Totgelesen (German Edition)
Ist sie im Bett auch so widerspenstig wie ihre Locken?«
»Wir haben zwei Morde an jungen Frauen aufzuklären. Beide ähneln den Taten in Ihren letzten Büchern. Können Sie uns dazu etwas sagen?« Monikas Tonfall war so eisig, er hätte einen Vulkan gefrieren lassen. Ihr Blick vermittelte einem das Gefühl, er würde durchs Fleisch dringen und bis ins Innerste vorstoßen.
Doch Beiel erholte sich rasch von der Verblüffung, die Monika in ihm ausgelöst hatte. Nicht mehr ganz so arrogant fuhr er fort: »Was soll ich dazu sagen? Ich töte nur in meiner Fantasie. Was kann ich dafür, wenn sich dadurch jemand inspiriert gefühlt haben sollte.« Er räusperte sich und verzog seine Augenbrauen. »Obwohl ich es als Kompliment betrachte, wenn jemand meine Geschichten imitiert.«
»Sie finden, zwei Morde sind ein Kompliment?«. Monika tat sich schwer, ihre Abscheu gegen diesen Mann zu bremsen. Bevor Beiel antworten konnte, stellte Hofer eine weitere Frage: »Wo waren Sie am 22. Februar gegen halb acht und gestern um halb zehn?«
Der Schriftsteller nahm - für Monikas Verständnis etwas zu langsam - seine Füße vom Schreibtisch und richtete sich auf. Dann zupfte er ein Taschentuch aus der Box und säuberte erneut geräuschvoll seine Nase. Als er das Taschentuch weg warf, lachte er; ein künstliches, aufgesetztes, viel zu lautes Lachen.
»Ich? Wenn ich ganz ehrlich bin, muss ich gestehen, dass ich schon mal darüber nachgedacht habe, jemanden in Wirklichkeit abzumurksen … aber irgendwie hatte ich noch keine rechte Lust dazu. Ist mir zu dreckig, zu blutig. Mich befriedigen meine Gedanken und ab und zu eine geile Tussi.«
Er nahm einen Zahnstocher und fingerte damit zwischen seinen Zähnen herum, während er Monika fragte: »Apropos befriedigen, auf welche Art haben Sie es denn am liebsten?«
»Von Hinten, da muss ich denjenigen nicht sehen, der es mir besorgen darf.« Da er bei dieser Aussage beinahe den Zahnstocher verschluckte, merkte man, dass er es nicht gewohnt war, Kontra zu erhalten.
»Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Wo waren Sie?« Hofer brachte das Gespräch wieder zu den Ermittlungen zurück.
Beiels Aufmerksamkeit war nun ganz auf Hofer gerichtet. Kein anzügliches Grinsen mehr. Es schien, als ob er es nicht einmal mehr wagte, Monika in die Augen zu sehen.
»Dort, wo ich 365 Tage im Jahr bin. In meinem Auto … unterwegs. Bevor Sie mich fragen, sage ich es Ihnen gleich: Ich weiß nicht wo ich war. Ich setz mich jeden Vormittag in eines meiner Autos und fahre rum. Wenn ich wieder zu Hause bin, habe ich keine Ahnung, wo ich war. Ich sehe mir nicht die Gegend an, ich denke an mein Manuskript, das Lenken unterstützt mich beim Nachdenken. Nach der Fahrt brauche ich meine Gedanken nur noch zu tippen. Ein Alibi, wie Sie das nennen, habe ich also keines.«
»Motive dafür schon«, legte Hofer zart nach.
Beiels gekünsteltes Lachen erscholl.
»Heute haben Sie mir den Tag gerettet. So amüsiert habe ich mich schon lange nicht mehr.«
Seine Stimmlage war kaum veränderte, doch Monika erkannte hinter der aufgesetzten Fassade einen Mensch, den sie mit ihren Fragen erschreckt hatten. Jemand, dessen Tag heute mit Sicherheit nicht amüsant war.
Wenn man es genauer betrachtete, war die Idee Beiel selbst könnte der Mörder sein, nicht ganz abwegig. War er verrückt genug, aus Publicity-Gründen jemanden zu ermorden?
»Wir werden Sie im Auge behalten.« Hofer drehte sich um und verließ ohne Verabschiedung den Raum. Monika tat es ihm gleich, konnte aber nicht darauf verzichten, provokativ mit ihrem Hinterteil zu wackeln, als sie das Zimmer verließ.
»Findest du nicht, dass das ein wenig zu hart war? Ich meine, ich kann den Kotzbrocken auch nicht ausstehen, aber ihm gleich einen Mord vorzuwerfen? Vor einer halben Stunde haben wir noch nicht mal dran gedacht, dass er was mit dem Morden zu tun haben könnte. Wir sind davon ausgegangen, seine Bücher hätten als Vorlage gedient.« Monika versuchte, mit Hofer Schritt zu halten.
»Wenn ich dort geblieben wäre, hätte ich ihm noch schlimmere Dinge an den Kopf geworfen.« Er flog, vom Zorn getragen, förmlich über die Treppenstufen. Unten angekommen, schnaubte er verächtlich, durchquerte den Flur und öffnete sich selbst die Eingangstür. Monika ging langsamer. Beim Vorübergehen warf sie einen Blick auf die im Flur hängenden Gemälde. Alle waren sich ähnlich; in allen dominierte die Farbe Schwarz. Ab und zu ein Farbklecks, aber im Großen und Ganzen nicht
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