Totes Meer
brauchte Hoffnung. Nichts davon hatten wir auf Lager. Wir standen rum, ohne zu reden. Es gab nicht viel zu sagen. Wir hatten Baltimore überlebt, waren den Zombies und dem Feuer entkommen, hatten eine Zuflucht gefunden... und bis jetzt waren schon drei von uns gestorben. Es fühlte sich an, als wäre es für den Rest von uns nur noch eine Frage der Zeit. Es gab keinen sicheren Hafen.
Wie bei uns anderen war Chief Maxeys Stimmung gedrückt. Er lächelte nicht und wünschte uns keinen guten Morgen. Stattdessen kam er sofort zur Sache.
»Ich habe beschlossen, Kurs auf eine Ölplattform zu nehmen, die sich weiter draußen auf See befindet. Sie liegt ungefähr zwei Tagesreisen von unserem jetzigen Standort entfernt. Ich habe versucht, sie über Funk zu erreichen, aber noch keine Antwort erhalten. Das kann drei Ursachen haben. Entweder ist die Plattform nicht mehr da, was ich stark bezweifle, oder die Mannschaft ist nicht mehr an Bord, was eine Möglichkeit wäre. Sie könnte evakuiert worden sein.«
»Und die dritte Möglichkeit?«, fragte der Professor.
»Die Mannschaft ist noch an Bord, kann aber nicht antworten, weil alle tot sind.«
»Wundervoll«, sagte Basil. »Genau das, was wir brauchen – noch mehr von diesen Dingern.«
»Wie dem auch sei, bis wir unser Ziel erreichen und es sicher wissen, werde ich unsere Rationen weiter verkleinern. Falls wir dort ankommen und die Plattform verschwunden ist, bin ich nicht sicher, wo wir als Nächstes hinfahren sollten. Wie Sie alle wissen, endete der Landgang in einer Katastrophe, und wir konnten unsere Vorräte nicht ausfüllen. Deshalb will ich, dass unsere Anstrengungen beim Fischen verdoppelt werden. Von jetzt an werden wir hauptsächlich von dem leben, was wir aus dem Meer holen können, und zwar so lange, bis ich etwas anderes bekanntgebe.«
Joan hob die Hand. »Aber Sie sagten doch, dass es nur zwei Tagesreisen seien. Wir haben doch bestimmt
noch genügend Vorräte, um so lange durchzuhalten.«
»Stimmt.« Der Chief nickte. »Aber wir wissen nicht, ob wir dort Nachschub finden werden, und unsere eigenen Vorräte werden nicht ewig halten. Sie werden langsam knapp. Also halten wir uns vorerst an Fisch. Alle anderen Rationen werden auf eine Mahlzeit pro Tag beschränkt. Kein Kaffee oder Tee oder Sonstiges, was unseren Wasservorrat angreift. Nick, sorgen Sie dafür, dass das auch Tran klargemacht wird.«
»Ich werde es versuchen«, sagte Nick. »Ich glaube, er versteht Englisch besser, als er es spricht.«
Wieder nickte der Chief. »Ich hoffe, der Rest von uns wird Geduld und Verständnis dafür aufbringen.«
Es wurde ein gewisser Unmut laut, aber eigentlich hatten wir keine andere Wahl. Er hatte Recht. An Land hatte jeder von uns getan, was nötig war, um allein zu überleben. Jetzt taten wir dasselbe als Gruppe. Wenn die menschliche Rasse überleben sollte, mussten wir zusammenarbeiten. Selbst wenn wir keinen Sinn mehr darin sahen. Selbst wenn wir nicht mehr daran glaubten.
In dieser Nacht konnte ich nicht schlafen. In der Hitze klebte das Laken an meinem Körper. Mitch war nicht in seinem Bett, ich hatte ihn seit dem Abendessen nicht mehr gesehen. Malik und Tasha waren über ihren Comics eingeschlafen. Trotz der Temperaturen schienen sie zu frieren. Beide hatten sich eng zusammengerollt. Ich deckte sie zu und löschte das Licht.
Dann stand ich in der Dunkelheit und überlegte, was ich tun sollte. Ich fühlte mich angespannt und nervös. Das Schiff wurde in der Stille lebendig, stöhnte und knirschte. Die Maschinen tuckerten, die Rohre tickten. Ich beschloss, nach draußen zu gehen. Vielleicht würde die frische Luft mir guttun. Ich hatte Schuldgefühle, weil ich die Kinder allein ließ, aber gleichzeitig war ich rastlos und wollte sie nicht aufwecken, indem ich blieb. Also schlich ich aus der Kabine und schloss vorsichtig die Lukentür hinter mir. Sie fiel trotzdem krachend ins Schloss. Ich fuhr zusammen, hielt den Atem an und wartete, um zu sehen, ob ich die Kinder aufgeweckt hatte. Als von drinnen kein Laut kam, ging ich den Gang hinunter.
Laut Aussage des Chiefs sollte später in der Nacht oder am frühen Morgen ein Sturm aufziehen. Auf jeden Fall war es draußen stockdunkel. Eine dicke Wolkenschicht überzog den Himmel und verdeckte Mond und Sterne. An Land gab es keine Lichter und auch auf dem Schiff nicht. Chief Maxey bestand darauf, ohne zu fahren, damit wir keine Piraten oder Plünderer anlockten. Ich hob die Hand vors Gesicht und wackelte mit
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