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totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

Titel: totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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zuhören bitte. Maggie! Ich bin schwul, und bevor hier noch irgendeine Bombe platzt, sag’ ich es lieber gleich. Du wolltest ja unbedingt wissen, was die zweite große Peinlichkeit in meinem Leben ist. Peinlich an der Sache ist, dass ich es erst gemerkt habe, als ich schon verheiratet war.«
    Peng! Herzschuss!
    Bitte, hör auf zu reden, Winnie Blaschke, mir strömt gleich das Blut aus den Ohren.
    Er tat mir den Gefallen leider nicht. Ganz im Gegenteil. Er justierte seine Stimme auf Samtpfotenniveau, als er weitersprach: »Miss Marple, ich habe gerade zwei meiner besten Freunde verloren. Ich brauche dringend wenigstens einen neuen besten Freund.«
    Er hatte mich so fest im Griff, dass ich mich nicht von der Stelle rühren konnte. Wenn er mich losgelassen hätte, wäre ich sowieso umgefallen. Drei Herzschüsse + ein Bauchschuss = Das-überlebt-kein-Schwein, und ich schon gar nicht.
    Wir standen einige Minuten schweigend einfach so da. An mir zog der Winnie-Blaschke-Film vorbei: Kamelhaarmantel, passende Socken, Halston, grüner Schal, ausnehmend gute Manieren, einfühlsam, konversationstauglich, humorvoll – und ich hatte nie gefragt, ob er auf zwei Fingern pfeifen oder einen Ball werfen kann. Mensch, Maggie, das hättest du dir denken können! Spätestens beim Pullover. Oder allerspätestens bei Kai-Uwe Hasselbrinks dämlichem Kommentar.
    Ich wollte jetzt wenigstens so tun, als hätten wir nur mit Platzpatronen geschossen. Alles andere würde peinlich werden. »Okay, neuer Freund! Danke, für das Angebot. Ich verstehe.«
    Und jetzt bitte die Tapferkeitsmedaille.
    Hätten wir das also auch besprochen. Aus den kleinen Schneeflocken waren inzwischen Riesenflocken geworden. Der Himmel hatte sich unnatürlich gelbgrau verfärbt, und aus der Ferne grollte Donner heran.
    Winnie ließ mich einfach nicht los.
    »Und, hattest du dich ein bisschen verknallt?«, flüsterte er in mein Ohr.
    »Oh, du arroganter, aufgeblasener Kleinstadt-Cop!«, wollte ich sagen, aber stattdessen rutschte mir ein kleinlautes »Ja« heraus.
    »Ach, schlaue, kleine Maggie. Dachte, du hättest es längst gemerkt.«
    »Lässt du mich mal bitte los? Winnie!«
    »Warum?«
    »Weil ich gerade Mordgelüste kriege, du arroganter Pinsel!«
    Er ließ mich abrupt los. Ich konnte in seinem Gesicht genau lesen, dass er kurz davor war, einen Lachkoller zu kriegen. Aber ich wollte lieber drohstarren und knurren und darauf warten, wer zuerst den Blick senken müsste. Die ersten Blitze kündigten ein Unwetter an. Sekundenlang zuckte keiner von uns beiden auch nur mit dem kleinsten Muskel. Eine Sturmböe drückte eine Schneewolke auf uns hernieder. Wir starrten weiter, als sei nichts geschehen. Beim zweiten Donnerkrachen, das einen Weltuntergang ankündigte, reichten wir uns schließlich höflich die Hand. Wobei ich hier betonen muss, dass Winnie mir seine Hand zuerst hinschob. Vier zu drei für mich!
    »Freunde?«, fragte Winnie.
    »Freunde!«, bestätigte ich. »Fangen wir jetzt an zu heulen?«
    »Wir können machen, was wir wollen«, schniefte er. Ich wischte ihm eine Träne vom Kinn. Er überreichte mir ein Taschentuch, bevor ich mir mit dem Pulloverärmel, der allein schon mehr kostete als eine Monatsmiete, die Nase abwischen konnte. Zu zweit flennt es sich doch gleich viel gediegener.
    Ich sagte: »Hör mal, neuer Freund, wie wäre es, wenn du Kajo heute Abend zu Wilma mitbringst? Wir machen eine Flasche auf und ziehen später noch durch die Stadt und hauen meine letzten 135 Mark auf den Kopp.«
    »67,50 Euro.«
    »Mir doch egal. Jedenfalls – du musst mir helfen, Wilma die ganze Geschichte zu erzählen. Und ich möchte Kajo gerne noch sehen.«
    »Gute Idee. Wir kommen. Und guck mich nie wieder so an.«
    »Angst gehabt, großer Mann?«
    Winnie gab mir keine Antwort. Er nahm seinen grünen Schal ab und wickelte ihn mir um den Hals. Zufrieden registrierte ich aus den Augenwinkeln das D & G-Etikett.
    Dann langte er mit seiner Rechten in meine Jackentasche und holte die Brauseengel hervor.
    »Also, wenn ich das hier eher gesehen hätte …«, hielt ich ihm das Dolce & Gabbana-Etikett entgegen.
    »Was dann?« Lächelnd stopfte er mir den blauen und sich den roten Brauseengel in den Mund.
    »Das ist so schwul, Blaschke.«
    Er schob mich eilig in Richtung Friedhofstor.
    »Warte ab, bis du mich im Sommer in meinem Matrosen-Outfit von Gaultier siehst.«
    »Prahl hier nich’ rum.« Ich lachte, bis mir die Luft wegblieb. Das allerdings wollte ich wirklich gerne

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