Totgelebt (German Edition)
vorhatte. Dieses Arschloch. Was wussten die Bullen? Scheiße. Er konnte nicht klar denken. Er rannte ins Schlafzimmer, zog sich Handschuhe an, öffnete seinen Bettkasten und holte die anderen sechs Videos von Lazic heraus. Er putze die Videos und die Hüllen säuberlich ab, bis er sicher war, keine Spuren mehr hinterlassen zu haben, dann packte er die Videos in eine Tüte. Schnell zog er sich etwas an und verließ mit den Videos die Wohnung. Er musste das Zeug loswerden. Und er wusste auch schon genau wo.
27. Kapitel
Paula stand auf und öffnete das Fenster. Die Luft in ihrem Büro war stickig. Der Raum war voll mit Menschen, die sich alle um i hren PC versammelt hatten. Johanna brachte gerade zum dritten Mal neuen Kaffee herein und setzte sich wieder auf einen Stuhl zu den anderen. Paula lauschte auf das Stimmengewirr. Endlich hatten sie den Durchbruch. Sie konnte es praktisch fühlen, sie waren ihm auf den Fersen, sie konnte sein Blut riechen. Sie war angespannt, ihr Magen reagierte nervös. Das kannte sie schon. Sie wusste bald war es vorbei, jetzt, in diese m Moment, wenn endlich ein E rfolg in Sicht war, liebte sie i hren Beruf, dieses Gefühl entsch ädigte für die ganzen frustrierenden, traurigen Momente. Sie nahm sich einen frischen Kaffee und setzte sich wieder zu den anderen. Sie fing dabei ein Augenzwinkern von Max auf. Er riecht auch schon sein Blut, wittert seine Spur , dachte sie. Zwei IT Experten nahmen Paulas PC in Beschlag, sie loggten sich in den Chat ein und beobachteten die Seiten, zwei weitere Kollegen von der Sitte unterhielten sich gerade mit Max. In diesem Moment betrat Hankel das Büro. Paula stand sofort auf und ging zu ihm hinüber. „Hallo, gut, dass du kommst.“ Sie lachte ihn freundlich an. „Max hat dir ja schon die Eckdaten durchgegeben, es gibt einiges Neues. Konntest du darauf basierend noch ein überarbeitetes, exakteres Profil erstellen?“ Der Profiler nickte den anderen Polizeibeamten zu und zog sich den letzten freien Stuhl heran und setzte sich neben Paula. Max kam dazu.
„Also, das Profil wird dadurch natürlich noch schärfer, es passt alles. Das Profil, das ich euch erstellt habe, wird verstärkt. Interessant ist der Aspekt, dass er die Selbsttötungen filmt, das zeigt in der Tat seine unglaubliche Selbstbeherrschung und Disziplin. Er lebt seinen Trieb erst zu Hause aus, vermutlich anhand der Videos. Dort verschafft er sich Befriedigung. Und noch einmal, er ist nicht gewalttätig, er tötet nicht, das wird er in vergleichbaren Situationen auch zukünftig nicht tun. Er schaut nur zu, er glaubt, dass er etwas Gutes tut, er erlöst die armen, verirrten Seelen. Gleichzeitig erregt ihn der Tod. Der Gedanke, zu erlösen, zu befreien, weckt in ihm eine Erinnerung: eine gute, warme Erinnerung. Das gibt ihm Geborgenheit und erregt ihn zugleich. Er möchte dieses Gefühl immer und immer wieder erleben. Im normalen Leben hat er wenig soziale Kontakte, wenig Befriedigung, wenig Wärme. Das be zieht er aus de m Beisein der Selbstmorde . Er ist unauffällig, er wird von seiner Umwelt nicht beachtet, nicht wahrgenommen. Gleichzeitig wird er getrieben von der Angst, von den Opfern nicht anerkannt zu werden, er will von den Opfern als ihr Erlöser wahrgenommen werden. Er glaubt, er tu e Gutes. Er ist in einem Zwiespalt, er braucht diese Selbstmorde, um sich Befriedigung zu verschaffen, gleichzeitig will er damit etwas Gutes tun, die jungen Menschen befreien und ihnen eine Geborgenheit und Sicherheit verschaffen, die sie ihm wiederum durch die gefilmten Videos geben. Das zeigen auch seine religiös-motivierten Bibelzitate. Damit möchte er auch Aufmerksamkeit bekommen. Er möchte, dass seine guten Taten beachtet, bewundert und honoriert werden.“ Er schaute von Max zu Paula und zurück. „Ist das verständlich? Ich habe euch das auch noch mal alles aufgeschrieben. Ich habe das erste Profil erweitert und schärfer gemacht.“ Er zog zwei Kopien aus seinem großen Ordner hervor, den er dieses Mal auf seinem Schoß abgelegt hatte. Er reichte die beiden Blätter an Paula und Max weiter. „Wenn ihr noch Fragen habt, ruft mich einfach an. Ich bin zur Not auch über das Handy erreichbar. Er stand auf, klemmte seinen Ord n er unter den Arm und ging zur Tür. Dort drehte er sich noch einmal um, hob die Hand und rief leise in Richtung Paula und Max „Wir sehen uns.“ Dann war er verschwunden.
„Das war aber ein kurzer Auftritt des Herrn Psychologen.“, ließ Max sich nicht
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