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totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

Titel: totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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Schnipseln, die ich gefunden hatte. Auch von Kostnitz’ Nachbarn, die ein Auto mit der Aufschrift B & B vor der Tür gesehen hatten am Tag, als Erika gestorben war. Mein persönliches Highlight gab ich als Krönung obendrauf: die bevorstehende Exhumierung von Erika Kostnitz.
    Falls es ein Wort für »noch schweigsamer als eine Parkuhr« gibt, würde ich es gerne wissen. Ich hatte Zustimmung, Hurrarufe, Schulterklopfen oder ähnlich euphorische Bekundungen erwartet. Aber kaum hatte ich meinen Bericht beendet, hatte ich eher den Eindruck, Matti habe aufgehört zu atmen. Eigentlich war es noch schlimmer. Ich konnte ihn noch nicht einmal mehr denken hören. Ein paar Straßen weiter wurde mir sein Schweigen unheimlich. Ich hatte doch nichts Falsches gesagt – ich hatte den Fall gelöst.
    »Wo fahren wir überhaupt hin?«
    Matti murmelte nur leise: »Nicht gut. Nicht gut.«
    Und dann bemerkte ich es selbst. Wir fuhren in Richtung Stiepel. Soeben bogen wir am Schauspielhaus nach Süden auf die Königsallee ein.
    »Oh nein, Herr Matti. Sagen Sie mir, dass es nicht wahr ist.«
    »Doch, leider, Frau Abendroth.«
    »Herr Matti, ich kann das nicht. Ich will da jetzt nicht hin.«
    Mein Magen setzte zum Salto an.
    Ich wollte ums Verrecken da nicht hin. Nicht in Kostnitz’ Haus. Ich wollte den alten Fänger nicht tot im Bett sehen. Ich wollte ihn überhaupt nicht tot sehen, egal wo.
    Alles Gezeter nutzte mir wenig. Wir hielten vor dem Haus der Familie Kostnitz.
    »Doch, Frau Abendroth. Wir müssen das tun«, sagte er.
    Meine Knie zitterten. Meine Hände auch. Ich war vor lauter Aufregung kaum in der Lage, die Autotür zu öffnen.
    Eben hatte Matti den Zündschlüssel abgezogen, da flog die Haustür auf und ein höchst lebendiger Kostnitz forderte uns mit einer Zigarre in der Hand heftig winkend auf, ins Haus zu kommen. Offenbar war er sogar nüchtern. Er führte uns, ohne ein Wort zu sagen, sofort ins Wohnzimmer. Mir blieb keine Zeit, mich über den lebendigen Kostnitz zu freuen, denn auf der Couch, auf der wir an Heiligabend noch zusammen gesessen hatten, lag Schwester Beate und atmete nicht mehr. Sie lag aber nicht friedlich da wie eine im Schlaf sanft verschiedene Person. An ihrem linken Fuß steckte noch der weiße Gesundheitsschlappen, der rechte lag weit von der Couch entfernt unter dem Flügel. Schwester Beate hätte sich nie und nimmer mit den Schlappen auf die Couch gelegt. Ihre pastellgelbe Strickjacke war auch irgendwie verdreht, und ihre Haare waren in Unordnung. Der weiße Kittel war über ihre Knie hochgeschoben, und man konnte die tief in die Wade einschneidenden Stützkniestrümpfe sehen.
    Kostnitz polterte los: »Wir bleiben alle ruhig!«
    Seine Stimme holte mich unsanft in die Gegenwart zurück. Na toll. Niemand machte Anstalten, hier rumzutanzen oder wie im Film hysterisch rumzuschreien außer ihm. Vielmehr hatte ich das Gefühl, nie mehr wieder ein Wort sagen zu können. Ich flehte den Himmel an, mir eine Ohnmacht zu schicken, dann müsste ich mir das hier alles nicht ansehen. Die Ereignisse der letzten halben Stunde wollten alle nicht so schnell in mein kleines Hirn passen. Ich wünschte mir, jemand hätte eine plausible Erklärung dafür, die nicht wehtat. Warum war jetzt niemand hier, um mir die Hand zu halten?
    Ich versuchte, mit Herrn Matti Blickkontakt herzustellen, aber er schaute auf Schwester Beate.
    »Darf ich?«, fragte er Kostnitz.
    »Sie dürfen. Aber nichts verändern! Falls Sie nachschauen wollen, ob sie Einblutungen an den Augenbindehäuten hat – ja, hat sie. Sehr winzig, aber sie sind zu sehen.«
    Herr Matti zog sich Gummihandschuhe an und schaute Schwester Beate in die Augen: »Ja, Sie haben Recht.«
    »Ein Arzt ist unterwegs«, sagte Kostnitz.
    »Ist sie wirklich tot?«, fragte ich.
    »Natürlich ist sie tot! Frau Abendroth!«, schnauzte Kostnitz.
    Bevor ich zurückschnauzen konnte, sagte Matti: »Was denken Sie, Herr Kostnitz, was passiert ist?«
    »Schätze, sie hatte sich aufs Sofa gesetzt, um sich ein bisschen auszuruhen. Sehen Sie, die Kaffeetasse. Umgekippt. Jedenfalls, ich war draußen, ein bisschen die Beine vertreten. An der Sternwarte habe ich ein paar alte Nachbarn getroffen und länger gequatscht, als ich eigentlich wollte. Kajo ist heute Morgen nach Essen gefahren, ein paar Freunde besuchen. Ich weiß nicht, wann er wieder hier ist. Als ich zurückkam, lag sie da. Dreimal dürfen Sie raten, was aus diesem Haus entfernt wurde.«
    »Das Kissen, das Sie von Bartholomae bekommen

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