Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toter Mann

Toter Mann

Titel: Toter Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
Vom Netzwerk:
Leute tranken. Die neuen Andalusier tranken Gin Tonic, die alten Sherrysorten, Montilla und Malaga. Aber Siv hatte ihr Trinken in den vergangenen Jahren eingeschränkt, vielleicht nachdem Bengt Winter im Hospital del Sol am Stadtrand von Marbella gestorben war. Dort hatten sie sich zum letzten Mal gesehen. Erik Winter hatte das Gefühl gehabt, als wäre es eins der ersten Male gewesen. Und dann war alles zu Ende gewesen. Es gab keine Alternativen mehr. Nicht einmal Phantasie würde helfen. Man war tot oder man lebte. Dazwischen gab es nichts. Jedenfalls glaubte er das. Etwas wie fast tot gab es nicht.
    »Wie geht es dir, Erik, wie geht es euch?« »Gut.«
    »Und den Mädchen?« »Denen geht es prima.«
    »Ich möchte für eine Weile nach Schweden kommen.« »Ja, ich weiß. Aber ich weiß nicht, warum.«
    »Muss es immer einen Grund geben?«
    »Nein, nein.«
    Er hörte ihr leicht röchelndes Atmen und plötzlich ein raues Lachen. Winter fiel der Ausdruck Galgenhumor ein. Siv Winter hatte weiter ihre Prince geraucht, lange nachdem die Warnung auf den Schachteln ihr sagten, dass sie sterben würde, wenn sie rauchte. Das war Galgenhumor. Den Daumen zum Henker hochzurecken, während er einem die Schlinge um den Hals legte. Ein breites Lächeln von beiden Seiten: Diese Sache wird gut enden.
    »Ich vermisse euch so.« »Hm,ja.«
    »Eigentlich müsstet ihr hierherziehen. Die Klinik fragt jeden Tag nach Angela.«
    »Bist du jeden Tag in der Klinik?« »Du verstehst, wie ich das meine.«
    »Aber was soll ich denn tun? Darüber haben wir doch gesprochen, Mama.«
    »Du könntest dir eine Weile Ruhe gönnen.«
    »Wir waren gerade ein halbes Jahr im Paradies des Nichtstuns. Mehr Ruhe brauche ich im Augenblick nicht.« »Deine Stimme klingt nicht entspannt, Erik.«
    Er antwortete nicht. Wenn dieses Gespräch beendet war, würde er sich in der Morris Bar ein Glas genehmigen. Sie lag nur fünfzig Meter entfernt. Jetzt fühlte er sich entspannter, und bald würde er noch mehr entspannen. Sicherheitshalber würde er vorher draußen einen Corps rauchen. Er blieb stehen, direkt vor der Domkirche. Eben noch hatte er ihre Glockenschläge gehört, sie waren dunkler, schwerer als die Glocken der Christina-Kirche. Das war vielleicht das Privileg einer Domkirche.
    »Dann bist du also auf dem Weg nach Hause?«, fragte er. »Genau. Eben habe ich Lotta angerufen, und sie hat sofort gesagt, ich soll kommen. Ich kann bei ihr wohnen, so lange ich will.« »Gut.«
    Er wusste, dass er ihr auf der Stelle das gleiche großzügige Angebot machen müsste, aber er wusste, dass sie wusste, dass er wusste, dass sie es wusste, und deswegen brauchte er kein Wort darüber zu verlieren. In Zukunft würde die Menschheit möglicherweise eine andere Form der Kommunikation entwickeln. Oder war es eine zwingende Abwicklung? Die Sprache war die wichtigste Fähigkeit des Menschen, deswegen war er Mensch. Aber dieses Gespräch war ziemlich blöd gelaufen. Das Scheißgefasel hat die Kommunikation zerstört, dachte er. Und ich bin immerhin ein eher schweigsamer Mensch. Lieber die Klappe halten und Zeichensprache benutzen. So wird es kommen. Reden braucht zu viel Zeit, zum Reden wird in Zukunft niemand mehr Zeit haben. Dabei leben wir schon in der Zukunft. Diese Geschichte spielt sich in der Zukunft ab.
    »Ich dachte Sonntag«, sagte Siv Winter. »Oder Montag. Ich habe eben beim Reisebüro angerufen.«
    »Du bist herzlich willkommen.« »Vielleicht bleibe ich ein bisschen länger.« »Klar.«
    »Ich meine wirklich lange. Ich überlege, mir eine Wohnung zu kaufen.«
    »Das klingt gut.«
    »Aber deine Stimme klingt nicht so, als würdest du das meinen.«
    »Ich finde es wirklich gut, Mama.«
    »Na, wir werden sehen. Ich ... möchte die Mädchen öfter treffen. Elsa und Lilly, und Bim und Kristina natürlich auch. Es ist, als würde ich ... als würde etwas passieren, wenn man älter wird. Ich habe ein schlechtes Gewissen, dass ich Bim und Kristina so selten gesehen habe, als sie noch kleiner waren. Bei Elsa und Lilly will ich nicht denselben Fehler begehen.«
    »Ich glaube nicht, dass sie es so empfinden. Ihr seid doch sehr viel zusammen gewesen.«
    »Weil ihr hier wart, ja. Aber das ist nicht die Regel.«
    »Ich hab nicht mitbekommen, dass Bim und Kristina sich beklagt hätten, dass ihr euch zu selten gesehen habt«, sagte Winter. »Siehst du, du sagst es selbst.«
    »So habe ich es nicht gemeint.«
    Er wusste eigentlich nicht, wie er es meinte. Er hatte Lottas Töchter im

Weitere Kostenlose Bücher