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Totgelesen (German Edition)

Totgelesen (German Edition)

Titel: Totgelesen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Rieger
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nur, dass sie des Öfteren vergaß, wo sie was aufgeschrieben hatte und alle Hefte durchsuchen musste, bis sie das Gesuchte fand. Was allerdings auch nicht schlecht war, da sie dadurch gezwungen war, ihre gesammelten Gedanken nochmals zu lesen. Aber momentan war ihr nicht nach lesen, sondern nach schreiben. Monika wollte ihre Erkenntnisse strukturiert und chronologisch zu Papier bringen.
    Haben beide Morde miteinander zu tun?
    Dieselbe Art zu töten. Laut Arzt wieder ein Stich in den Bauchraum. Autopsie abwarten. Wunden vergleichen.
    Wenn Ja, ist es derselbe Täter oder jemand, der die Tat nachahmt?
    In den Zeitungen stand nichts davon, dass Frau Nußbaumer erstochen wurde, woher hätte es ein Nachahmungstäter erfahren können?
    Derselbe Täter oder zwei Mörder, die zufällig auf die gleiche Idee gekommen waren?
    Was verbindet die Opfer?
    Kannten sich die beiden Frauen?
    Da die Heizung nicht lief, wurde es langsam kalt im Auto. War das der Grund, weshalb sie fröstelte?

    ***

    Ein dumpfer Schmerz im Bauch ließ Monika hochschrecken. Ihr Herz pochte wie wild und ihr Rücken peinigte sie. Anscheinend war sie sitzend auf ihrem Sofa eingedöst.
    Ungläubig starrte sie auf die Leuchtziffern des Videorecorders 04:22 Uhr. Zwei Stunden waren vergangen, seit sie sich »kurz« hingesetzt hatte. Die Erinnerung an den Traum verursachte eine Gänsehaut in ihrem Nacken.
    Ein Mann - ganz in schwarz - ohne Gesicht, dafür mit einem Messer voller Blut - ihrem Blut. Sie vergrub ihren Kopf in den Händen, um die Bilder aus ihrem Gedächtnis zu streichen. < Das war nur ein Traum. Ab ins Bett, aber schnell!>
    Sie stand auf und schaltete das Licht ein. Die Unfähigkeit einzuschlafen, ohne davor die Wohnung nach einem gesichtsloser Mörder zu durchsuchen, beunruhigte sie. Sie drehte sich auf den Rücken und ließ ihren Blick durchs Zimmer wandern. Der Zeitungsteil, der gestern auf den Boden gefallen war, sprang ihr ins Auge. Eigentlich war sie zu müde, um sich mit alten Zeitungen herumzuquälen, dennoch, irgendetwas in ihr zwang sie, die Zeitung aufzuheben. Es handelte sich um den Kulturteil, der verkehrt herum am Boden lag. Sie drehte - ohne bewusst darüber nachzudenken - die Zeitung zu einer Rolle.
    Monika schleuderte den Kulturteil auf den Wohnzimmertisch, wo er diesmal mit der Titelseite nach oben liegen blieb. Mit jedem Wort, das Monika las, verschwand ein Teil ihrer Müdigkeit.

    ***

    Nach zwei Telefonaten, einer heißen Dusche und einer Kanne Kaffee schaffte Monika es ins Büro. Den Raum teilte sie sich mit Specht, was sich als angenehm herausstellte. Als der letzte leitende Ermittler in Pension ging, hätte sie die Möglichkeit gehabt, ins kleine Einzelbüro zu ziehen, doch dieses Angebot schlug sie aus. Zu gut passten sie und Specht zusammen. Seine Raumhälfte war penibel aufgeräumt, was sie dazu veranlasste, ihren Teil wenigstens nicht zu sehr verkommen zu lassen. Auf seiner Wand hingen kaum Bilder - ihre war zugekleistert mit Fotos ihrer Freunde und ihrer Verwandten. Sein Schreibtisch sah aus wie aus dem Möbelkatalog - ihrer war vollgestopft mit persönlichen Dingen. Tausend Kleinigkeiten, die sie an ihre Lieben erinnerten. Ein Kontrast, der seinesgleichen suchte.
    Inmitten des Durcheinanders auf ihrem Schreibtisch lag die Zeitung. Unzählige Male hatte sie den Artikel gelesen. Sie versuchte sich abzulenken; stand auf, durchwanderte das Büro, blieb vor einem Bild ihrer Neffen stehen. Der Gedanke an die beiden ließ sie lächeln. Der magische Moment zerplatzte, als Hofer zur Tür hereinstürmte.
    »Lass mich den Artikel sehen!«
    Hofers Gesicht war mit Bartstoppel übersät, an einem seiner Mundwinkel klebte Zahnpasta.
    »Wieso ist das sonst keinem aufgefallen? Die Präsentation war gestern. Es wird ja wohl nicht zu viel verlangt sein, dass jemand die Zeitungen liest.« Wer dieser Jemand sein sollte, ließ er offen. Es war offensichtlich, die Euphorie hatte auch ihn ergriffen.
    »Wir brauchen sofort eines dieser Bücher.«
    »Specht ist unterwegs, die ersten Buchhandlungen öffnen in einer Stunde.«

Samstag, 27. Februar
    Specht saß in seinem Auto und wartete. Er sah den Schneeflocken zu, die langsam seine Windschutzscheibe bedeckten. Er freute sich jedes Jahr über den Schnee; mit knapp 40

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