Totgelesen (German Edition)
mehr, als eine austauschbare schwarze Leinwand neben der nächsten. Sie hatte keine Ahnung von Kunst, sicher waren die Bilder wertvoll - Gefallen fand sie an ihnen allerdings genauso wenig, wie an Beiel selbst. Doch eines musste Monika neidlos zugeben: Erfolgreich schien der Mann zu sein, denn solche Bilder konnte sich ein Durchschnittsverdiener sicher nicht ins Wohnzimmer hängen.
»Wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen, dass er es gewesen sein könnte?« Monika trat zu Hofer auf den Parkplatz. Der kramte in seiner Manteltasche nach Zigaretten, fand allerdings nur ein leeres Päckchen.
»Wenn man mal einen Glimmstängel braucht, ist keiner da.« Er warf die Zigarettenschachtel auf den Boden, trat mit dem Fuß drauf. »Er treibt mich zur Weißglut, ich war nahe dran, ihm eine reinzuwürgen.«
»Dafür hattest du dich verdammt gut unter Kontrolle.«
»Routine. Wenn ich wegen jeder Kleinigkeit gleich zuschlagen würde, hätte ich Zuhälter werden müssen. Genauso wie die Frage nach seinem Alibi auch nur Routine war. Dass ich damit ins Schwarze treffe, war mir nicht klar. Nenn es Instinkt oder wie auch immer. Aber glaub mir: Ich habe recht. Er war es, da bin ich mir sicher.«
Monika bei weitem nicht.
»Wieso sollte er das tun?«
»Vielleicht verkaufen sich seine Bücher doch nicht so gut, oder er will seine Fantasien in der Realität testen - was weiß ich. Vielleicht ist er auch einfach nur durchgeknallt, das wäre für mich das Nächstliegende, so wie der sich eben aufgeführt hat.«
Während sie über Beiels Gemütszustand debattierten, ging die Eingangstür auf und Beiels Haushälterin kam heraus.
»Kann ich für die Herrschaften noch etwas tun?«
»Wo war er gestern?« Ohne viel Umschweife stellte Hofer seine Frage. Sein streitlustiger Tonfall, schien die Angestellte nicht sonderlich zu beeindrucken.
»Er fährt jeden Tag so um sieben weg und kommt zwischen eins und drei zurück. Dann isst er, setzt sich in sein Zimmer und schreibt bis zum Abend. Jeden Tag das Gleiche.«
»Gestern war eine Signierstunde, oder?« Monika klinkte sich in die Befragung ein.
»Sie wäre gestern gewesen. Zuerst habe ich gedacht, dass er da war, weil er erst um vier zurück kam, aber er hatte so gute Laune, da habe ich gleich gemerkt, dass er nicht dort gewesen sein konnte.« Veronika wischte sich ihre Hände an ihrer Schürze ab. »Ich denke, ich geh wieder rein, sonst wird er noch böse auf mich.«
»Ja ja, gehen Sie nur. Wo finden wir das Auto?« Hofer drehte sich suchend im Kreis. Das Domizil war in einen Hügel hinein gebaut. Über einen Durchgang erreichte man eine riesige Schwimmlandschaft, die mit einem einziehbaren Glasdach bedeckt war. Vor dem Haus, das durch seine weißen Säulenbalkone noch größer wirkte, befand sich der Parkplatz - auf dem sie standen. Zu ihrer Linken begann eine weitläufige Rasenfläche, auf der in der Mitte ein Kirschbaum thronte.
»Dort drüben die Straße hinter dem Baum führt in die Tiefgarage. Aber die Garage ist zugesperrt, da können Sie nicht einfach reingehen. Seine Autos sind ihm heilig.« Veronika stellte sich kämpferisch vor die Polizisten.
»Im Moment vielleicht noch nicht, aber bald.«
***
Specht ärgerte sich über die endlose Fahrerei, die so viel Zeit in Anspruch nahm. Natürlich war er eingeteilt worden, die Angehörigen von Frau Schindler aufzusuchen, während die Kollegen sich zum Schriftsteller aufmachen konnten, der keine zehn Kilometer vom Landeskriminalamt entfernt logierte.
Er verachtete diese »fahrenden Blechkisten«. Verachten war vielleicht übertrieben, aber zumindest verehrte er Autos nicht, wie ein Großteil der Männerwelt. Für ihn waren sie Mittel zum Zweck., möglichst schnell voran zu kommen. Er träumte sich - nicht zum ersten Mal - ins Fernsehen zu Captain Kirk. Doch diese Möglichkeit blieb ihm versagt. Also brachte er die Strecke hinter sich, die eher länger als kürzer zu werden schien. Währenddessen überlegte er, ob es unmännlich sei, beim Thema Auto nicht in Verzückung zu geraten. Dabei kam ihm Sascha in den Sinn, der seinen alten Zweiergolf über alles liebte und pflegte, als sei er ein Neuwagen.
Specht schüttelte sich. Beim Gedanken daran, stellten sich sämtliche Härchen auf seinem Rücken
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