Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toter Mann

Toter Mann

Titel: Toter Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
Vom Netzwerk:
Lauf der Jahre auch nicht gerade häufig gesehen. In den letzten Jahren hatte er selbst Lotta weniger getroffen und deswegen auch ein bisschen ein schlechtes Gewissen. Konnte sein, dass es am Alter lag. Wenn man älter wird, passiert etwas.
    »Lotta scheint im Augenblick ... eine anstrengende Phase durchzumachen«, sagte Siv Winter. »Ach?«
    »Hat sie dir nichts erzählt?«
    »Nein, was meinst du? Ist irgendwas los?«
    »Nein, nein, nicht direkt. Aber sie klang nicht richtig gut.« »Möchtest du, dass ich mit ihr rede?«
    »Nicht sofort. Das würde so wirken, als hätte ich dich darum gebeten.«
    »Ich wollte diese Woche ohnehin bei ihr vorbeischauen«, log er. »Na ja, wenn es so ist ...«
    »Ruf an, wenn du genau weißt, wann du kommst, Mama.«
    Er trank einen Springbank in der Morris Bar. Es war die blaue Stunde. Er war allein in der Bar. So sollte es immer sein. Allein in einer Bar in der blauen Stunde, die ganze Woche Samstag. Die Weh löste sich langsam in Alkohol auf. Viel war nicht nötig. Er rief zu Hause an.
    »Ich sitze bei Morris. Kannst du nicht auch kommen?« »Soll das ein Witz sein?«
    »Tja ...«
    »Soll ich die Kinder mitbringen?« »Warum nicht?«
    »Damit sie ihren Vater auch mal sehen. Ich gehe mit den Kindern in eine Bar, damit sie ihren Vater wenigstens hin und wieder zu Gesicht bekommen.«
    »Es ist nett hier«, sagte er, »und leer. Keine Menschenseele. Und sie haben Kreide.« »Kreide?«
    »Kreide zum Malen. Man kann lustige Männchen malen.« Angela lachte auf. Das Lachen klang fast genauso rau wie Sivs, ohne dass Angela eine einzige Zigarette in ihrem Leben geraucht hatte.
    »Dann kannst du ein Mittagessen zeichnen«, sagte sie. »Hier gibt's nämlich keins. Du wolltest zur Markthalle gehen.« »Das Essen bei Morris schmeckt gut.«
    »Wie viele Whiskys hast du schon getrunken?«
    »Nur einen. Es ist doch noch nicht mal sechs. Ich schicke euch ein Taxi.«
    »Erik ...«
    »Und Siv hat angerufen. Sie kommt vielleicht am Wochenende.«
    »Ach?«
    »Jetzt hat das schlechte Gewissen sie eingeholt. Sie möchte ihre Enkelkinder treffen.«
    »Na, die werden sich aber freuen.«
    »Hast du in der letzten Zeit mit Lotta gesprochen?« »Nein ... ja ... wieso?«
    »Siv glaubt, es geht ihr nicht besonders.«
    »Was ist mit dir? Hast du sie in der letzten Zeit gesprochen?« »Es ist wahrscheinlich schon einige Wochen her.«
    »Vielleicht solltest du es tun.«
    »Mach ich. Heute Abend rufe ich sie an.« »Von wo?«
    »Wieso?«
    »Von der Bar oder von zu Hause?«
    Winter ließ das Glas in der Hand kreisen. Leider war es leer. Er sah eine größere Gruppe, die draußen vor den Fenstern stehen blieb. Sie schienen ihn anzustarren, ihn anzuglotzen. Plötzlich fühlte er sich wie ein Promi, was er in gewisser Weise ja auch war. Go away. Dieses Lokal ist nichts für euch. Sie sahen aus wie Kommunalbeamte, vielleicht auch Werbeleute, Journalisten. Ein Unterschied war nicht zu erkennen. Sie sahen alle gleich bescheuert aus. In Kürze würden sie hereinkommen, und nach einigen Gläsern würde diese hemmende, hölzerne Zugeknöpftheit gegen viereckige Lebensfreude ausgetauscht werden, was zu beobachten ebenso wenig Vergnügen bereitete. Jetzt kamen sie durch die Tür. Schrille Frauenstimmen, räudiges Lachen, das sein Blut gefrieren ließ.
    »Zu Hause«, antwortete er. »Ich sprinte rüber zur Markthalle und bring dir das Mastkalb.«
    Aus dem Abend wurde nichts. Winter schaffte es gerade noch, die Kalbsschnitzel vorzubereiten und sie auf beiden Seiten zu panieren, dann durchbohrten die Kopfschmerzen seinen Stirnlappen mit einer solchen Kraft, dass er fast das Bewusstsein verlor. Er musste sich auf der Anrichte abstützen. Das Licht in der Küche erschien ihm auf einmal sehr grell, aber es war gar nicht hell, nur neben der Abzugshaube brannte Licht. Er spürte die Schmerzen über dem linken Auge, und plötzlich begannen sie von einer Seite zur anderen zu wandern. Als ob in seinem Schädel Tennis gespielt würde. Federer gegen Federer, bumm, bumm, bumm. Diesmal hatte es keine Vorwarnung gegeben. Kein einziges Zeichen, dass das verdammte Match lief. Und er hatte keine Blitze oder Zickzackmuster vor den Augen gehabt. Von irgendwoher hörte er Angela und die Kinder. Sein Gesichtsfeld war jetzt eingeschränkt. Er hielt sich in der Küche fest, wo er nur konnte, während die Schmerzwelle ihn überspülte. Wieder hörte er Stimmen.
    »Es waren mehrere. Irgendetwas war merkwürdig daran.« »Inwiefern?«
    »Das versuche ich

Weitere Kostenlose Bücher