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Toter Mann

Toter Mann

Titel: Toter Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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nicht. »Ich habe keine Probleme mit dem Auto.«
    »Hast du ihn schon gefunden, der dich angefahren hat?« »Noch nicht.«
    »Viel Glück.«
    »Ich brauche keine Glückwünsche.«
    Winter war auf dem Rückweg von Hagen. Er hatte noch über einige andere Dinge mit Lotta sprechen wollen, die Zeit war jedoch zu knapp geworden. Vielleicht hatte er es auch bewusst hinausgezögert.
    Aber er fuhr nicht nach Hause. In der Sprängskullsgatan fuhr er geradeaus weiter und bog nach rechts in die Allen ein. Er fuhr an Heden und Ullevi vorbei, die Hügel nach Lunden hinauf und parkte vor Sellbergs Haus. Die Absperrbänder im Wäldchen rechts leuchteten im Abendlicht wie ein Teil des Himmels darüber, blau, weiß, schwarz. Sie waren noch da, das war aber auch alles. Er glaubte nicht, dass er etwas finden würde. Eine Hülse, das würde reichen. Winter ging hinüber. Er stellte sich vor den Baum. Hier hatte der Schütze gestanden. Winter sah die Straße, den Garten, das Haus, die Bäume hinter dem Haus. Er zog seine eigene SIG Sauer, hob sie und zielte. Hoffentlich hatte er keine Zuschauer. Seinem Ziel fehlte ein Detail. Der Schriftsteller. Jacob Ademar. Wenn er wirklich dort gestanden hatte. Vielleicht war es erfunden. Eine Lüge. Fiktion. Winter senkte seine Pistole. Warum hätte Ademar das erfinden sollen? Um sich selbst zu schützen? Hatte Winter ihn zu leichtfertig laufen lassen? Nein, er war nicht untergetaucht, sondern in Stockholm, und das befand sich ja in keinem fremden Land. Auch wenn es den Stockholmern nicht gefiel, die Hauptstadt stand noch immer in Verbindung mit dem restlichen Land, jedenfalls auf der Landkarte.
    Winter steckte die Waffe in das Schulterholster und überquerte die Straße. Von hier wirkte die Absperrung des Grundstücks stabiler, als wäre sie eine ernstzunehmende Angelegenheit. Vielleicht entstand dieser Eindruck durch die Menge der Bänder. Das Haus sah aus wie zu einer Feier geschmückt, Hochzeit, Taufe, ein runder Geburtstag, Examen. Beerdigung, dachte er. Es ist für eine Beerdigung geschmückt. Wenn jemand stirbt, kommt die Polizei und schmückt es blauweiß.
    Winter ging auf das Haus zu und zögerte vor der Tür. Sellberg, den er nur als Toten gesehen hatte, soll ein Hitzkopf gewesen sein, hieß es. Aber in diesem Haus hatte er offenbar eine Art Frieden gesucht, möglicherweise ein Versuch, sich vor sich selbst zu schützen. Es hatte ihm nichts genützt.
    Winter trug den Haustürschlüssel bei sich. Er schloss auf und betrat die Diele, die eigentlich keine Diele war, sondern eher ein Raum, der in ein größeres Zimmer im hinteren Teil mit Blick in den Garten überging. Winters Taschenlampenlicht zerschnitt die hier herrschende Dunkelheit. Die gelbe Farbe. Die Farbe der Feigheit. Er ging weiter. Überall war es still. Da die Straße so abseits von allem lag, war es still wie auf dem Lande.
    Die Stille wurde brutal vom Klingelton seines Handys zerrissen. »Ja?«
    »Hier ist ein Repräsentant deiner Familie.« »Das höre ich.«
    Er hatte die Taschenlampe gesenkt, die nun seine Schuhe beleuchtete. Sie wirkten besser geputzt, als sie es waren. Trotzdem war es Zeit für ein neues Paar. Es war sowieso mal wieder Zeit für eine Reise nach London. Er würde Steve zu dem Meister des Leistens in Mayfair mitnehmen. Steve würde ironisch lachen, aber dann würde er sich vielleicht auch ein Paar bestellen. Füße waren zu wichtig, um in anonyme Schuhe gepresst zu werden. Es war ein Gefühl, als ziehe man einen Anzug an.
    »Wo bist du, Erik?«
    »Ich stehe in einem leeren, dunklen Haus. Ein Todeshaus, könnte man sagen.« »Klingt gemütlich.« »Ich bin bald daheim.«
    »Das wolltest du schon vor einer Stunde sein.« »Entschuldige.«
    »Die Kinder sind zu müde, um zu warten.« »Morgen kommt ein neuer Abend.«
    »Es kommen neue Todeshäuser.«
    »Ich habe eine ... ich weiß nicht. Du weißt schon.« »Einen Anflug von Intuition?«
    »Ja.«
    »Was hat sie dir gesagt?«
    »Dass ich zu diesem Haus fahren soll, zu dem Haus von Sellberg, weißt du, der, der ermordet wurde.«
    Er sagte nicht, dass er den Schlüssel noch gar nicht abgegeben hatte. Vielleicht auch ein Teil der Intuition.
    »Warum musstest du hinfahren?«
    »Das weiß ich noch nicht.«
    »Gute Nacht, Erik.«
    Sie legte auf. Er betrachtete den kleinen Apparat, der aufgehört hatte zu leuchten, steckte ihn in die Jacketttasche und hob die Taschenlampe. Warum hatte er hierher fahren müssen? Weil dieses Haus viele Fragen offen ließ und wenige

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