totgequatscht: Maggie Abendroth und der Teppich des Todes (German Edition)
Probleme erledigen sich von ganz allein. Alles eine Frage der Moderation.
Kapitel 9
An der Haltestelle Freigrafendamm stieg ich aus der Bahn und lief durch die Platanenallee, die direkt zum Friedhof führte. Unter meinen Stiefeln knirschte der frisch gefallene Schnee. Ich wunderte mich über die große Menschenmenge, die vorm Hauptportal des Friedhofs stand. Dass sich ein Friedhofstag so großer Beliebtheit erfreute, hätte ich nicht gedacht. Dem Gedränge nach zu urteilen, sah es so aus, als würde gleich ein Rockstar in der Trauerhalle auftreten.
Ich kämpfte mich durch die Menge. »Tut mir leid – ich gehöre zu den Ausstellern. Könnten Sie bitte mal … Entschuldigung …«
Kaum hatte ich das große Friedhofstor hinter mir gelassen, empfing mich die Lightshow einer Armada von Polizeiwagen. Und mitten drin Winnie Blaschke. Er überragte mit seinen knapp zwei Metern alle Umstehenden, und es schien, als würden seine Kollegen um ihn kreisen wie die Planeten um die Sonne. Winnie hatte die Hände tief in die Manteltaschen vergraben. Seine beiden Kollegen, Karin und Peter, in ihren Uniformen kamen aus der Trauerhalle gelaufen. Die drei sprachen miteinander und waren offensichtlich nicht hier, um sich die Sargausstellung anzuschauen. Ein Polizist stellte sich mir in den Weg und sagte: »Die Ausstellung ist geschlossen. Es hat einen Unglücksfall gegeben. Gehen Sie bitte wieder.«
»Mein Name ist Abendroth, von Bestattungen Abendroth, ich gehöre zu den Ausstellern.«
Er schaute sich suchend um, nicht schlüssig, ob er mich nun weitergehen lassen sollte oder nicht.
»Was ist denn passiert?«, fragte ich, bevor er zur Besinnung kommen würde.
»Dazu darf ich Ihnen keine Auskunft geben.«
»Na, hören Sie mal! Man wird ja wohl noch mal fragen …« Meine Stimme wurde ganz dünn, als ich sah, wie Matti und Rudi einen Zinksarg hinaustrugen. »Das da ist Hauptkommissar Winnie Blaschke, und der ist ein Freund von mir. Und offensichtlich sind das da meine Mitarbeiter … ja, die mit dem Sarg, Herr Bietiniemollaiinnen und Herr Rolinski. Würden Sie mich jetzt bitte …!«
Bevor er widersprechen konnte, war ich schon an ihm vorbeigehuscht.
Ein paar Besucher kamen mir entgegen.
»Was ist denn passiert?«, fragte ich einen Mann.
»Sie haben eine Leiche gefunden.«
»Große Überraschung auf einem Friedhof«, gab ich zur Antwort.
Der Mann schüttelte den Kopf und murmelte irgendwas von ›pietätlos‹, hakte seine Frau unter und schob sie eilig von mir weg.
Winnies Kollegen schwärmten aus, Matti und Rudi schoben den Transportsarg in ihren Leichenwagen. Winnie drehte sich um und sah mich. Ich winkte. Er winkte nicht zurück, sondern zeigte erst auf mich und dann mit ausgestrecktem Arm auf den Ausgang und ging in die Trauerhalle. Matti und Rudi schlossen die Heckklappe und folgten ihm.
Ich beschloss, Winnies Aufforderung zu ignorieren, und lief ihnen hinterher. Die Beklommenheit, die mich erfasste, wurde durch die meterhohen Figuren, die den Besucher der Trauerhalle zu beiden Seiten des Eingangs empfingen, noch verstärkt. Die eisernen Wächter blickten starr geradeaus – vermutlich der Ewigkeit entgegen.
Drinnen war es trotz der vielen Menschen, die sich dort aufhielten, sehr still. Man hörte nur ab und an ein Flüstern. Es war so kalt, dass man seinen Atem sehen konnte. Die Aussteller hatten sich in einer Ecke versammelt. Der Schock stand ihnen ins Gesicht geschrieben. An dem schwarzen Mafiososarg auf Mattis Ausstellungsfläche machten sich die Mitarbeiter der Spurensicherung zu schaffen.
Rudi ließ sich auf einen Stuhl neben seinem Lebensbäumchen fallen und vergrub seinen Kopf in den Händen. Matti schenkte aus einer Thermoskanne Kaffee in zwei Becher ein und reichte einen davon an Winnie weiter, den anderen bot er Rudi an, der aber nur den Kopf schüttelte.
Ich wollte Winnie fragen, was passiert war, da flog die Tür auf und Berti, Elli und Mia rauschten herein. Allen voran Davidoff in einem schwarzen Samtmantel, dessen Knöpfe kleine silberne Totenköpfe zierten. Elli war ebenfalls in ein schwarzes Samtcape gehüllt und genoss ihren Auftritt offensichtlich, obwohl der Enthusiasmus der drei Damen bereits etwas gedämpft war.
»Wat is hier denn los?«, sagte Berti.
Elli grüßte winkend, woraufhin die Traube Aussteller noch näher zusammenrückte. Einige Männer drehten sich demonstrativ in die andere Richtung.
»Feiglinge«, murmelte Elli, zeigte alle Zähne und machte noch mal winke, winke.
Im
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