es in Wohnungen umzubauen. Viel Glück.
    Er saß mit dem Handy am Ohr da. Natürlich rief er an. Er hatte nicht auf Lautsprecher geschaltet. Am Ohr klang es anders als über Lautsprecher.
    »Wo bist du, Lars?«
    »Ich sitze im Auto.«
    »So hab ich das nicht gemeint. Also, wo bist du?« »Ähh ... Gullbergsvass, am Gasometer.«
    »Was machst du da?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Du weißt es nicht? Was ist passiert?«
    »Nichts ist passiert, jedenfalls nichts Neues.« Er drückte das Handy noch fester gegen das Ohr. »Warum sollte ich dich anrufen?«
    »Ada wartet seit sechs.«
    »Seit sechs? Wie spät ist es jetzt?« »Halb acht.«
    »Sollte ich sie abholen?« »Hast du das vergessen?«
    »Ja ... ja, ich hab's vergessen.«
    »Lars.«
    »Darf ich mit ihr sprechen?«
    »Sie ist weggegangen zu einer Freundin, Lisa.« »Scheiße. Ich ruf sie an.«
    »Ihr Handy hat sie hiergelassen.« »Sie will nicht, dass ich sie anrufe.« »Ich weiß es nicht, Lars.«
    »Grüß ... grüß sie von mir.« »Mehr nicht?«
    Ein Auto fuhr vorbei. Das Scheinwerferlicht fiel genau in seine Augen. Es tat nicht weh, ganz im Gegensatz zu dem Handy an seinem Kopf. Er presste es noch fester dagegen. Jetzt sah er die roten Rücklichter. Auf der anderen Seite glitzerte die Brücke. Ein schönes Bild.
    »Was soll ich ihr ausrichten?«, fragte Martina. »Nur ... Grüße.«
    »Was ist los, Lars? Deine Stimme klingt so seltsam.«
    Er presste sich das verdammte Handy gegen den Schädel, versuchte es hindurchzudrücken, von Ohr zu Ohr.
    »Du kannst ... herkommen, wenn du willst.«
    Er antwortete nicht. Die Brücke schien näher gekommen zu sein. Sie glitzerte unablässig. Aber es war ein Schiff, das sich auf dem Fluss bewegte. Es kam nicht näher, sondern entfernte sich, eine optische Täuschung.
    Er ließ das Handy fallen.
    In seinem Ohr sang es wie ein Orkan. Martinas Stimme hörte er aus weiter Ferne.
    Winter bewachte das Telefon. Bergenhem meldete sich nicht. Er hörte Angela im Badezimmer. Unten auf dem Hof pfiff jemand. Das Küchenfenster stand offen. Auf dem Hof herrschte eine schreckliche Akustik. Am schlimmsten war das Pfeifen.
    Er wählte eine Nummer und brauchte nicht mehr als einen halben Klingelton abzuwarten.
    »Ja?« Martinas Stimme klang atemlos. »Hier ist Erik, Erik Winter.« »Erik. Was ist?«
    »Hast du heute Abend mit Lars gesprochen?« »Ja, gerade eben. Was ... ist was passiert?« »Nein, nein, ich bin nur ein bisschen beunruhigt.« »Weswegen?«
    »Wie ging es ihm?«
    »Was ist? Ist noch etwas passiert?«
    Ist noch etwas passiert. Was sollte er antworten? Er wollte nichts sagen. Nicht heute Abend und nicht zu Martina. Er wollte nur wissen, wie es Lars im Augenblick ging.
    »Wo ist er?«
    »Er ... im Auto, beim Gasometer, hinter dieser großen Schnupftabakfabrik. Ich weiß nicht, warum gerade dort. Das hat er mir nicht gesagt. Das Gespräch wurde unterbrochen.« »Unterbrochen?«
    »Plötzlich war er weg. Ich hab versucht, ihn wieder anzurufen. Aber er meldet sich nicht.« »Nein. Okay.«
    »Was soll ich machen?«
    Winter dachte nach. Im Geist sah er Bergenhems Gesicht vor sich, so wie er es zuletzt gesehen hatte.
    »Hat er heute Abend Dienst?«, fragte Martina.
    »Nein. Ich schicke einen Wagen hin«, sagte Winter, »zum Gasometer.«
    22·30
    Sie glitten längsseits an den Bootssteg heran. Es war ganz still. Das Meer war ein einziger Spiegel. Kein Windhauch regte sich, und das Wasser lag blank da wie ein durchsichtiger Boden, über den man bis nach Dänemark gehen konnte.
    Sie dachte an den Jungen, der am Bug des Segelbootes gestanden hatte. Er hätte bis nach Dänemark segeln können, oder noch

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