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Totes Zebra zugelaufen

Totes Zebra zugelaufen

Titel: Totes Zebra zugelaufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ball
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Überlegen. Der große Mann tauchte vor ihm auf.
    Tibbs wußte, daß er gewichtsmäßig unterlegen war, als er dem Mann gegenüberstand, der in ihm einen tödlichen Feind erkannte. Er bemühte sich bewußt, ruhig zu atmen und seinen Körper zu entspannen, um mit äußerster Schnelligkeit handeln zu können. Wie er es in vielen Jahren gelernt hatte, wartete er darauf, daß der andere den ersten Schritt tun würde.
    Er kam plötzlich und unvorhergesehen. Der unförmige Mann sprang seitwärts und hob den Fuß zu einem hinterhältigen Tritt in Tibbs' Rückgrat. Als das Bein durch die Luft schwang, drehte sich Tibbs blitzartig nach links. Er ließ sich fallen, das linke Bein gebeugt, mit dem Knie nach außen, das rechte Bein hart gegen den Boden gepreßt. Der größte Teil seines Gewichts ruhte nun auf den Muskeln unterhalb des linken Knies, entsprechend der Karate-Übung, die senkutsu-dachi heißt. Er schnellte den linken Arm vor dem Körper hoch, den Ellbogen abgewinkelt, die Hand zur Faust geballt, und stemmte auf der Innenseite des Ellbogens die rechte Faust dagegen. Als der Fuß des Angreifers diese solide Abwehr traf, schoß der Schmerz durch Tibbs' ganzen Arm, doch die Wucht des Schlages blieb wirkungslos.
    Tibbs konterte sofort. Er verschränkte die Arme über der Brust, als wäre ihm kalt, und stieß dem Angreifer mit konzentrierter Kraft seine Ellbogen in den vorgeneigten Oberkörper.
    Der Mann stieß einen unartikulierten Schrei aus, als der Schlag ihn traf, und schwang seine mächtige Faust nach Tibbs' Unterleib. Mit aller ihm zu Gebote stehenden Kraft wehrte Tibbs den Hieb mit dem Handgelenk ab. Die Faust des anderen wurde abgelenkt. Tibbs nutzte diesen Bruchteil einer Sekunde, da er sich im Vorteil befand, lehnte sich nach links, hob seinen rechten Fuß kniehoch und setzte zum Stoß in die Achselhöhle seines Gegners an.
    Aber auch der massige Angreifer hatte Übung. Er parierte den Stoß mit seinem muskulösen Unterarm und zog das Knie hoch, um Tibbs in den Unterleib zu treten. Da Tibbs sein rechtes Bein ebenso rasch wieder zurückgerissen hatte, verlor er das Gleichgewicht nicht und stieß sein linkes Knie vor, um den Schlag abzufangen. Das war kein Training, sondern ein Kampf auf Leben und Tod, bei dem keiner der Gegner Erbarmen kannte. Tibbs war sich dessen voll bewußt. Er stemmte seinen rechten Fuß mit gebeugtem Knie fest auf die Erde und versuchte es mit einem Seitentritt. Er legte seine ganze Konzentration in diesen Stoß, spürte, wie die äußere Fußkante den Brustkasten seines Gegners traf, und wußte, daß die Wucht dahinter ihre Wirkung nicht verfehlt hatte.
    Trotz der kühlen Nachtluft mußte er mühsam nach Atem ringen. Sein Hemd klebte ihm an der Haut, große Schweißtropfen standen auf seiner Stirn. Sein linkes Handgelenk, mit dem er den auf seinen Unterleib gezielten Schlag abgefangen hatte, schmerzte. Er mußte neue Kraft schöpfen.
    Einen Moment unterbrachen beide Männer den Kampf, starrten einander ins Gesicht, in der Erkenntnis, daß der andere geübt und gestählt war — der eine im rücksichtslosen Nahkampf, der andere in der tödlichen Kunst des Karate. Tibbs ließ sich durch die Atempause nicht täuschen. Er schob sein linkes Bein vor, sank noch tiefer und spähte im Schein des Mondlichts forschend nach den Augen des anderen, denn dort mußte die erste Warnung aufblitzen.
    Er sah das Flackern, noch ehe die Faust vorschnellte, und hob den linken Arm zur Abwehr. Wenn der Schlag eine Finte war, dann war er bereit. Doch er war blutiger Ernst. Tibbs drehte sich um fünfundvierzig Grad, ohne die Füße zu bewegen. Dann bemerkte er schlagartig, daß der andere seinen ersten Fehler begangen hatte: Sein Unterkörper war ungedeckt.
    Tibbs linker Arm schoß vorwärts, nicht um zu schlagen, sondern um ihm Schwungkraft zu verleihen. Den Körper ganz entspannt, riß er den Arm zurück, drehte sich in den Hüften und fügte seiner konzentrierten Kraft die Stärke seiner Schultern hinzu, die sich ebenfalls drehten, so daß er seinen Angreifer frontal vor sich hatte. Das Zusammenwirken von Hüft- und Schulterdrehung, gekuppelt mit der Schwungkraft, die er aus dem Zurückreißen des linken Armes schöpfte, verlieh dem blitzartigen Schlag ungeheure Kraft. Tibbs hielt seine Ellbogen eng am Körper, während seine rechte Faust gerade vorschoß.
    Im letzten Moment vor dem Aufprall spannte er den ganzen Körper an — Beine, Hüften, Schultern und Arme —, und die Faust traf mit der gesammelten Kraft

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