Totgeglaubt
beantworten.”
“Siehst du?” Beth Ann blickte süffisant zu Joe hinüber. “Sie will was von Clay. Sie ist scharf auf ihn.”
“Ich habe ihn im Zuge meiner Ermittlungen befragt. So wie ich eine Menge anderer Leute befragt habe”, wehrte sich Allie gegen die Anschuldigung.
“Aber mit den anderen Leuten wollen Sie nicht ins Bett steigen”, giftete Beth Ann.
Der Ärger trieb Allie nach vorn, bis sie wenige Zentimeter vor Beth Anns Gesicht stehen blieb. “Sie haben mir bei mehreren Gelegenheiten faustdicke Lügen aufgetischt”, sagte sie. “Sie verlassen jetzt augenblicklich mein Büro. Und Sie betreten es erst wieder, wenn Sie etwas Glaubwürdiges vorzubringen haben.”
Auf Joes Wange zuckte ein Muskel. “Ich gehe zur Bürgermeisterin.”
Bürgermeisterin Vicki Nibley war eine Freundin seiner Familie. Sie konnte Allie und ihren Vater tatsächlich in Schwierigkeiten bringen – was der Vater-Tochter-Beziehung nicht gerade zuträglich wäre. Trotzdem wollte sich Allie von Joe nicht einschüchtern lassen. “Tun Sie, was Sie tun müssen”, erwiderte sie. “Und ich tue, was ich tun muss. Und jetzt verschwinden Sie, bevor ich Sie wegen Ruhestörung festnehme.”
“Sie sind diejenige, die die Ruhe stört”, sagte Joe.
“Weil ich nicht dick auftrage, wenn die Rede von Clay Montgomery ist?”
“Weil Sie sich weigern, Ihren Job zu machen!”
“Sie können nicht etwas beweisen, das gar nicht stattgefunden hat”, sagte Allie. Sie ging ein großes Risiko ein, immerhin bewegte sie sich auf dem Boden von Spekulationen. Alle Indizienbeweise deuteten auf Clay hin. Aber sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass er getan hatte, was alle Welt ihm unterstellte. Zumindest nicht kaltblütig.
Joe warf ihr einen Blick zu, in den er all seine Verachtung legte. “Wir sind noch nicht fertig miteinander.”
Allie wollte etwas entgegnen, aber glücklicherweise schleppte Beth Ann Joe nach draußen. Die Tür schwang hinter ihnen zu, dann war es still im Raum. Hendricks glotzte sie an.
“Ich glaube nicht, dass Sie auf Clays Seite stehen wollen”, sagte er schließlich.
“Vielleicht ist es an der Zeit, dass das endlich mal jemand tut”, stieß Allie hervor und ging zur Toilette. Dorthin konnte Hendricks ihr wenigstens nicht folgen.
11. KAPITEL
D ale schoss von seinem Stuhl hoch, als Allie am nächsten Morgen das Revier betrat. Seine geschwollenen Halsadern verrieten ihr, dass er mindestens so wütend war wie befürchtet.
“Du wolltest ja nicht auf mich hören. Du wolltest einfach nicht aus der Schusslinie gehen!”, schrie er.
Allie wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Als ihre Mutter sie geweckt und ihr gesagt hatte, sie solle sofort zur Wache fahren, hatte sie gewusst, dass sie sich den Folgen von Joes Besuch würde stellen müssen. Aber die Reaktion ihres Vaters war noch verheerender, als sie es sich vorgestellt hatte.
“Beruhige dich erst mal. Du kriegst noch einen Herzinfarkt.” Sie nahm ihrem Vater gegenüber Platz, aber sie wusste, dass er sich nicht beruhigen würde, ehe er alles ausgespuckt hatte. Sie waren allein. Er konnte also nach Herzenslust herumbrüllen.
“Was hast du dir dabei gedacht?”, wollte er wissen. “Dich in der Stadt mit Clay Montgomery blicken zu lassen? Dich mit Clay Montgomery zu betrinken? Die Nacht mit Clay Montgomery zu verbringen?”
Sie hatte ihrem Vater nicht erzählt, dass sie in seiner Anglerhütte waren. Er nahm an, dass sie Clay auf der Farm besucht hatte, und sie wollte ihn in dem Glauben lassen. “Mag sein, dass ich an dem Billardabend etwas zu viel getrunken habe”, gab sie zu, “aber ich habe mich nicht mit Clay
betrunken.
Nicht so, wie du denkst. Und letztes Wochenende hat Clay mich nicht einmal angefasst. Wir sind eingeschlafen, ja. Aber wir haben nicht
miteinander geschlafen.”
“Aber du weißt, dass jeder hier ihn für einen Mörder hält. Und du bist Polizistin, verdammt noch mal!”
“Niemand hat Clay den Mord nachweisen können”, erwiderte Allie scharf. “Und außerdem, ich kann es nur noch einmal wiederholen, ist nichts zwischen uns passiert.”
“Aber heute Morgen ist etwas passiert.”
Allie schwante nichts Gutes. “Was denn?”
“Das, was passiert, wenn man den Leuten eine lange Nase macht, die alles daransetzen, Clay Montgomery zu Fall zu bringen.”
“Ich weiß nicht, was du meinst.”
“Die Bürgermeisterin hat mich schon dreimal angerufen. Sie schäumt vor Wut! Sie hat den Vincellis im letzten Wahlkampf
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