Toter Mann
zuschwamm.
»Da ist was dran«, sagte Winter.
»Warum kommst du nicht öfter her, Erik?« Vennerhag lächelte wieder. »Wir können einen Club gründen. Jeden Tag ein Sprung ins kühle Nass, nachmittags, abends.«
»Ich habe erst jetzt erfahren, dass du hier wohnst, Benny.« »Ja, das hast du schon gesagt, als du angerufen hast.« Benny begann zu schwimmen. »Hab gehört, dass du ein Strandgrundstück in Billdal gekauft hast. Aber aus dem Hausbau wird wohl nichts.«
»Ach?«
»Jedenfalls nicht, soweit ich gehört habe.« »Hältst du mich unter Kontrolle?«
»Machst du Witze? Klar hält man dich unter Kontrolle. Du bist berühmt.«
»Es gibt vermutlich noch andere Gründe«, sagte Winter. »Wie meinst du das?«
»Man hält doch seine Feinde unter Kontrolle.«
»Fein ...« Vennerhag hörte auf zu schwimmen und begann wieder, Wasser zu treten. »Was sagst du da, Erik! Sind wir beide etwa immer noch verfeindet? Warum sollten wir? Ich habe nichts mehr mit meinem alten Leben zu schaffen. Das waren Jugendverirrungen, und du weißt das, Erik. Du weißt alles über die Verirrungen meiner Jugend.«
Er lächelte wieder. Er hat keine Angst, dachte Winter, dass ich wieder versuchen könnte, ihn zu ertränken.
»Grüß Lotta, wenn du sie siehst.« Vennerhag lächelte noch breiter.
»Nein«, sagte Winter und schwamm zum Anleger zurück.
»Ist dir kalt, Erik?«, hörte er Vennerhag hinter sich, aber er antwortete nicht.
*
Sie ließen sich in der Sonne auf dem Anleger trocknen. Vennerhag hatte zwei Flaschen Bier aus dem Kühlschrank im Badehaus geholt. Winter trank zögernd, aber vielleicht würde er eine Weile bleiben. Die Sonne glitzerte über den Klippen auf der anderen Seite des Askimsfjords. Sie gehörten zu den südlichen Schären. Er konnte sie auch weiter südlich von seinem eigenen Grundstück aus sehen. Er dachte an Beatrice. Vielleicht war sie nie dazu gekommen, zum letzten Mal schwimmen zu gehen, oder es war genau das, was sie getan hatte. Er war überzeugt, dass sie tot war. Irgendwo war ihre Leiche. Die Überreste.
Benny Vennerhag prostete ihm mit der Flasche zu und trank. Er sah aus wie ein glücklicher Idiot. Aber er war kein Idiot. Glücklich vielleicht, aber er war lebensgefährlich. Das perfekte Beispiel eines Soziopathen.
»Du bist noch eine Stufe höher gerückt auf der Welt, Benny.« Winter zeigte auf das Haus. Es schwebte im feuerroten Nachmittagslicht, als wollte es von den Klippen abheben. »Wann hast du es gekauft?«
»Tja, ich glaub, vor drei Jahren.« »Und was hast du dafür bezahlt?« »Siebenundzwanzig Millionen.« »Mehr nicht?«
»Der Verkäufer hatte es eilig auszuziehen.« Benny Boy lächelte wieder. »Deswegen hab ich es billiger bekommen.«
»Ach, wirklich.« Winter nahm einen weiteren Schluck. Das Bier schmeckte sehr herb. Jever. »Ich vermute, du hast bar bezahlt.« »Selbstverständlich, aber nicht ich, sondern meine Firma.« »Welche von deinen Firmen?«
»Spielt das eine Rolle?«
»Teilweise sind die Geschäfte in dieser Stadt in den letzten Jahren verdammt gut gelaufen«, sagte Winter.
Auf der Straße kamen zwei Frauen auf dem Fahrrad vorbei. Sie trugen breitkrempige Sonnenhüte. Ihre Röcke flatterten im Wind. Es sah aus, als winkte eine der Frauen herüber. An ihrem Lenker hing ein niedlicher Fahrradkorb.
»Manchmal lade ich eine dieser süßen Puppen, die gerade vorbeikommt, ein«, sagte Vennerhag und folgte den Frauen mit den Augen. »Es können auch mal zwei sein.«
»Hast du nie daran gedacht, eine Familie zu gründen, Benny?« »Doch.« Vennerhag suchte Winters Blick. »Einmal. Aber sie wollte mich nicht. Erst wollte sie, aber dann hat sie ihre Meinung geändert.«
»Aha.«
»Dann wäre jetzt vieles anders, Erik.« Vennerhag setzte die Flasche ab. »Stell dir mal vor, wie viel Spaß wir beiden hätten haben können. Dieselbe Familie und alles.«
»Wir haben doch jetzt auch Spaß, Benny.«
»Und wie. Aber wie viel Spaß hast du, Erik? Ist es eigentlich lustig, eine Familie zu haben?«
»Was für eine blöde Frage!«
»Du scheinst viel Zeit in den Bars der Stadt zu verbringen. Es wirkt fast so, als wolltest du den Kuchen behalten und ihn gleichzeitig aufessen.«
»Lässt du mich beschatten, Benny?« Vennerhag antwortete nicht.
»Ich habe eben gesagt, dass manche Geschäfte in den letzten Jahren in dieser Gegend sehr gut gelaufen sind.«
»Im Augenblick besonders gut«, sagte Vennerhag.
»Was denn? Menschenhandel? Bewaffnete Überfälle? Prostitution?
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