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Toter Mann

Toter Mann

Titel: Toter Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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eine Art Frustration.
    Als ob sie sich wünschte, wieder allein zu sein. Allein zu leben.
    Allein schlafen zu gehen, allein aufzuwachen.
    Doch wie würde die Zusammenarbeit funktionieren? Würde sie überhaupt funktionieren?
    Aber das war nicht das Entscheidende.
    Das Entscheidende waren doch sie. Sie und Fredrik. Hannes und Magda. Sie waren eine Familie. Als sie daran dachte, fing sie an zu weinen. Und genau in dem Moment betrat er die Küche. »Was ist los, Aneta?«
    Sie antwortete nicht. Sie hatte sich zum Fenster umgedreht.
    Dort draußen war nur der Rest der Welt. So empfand sie es im Augenblick. Es war nur ein Rest. Alles, was in ihrem Leben wichtig war, befand sich in dieser Küche. Und in diesem Moment geschah es. Jetzt würde sie sich entscheiden.
    »Aneta?«
    Sie drehte sich zu ihm um. »Was ist, Aneta?«
    »Ich ... weiß es nicht, Fredrik.«
    »Irgendetwas ist mit dir. Das merk ich doch. So blöd bin ich nun auch wieder nicht.« Sie antwortete nicht.
    »Hab ich irgendwas getan?« Sie schüttelte den Kopf.
    »Aber du musst sagen, was los ist, Aneta. So können wir nicht weitermachen.« »Nein.«
    »Also, was ist los?«
    »Ich weiß es auch nicht, Fredrik.« »Hast du mich satt?«
    Sie schwieg.
    »Hast du genug von mir, Aneta?« »So ... einfach ist das nicht.«
    »Ach nein, wirklich? Ist es nicht eher verdammt einfach, von jemandem die Schnauze voll zu haben?«
    »Sag jetzt lieber nichts mehr, Fredrik.«
    »Nein, okay. Ich werde nichts sagen. Aber was ist mit dir, Aneta?«
    »Ich ... ich weiß nicht. Ich muss ... ein bisschen nachdenken.« Sie spürte, wie erbärmlich das klang. Nur eine banale Phrase. Und wie es sich anfühlen musste, so eine Antwort zu bekommen. Als wartete man auf ein Gerichtsurteil: Jetzt bin ich mit Nachdenken fertig und zu folgendem Schluss gekommen.
    »Worüber nachdenken?«
    »Das ... worüber wir gerade reden.« »Worüber reden wir denn?«
    Sie antwortete nicht.
    »Vielleicht sollten wir das klären«, sagte Halders. »Dann würde ich mich etwas besser fühlen und du dich vielleicht auch.«
    »Ich ... weiß nicht genau, worum es geht, Fredrik.«
    »Aha.«
    »Ich kann nicht einfach sagen, so und so ist es.« »Soll ich's dir sagen, Aneta?«
    »Was?«
    »Du wirst mich verlassen. Du hast den alten langweiligen Fredrik und seine Gören satt.«
    »Das würde ich nie sagen. Das ist nicht wahr.« Sie begann wieder zu weinen.
    »Nein?«, sagte er. »Ist es nicht der Anfang vom Ende?«
    Er hatte sich auf einen Stuhl gesetzt und sprach jetzt leiser. »Wie lange musst du darüber nachdenken?«, fragte er.

ZWEITER TEIL
    11
    Als er den Kanal überquerte, schlugen die Glocken der Christina-Kirche hinter ihm fünf. Mit diesen Klängen senkte sich die Dämmerung herab. Vom Packhuskajen her kam ein kalter Wind. Winter schauderte. Er mochte Göteborg sehr, aber nicht den Wind. Es war fast immer windig. Der Wind hatte verhindert, dass die Stadt zu einer Metropole wurde, weil die Leute schließlich flohen. In der letzten Nacht hatte er von einem brennenden Auto geträumt, das auf einer Brücke gestanden hatte. Es war nicht das erste Mal, dass er dieses Bild in einem Traum gesehen hatte. Die Brücke spannte sich hoch über demWasser. Er meinte, die Brückenpfeiler zu erkennen. Sie sahen aus wie Arme, die sich in den Himmel reckten. Ein Stück entfernt reckten sich weitere Arme noch höher in den Himmel. Sie waren zusammengebunden, wie zusammengeschmiedet, und quer darüber sah er noch einen Arm. Einen riesigen Arm. Alles war feuerrot, wie das brennende Auto. Er war darüber hinweggeflogen. Er hatte Flügel gehabt. Das Auto war eine Fackel mitten in der pechschwarzen Dunkelheit. Er hatte einen Schrei gehört. Er hatte jemanden fallen sehen. Ein Schiff, eine Fähre, wie von einem Feuer erleuchtet. Und wieder die Arme, die versuchten ihn zu fangen, ihn zu packen und in den Abgrund zu ziehen. Jemand schwamm dort unten. Es war ein Mädchen. Schweißgebadet war er aufgewacht, zur Toilette gegangen und mit einem Glas Wasser in der dunklen Küche sitzen geblieben. Jetzt wanderte er durch die Dämmerung. Es würde eine neue Nacht kommen mit neuen Träumen. Ein zweites Leben, in dem man viel mehr sah.
    Als er die Västra Hamngatan hinaufging, klingelte sein Handy. »Ja?«
    »Hallo, Erik! Ich bin's.« »Hallo, Mama.«
    Seine Mutter rief direkt aus Nueva Andaluda an. Das neue Andalusien. Das alte arme Andalusien gab es nach wie vor. Der Unterschied bestand in den Golfplätzen und wahrscheinlich darin, was die

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