totgequatscht: Maggie Abendroth und der Teppich des Todes (German Edition)
einem roten Ledersessel und betrachtete den professionellen Gerrit van Sandt, der, ohne Kochschürze, an diesem Vormittag eine Zierde für die Kaste der gut angezogenen Männer war. Besonders anbetungswürdig fand ich Gerrits Burberry-Socken. Pink mit Grün muss man erst mal mit Würde tragen können, ohne einen Job beim Zirkus zu haben.
»Äh … das meine ich auch. Wenn man so was am Telefon hört, und ich bin mir sicher, dass ich es gehört habe, dann muss man doch die Polizei rufen. Aber Winnie ist sauer, weil er vor Ort nichts gefunden hat. Ich bin ja noch nicht mal dazu gekommen, ihn zu fragen, ob er auch richtig gesucht hat.«
»Na ja … ich meine … auf der einen Seite können Sie ihm vertrauen, dass er seinen Job gut macht. Auf der anderen Seite … wenn Sie sich nicht sicher sind, dann gehen Sie doch einfach hin und gucken selber nach.«
»Einfach so?«
»Einfach so. Warum denn nicht?«
»Ich könnte mich in Gefahr begeben – das wissen Sie doch, und wie sauer Winnie dann erst wird, will ich mir gar nicht ausmalen.«
»Sie sollen ja nicht einbrechen. Wie wäre es mit einfach klingeln?«
»Okay. Vielleicht haben Sie recht. Aber jetzt zum wirklich wichtigen Teil der Veranstaltung: Stichwort Einbruch. Was soll ich davon halten, dass Winnie in meiner-seiner Wohnung rumschnüffelt?«
Gerrit biss auf das Ende seines Bleistifts. »Lenken Sie jetzt vom Thema ab?«
»Nein. Sie haben mir für das eine einen Rat gegeben, und jetzt zum nächsten Thema.«
»Okay.«
»Also: Winnie schnüffelt in meiner-seiner Wohnung herum.«
»Hat er das?«
»Ich hab sein Aftershave gerochen.«
»Soweit ich weiß, sind Sie dort Gast …«
»Sagen Sie es deutlich, Herr van Sandt – sagen Sie doch bitte noch das Wörtchen
nur
Gast. Aber das ist eine Definitionsfrage. Andersherum: Dürfen Freunde in den Sachen ihrer Freunde herumwühlen? Unangemeldet und ungefragt? Spaziert er auch bei Ihnen rein und guckt mal kurz in die Schränke?«
»Nein.«
»Eben. Weil er Ihre Privatsphäre respektiert. Meine aber nicht. Ich finde das übergriffig. Das macht man auch bei Gästen nicht.«
»Nur, um Sie zu beruhigen … er hat nicht herumgeschnüffelt.«
»Ach, waren Sie etwa dabei?«
»Nein, aber ich weiß, was er geholt hat. Die große Kasserolle aus dem Küchenschrank. Meine war zu klein für das Ossobuco. Und im Übrigen hat es nur eine Minute gedauert.«
»Und wenn ich jetzt genau an diesem Abend …«
»Maggie! Egal … wollen Sie wegen eines Schmortopfes ein Drama machen?«
»Ist wenigstens noch was übrig von dem vielen Ossobuco?«
»Nicht, dass ich wüsste.«
»Sehen Sie.«
Wir schwiegen. In mir simmerte der Groll, und die schwerverdauliche Potage de boîte vom gestrigen Abend gab immer noch Pfötchen. Bevor ich überhaupt wusste, wie mir geschah, spuckte mein innerer Geysir eine kleine Dampfwolke hervor, und ich hörte mich sagen: »Ich verstehe nicht, warum er immer gleich stocksauer auf mich wird. Sagen wir mal, ich habe gestern wirklich alles falsch verstanden, am Telefon, das mit dem Typ in der Taubenstraße …«
Gerrit schaute mich mit leerem Blick an.
»Sie kennen seine Version. Tun Sie nicht so unschuldig. Das steht Ihnen nicht.«
Gerrit nickte, und ich fuhr fort: »… Ja, also er ist immer gleich sauer auf mich … aber das passiert anderen Leuten doch auch mal. Dass man sich vertut oder was falsch mitkriegt. Und die Polizei sagt ja, dass man lieber einmal zu oft anrufen soll als einmal zu wenig.«
Gerrit lehnte sich in seinem Sessel zurück.
»Müssen Sie darüber nachdenken?«, fragte ich nach einer Weile. »Oder können Sie nicht antworten, weil Winnie Ihr Freund ist?«
»War das schon alles?«, gab er zurück.
»Nein.«
»Also?«
»Warum fährt er meine Freundin Wilma zum Flughafen, anstatt sie zu überreden, noch mal drüber nachzudenken, ob sie ihre Hochzeit nicht vielleicht doch hier feiern will. Ich hätte mich schon noch mit ihr wieder vertragen … Das ist auch so was – ich sage was, und dann dreht sie gleich durch …«
»Kommt ganz drauf an, würde ich sagen.«
»Auf was?«
»Na, was Sie ihr gesagt haben.«
Die Schaltkreise in seinem Hirn liefen allmählich heiß. Meine allerdings auch und ich gestand: »Es war eine Entweder-oder-Ansage.«
»Ein Ultimatum?«
Ich nickte.
»Also hat sie sich entschieden.«
»Nein, hat sie nicht. Sie ist einfach abgehauen. Das ist keine Entscheidung, das ist Flucht.«
»Okay – sie hat sich entschieden zu fliehen – auch ein Ergebnis. Aber
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