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Toter Mann

Toter Mann

Titel: Toter Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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auf.
    »Ich habe Sie vorhin nach jemandem gefragt, Bengt Sellberg. Ist Ihnen der Name bekannt?« »Bengt ... Bengt was?« »Sellberg. S-e-l-l-berg.«
    Sie schüttelte den Kopf. Sie sieht aus, als könnte sie sich im Moment an keinen einzigen Namen der Welt erinnern, dachte Winter. »Kommt Ihnen der Name bekannt vor?«
    »Nein.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Was wollen Sie eigentlich? Warum kommen Sie zu mir?!« Ihre Stimme war schrill und überschlug sich.
    Winter hörte Schritte auf der Treppe. Das Mädchen kommt wieder herunter, oder der Sohn, oder beide, dachte er. So geht das nicht. So können wir nicht weitermachen.
    »Hatten Sie gestern Abend oder in der Nacht Kontakt zu Ihrem Mann?«, fragte er rasch.
    »Nein, das hab ich doch gesagt.« »Oder währ ...«
    »Wissen Sie wirklich nicht, wo er ist?«, unterbrach sie Winter. »Nein.«
    »Mama? Was machen die hier?«, hörte Winter eine Stimme hinter sich. Er drehte sich um. Jetzt war es der Sohn. Der Junge sah aus, als wäre er etwa im gleichen Alter wie das Mädchen. Er hielt einen Baseballschläger in den Händen.
    Christian Lejon wusste, wann er Gangster geworden war. Gangster. Das erinnerte ihn an Filme, die er gesehen hatte. Nicht dass er viele gesehen hätte. Aber diese Schwarzweißfilme, in denen die Leute rauchten und der Rauch wie Wolken über die Leinwand trieb. Das sah gut aus, das gefiel ihm. Und die Hüte, die Hüte gefielen ihm auch. Sein Vater hatte einen Hut gehabt, daran erinnerte er sich gut. Er hatte ihn sonntags getragen. Manchmal hatten sie einen Ausflug in die Stadt unternommen, vielleicht nach Guldheden, wo die Großmutter, Vaters Mutter, gewohnt hatte, die so gut backen konnte. Das war jedoch alles, woran er sich erinnerte. Jetzt hörte er die verdammte Ramme vor dem Fenster. Er wünschte, er könnte sie vergessen oder vergessen, dass es so etwas überhaupt gab. Vielleicht sollte er taub werden. Aber das wollte er nicht. Er wollte kein Handicap, und er gedachte auch nicht, sich eins zuzulegen. Dieser Job hatte seine Risiken, doch die gab es in allen Jobs. Die Männer auf dem Bau konnten zermalmt werden, von einem Gerüst fallen. Sein Vater war von einem Gerüst gefallen. Die Scheißkerle hatten ihn gezwungen, im Sturm hinaufzusteigen, und er war heruntergefallen. So war es passiert. Er wusste, dass es an dem Tag gestürmt hatte. Am selben Tag hatte er beschlossen, sich niemals zwingen zu lassen, auf so ein verdammtes Gerüst zu klettern. An dem Tag hatte er beschlossen, sich niemals von irgendjemandem irgendetwas befehlen zu lassen. Von der Werft war jemand gekommen, und seine Mutter hatte den Mann hinausgeworfen. Mutter hatte es erzählt oder vielleicht auch Großmutter. Sie hat ihn hinausgeworfen! Deswegen bewunderte er seine Mutter. Sie hatte etwas gewagt. Und er wagte auch etwas.
    Sie fuhren durch das frühmorgendliche Göteborg. Die Müllwagen waren schon unterwegs. Es war ein gewöhnlicher Tag. Sie kamen an Liseberg, dem Vergnügungspark, vorbei. Seine Türme und Zinnen bildeten eine eigene Stadt. Am letzten Wochenende der Saison würde er mit seinen Töchtern hingehen. Aber wenn dieser In dian summer so weiterging, würde es vielleicht nie ein Saisonende geben.
    Winter bog rechts in den Korsvägen ein. Leute transportierten riesige verpackte Ballen in die Messehalle, als sollte eine Messe für Seeverkehr, Containerverkehr stattfinden. Jede Woche fand irgendeine Messe statt. Man konnte zu allem eine Messe veranstalten. Das erinnerte ihn plötzlich daran, dass er schon lange nicht mehr in der Kirche gewesen war. Er würde mit den Kindern in die Vasa-Kirche gehen. Das Singen würde ihnen gefallen. Die Choräle sang er immer laut mit. Schönster Herr Jesus, Herrscher aller Herren, Marien Sohn. Sie fuhren am Bergakungen vorbei. Das Kinocenter war ziemlich neu, aber Winter war noch nicht drin gewesen. Vielleicht würde er nie hingehen. Schwarzweißfilme hatte er am liebsten, konnte sich aber nicht vorstellen, dass hier welche gezeigt wurden. Die Darsteller sahen so verdammt gut aus in Schwarzweiß, wenn sie rauchten. Plötzlich hatte er Lust auf einen Zug. Er würde sich einen Corps gönnen, wenn er auf dem hübschen Parkplatz vorm Polizeipräsidium ausstieg.
    »Mein Gott«, sagte Ringmar wieder. »Der Junge.« »Ob er das schon mal gemacht hat?«, sagte Winter.
    »Jemand mit einem Baseballschläger bedroht? Seine Mutter verteidigt?« »Beides.«
    »Wo zum Teufel steckt der Kerl«, sagte Ringmar.
    Das war keine Frage. Es klang eher wie etwas

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