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Totgeburt

Totgeburt

Titel: Totgeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam E. Maas
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noch mal?“
    Er sah sie verstört an.
    „Wo warst du gerade?“
    „Hier, du Idiot“, sagte sie und drehte sich wieder dem Fernseher zu.
    „Nein, ich wollte wissen, was das mit den Raumerfrischern und so soll“, rief er, bevor sie sich wieder verabschieden konnte.
    „Du stinkst“, sagte sie wütend.
    Sie drehte sich zu ihm um, sah schon die Tränen in seinen Augen stehen und den offenen Mund, der weiterhin seine Ausdünstungen von sich gab.
    „Och, Baby. So war das nicht gemeint. Alle Menschen stinken, du bist keine Ausnahme“, versuchte sie ihn zu trösten.
    Er drehte sich weg und wollte schon aufstehen, da zog sie ihn zu sich und umarmte ihn. Er stank, das Deo half nicht. Ja, Menschen stanken, aber dieser hier ganz besonders.
    „Nichts persönliches?“, fragte er schluchzend.
    „Nein, das ist leider allzu menschlich, Baby“, sagte sie und klopfte ihm auf die Schulter.
    „Tina?“, fragte er.
    Nie wieder würde sie sich so nennen!
    „Was ist, Baby?“
    „Ich finde, du stinkst nicht. Du riechst gut“, sagte er.
    „Danke, Baby“, flüsterte sie und sah über seine Schulter. Der Film ging weiter. „151, OK. Goodhew, danke“, flüsterte sie.
    ***
    „Der Typ stinkt noch mehr als früher. Was zum Teufel haben Sie mit dem gemacht?“, fragte sie.
    „Chemikalien. Sein Körper stellt sich auf sie ein. Außerdem stinken kranke Menschen oft, nicht gewusst? Wieso bist du bloß so empfindlich?“, wollte er wissen.
    „Empfindlich? Sie müssen den ja nicht ficken und küssen, Doktor“, sagte sie gereizt.
    Ihr Blick fiel auf den schlafenden Mann neben ihr — Schlaftabletten wirkten Wunder. Der Doktor lachte.
    „Jeder tut, worin er am Besten ist, liebe Marie.“
    Marie schlug dem schlafenden Sebastian in die Seite.
    „Sonst noch was, Mann?“, fragte sie.
    „Ja. Mach ihn fertig. Es ist so weit“, sagte der Alte.
    „Gut. Ich gebe ihm das scheiß Miami Zeug“, meinte sie.
    „Tu das, Marie“, sagte er und legte dann auf.
    Dieses Miami Zeug war schon lustig. Es hinterließ keine Spuren, nicht im Blut und nicht im Haar. Man konnte damit schräge Dinge anstellen oder vielmehr Leute schräge Dinge machen lassen. Man konnte ihnen Ideen in den Kopf setzen. „Gehiiirrrnnn“, imitierte sie einen Zombie und knetete den Kopf des schlafenden Mannes.

XI
    „Ich könnte ihn zwingen“, überlegte sie. Ihr fehlte die Inspiration. Das war seine Schuld, er saugte sie förmlich auf. Nein, sie durfte es sich nicht zu einfach machen. „Faulheit ist eine Sünde“, murmelte sie. Außerdem hatte sie alle Zeit der Welt, er würde ihr nicht weglaufen. Wer ständig den einfachen Weg wählte, verlor seinen Schneid und wenn das geschah, würde man sie auf jeden Fall in den Ruhestand versetzen.
    Sie würde ihn auf spielerische Weise Stück für Stück dazu bringen, es selbst zu wollen. Spielen ließ den Menschen den Ernst des Lebens vergessen, Kasinos funktionierten so. Sebastian war sowieso so gut wie am Ende. Es würde ein Kinderspiel, ihn in die Arme des Herrn zu treiben.
    Wie war denn seine derzeitige Verfassung? Sie überschlug die Situation. Er hatte sich erholt vom Leben auf der Straße und der Behandlung durch den Doktor. Das hatte er ihr zu verdanken. Man mochte es nicht glauben, aber bisher hatte sie einen positiven Einfluss auf ihn ausgeübt. Mittlerweile gab er sogar richtig verständliche Sätze von sich. Draußen war er nichts und drinnen war er, was auch immer sie aus ihm machte. War er so weit?
    Ja, im Grunde genommen schon. Ein paar Dinge musste sie noch zurechtrücken, ein paar wenige Knöpfe drücken. Welche genau?
    Der Junge hatte im Schlaf gesprochen, daher wusste sie, dass er hatte sterben wollen. Allein wegen ihr dachte er nicht mehr darüber nach. Ging sie, starb er. Deswegen konnte sie ihm drohen, dann würde sie fordern und er musste einwilligen. Sie würde Hoffnung auf ein neues Leben wecken, das frei war von Schwäche und schmerzlichen Erinnerungen. Sie würde ihm die Chance geben zu sterben und doch zu leben. Das war nicht einmal eine Lüge, nein, es war die Wahrheit. Sie musste ihn nur noch davon überzeugen, ihren Glauben zu teilen.
    ***
    „Wieso denkst du eigentlich so viel über den Tod nach? Was versprichst du dir von ihm?“, fragte sie.
    „Nichts“, entgegnete er.
    „Nichts?“, wiederholte sie enttäuscht.
    Sie war davon ausgegangen, dass er irgendeinen romantischen Unsinn ausspucken würde, irgendein Gefasel über Engel und ein Leben im Himmel oder so. Menschen tendierten ja zu den

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