totgequatscht: Maggie Abendroth und der Teppich des Todes (German Edition)
oder verbogene Hähnchenbratgestelle.
Zu allem Überfluss wurde ich unsanft angerempelt und verlor im Gedränge die Reste meines Paradiesapfels. Ich guckte dem Rempler hinterher und erkannte den Teamleiter meines Vertrauens, Herrn Möhl. Er hatte an jeder Hand fünf volle Tüten, blieb ein paar Meter weiter stehen und sah sich suchend um. Ich folgte seinem Blick. Danuta kam durch die Menge getrippelt und stopfte ihm eine weitere Tüte unter den Arm. Möhl lächelte gequält, und Danuta kniff ihn aufmunternd in die Wange. Möhl spitzte die Lippen in Erwartung eines Kusses, aber sie drehte den Kopf weg, wies mit ausgestreckter Hand auf den nächsten Stand und stöckelte davon. Möhl nahm mit hängenden Schultern die Tüten auf und stolperte hinter ihr her. Das hätte man filmen sollen. Möhl gibt den Tütensklaven in Erwartung … von was? Glaubt der etwa, Danuta steht auf den? Wenn das mal nicht böse enden wird, dachte ich. Wenn der nicht so dämlich wäre, könnte er einem richtig leidtun. Ich kaufte eine Tüte gebrannte Mandeln und schob mich durchs Gedränge. Auf der Brüderstraße verlangsamte ich meine Schritte und blieb vor der Buchhandlung Janßen stehen. In der Auslage winkte mir eine Phalanx von Kochbüchern entgegen. Große, kleine, bunte, edle … Mein Magen knurrte. Ich zündete mir eine Zigarette an.
»Wasse brauchte de Menss? Was machte glucklich? Gute Essen! Du kannsse nich habe jede Tag Sex – aber du kannsse habe lecker Essen.«
Irgendwie hatte Raoul ja recht. Und ich musste mir kein Kochbuch kaufen – ich hatte ja seines. Und schon nach der dritten Zigarette war mein Plan fertig. Ich würde alle am Heiligen Abend zum Essen einladen. Oder am ersten oder zweiten Weihnachtstag, wenn sie das lieber wollten. Die Einladung sollte mein Geschenk sein. Und ich würde mir richtig Mühe geben. Das Abendessen wird mein persönliches Weihnachtswunder. Ohne Klumpen, ohne Kleister, ohne Anbrennen. Wenn die anderen die Getränke mitbringen, würde ich sogar mit dem Budget auskommen. Dieses Argument überzeugte mich am allermeisten. Aber auch, dass ich etwas tun wollte, was ich noch nie getan hatte und von dem bekannt war, dass ich es eigentlich auch lieber lassen sollte. Ich weiß nicht, wo mein Enthusiasmus so plötzlich herkam – er war einfach da, und ich war der Überzeugung, die genialste Idee seit der Erfindung des elektrischen Brotmessers gehabt zu haben. Ich sah mich bereits in der Küche stehen, und den Kochlöffel mit elegantem Sssst, Sssst schwingen wie Luke Skywalker sein Jedi-Schwert.
Tja,
möge die Macht mit dir sein. Du kannst nix machen falsch, junger Skywalker …, weil Freunde deine werden sein in Universum anderes
.
Wenn man sich selbst die Laune so verderben kann, ist es Zeit, aus dem Fenster zu springen oder was noch Schlimmeres zu machen.
Ich lief zur Taubenstraße, um mir Herrn Schmicke vorzuknöpfen. Und ein paar Minuten später stand ich vor dem Haus Nummer 14 und klingelte. Ich ließ meinen Finger auf der Schelle, vielleicht war der Herr etwas schwerhörig? Ich trat einen Schritt von der Haustür zurück. Dann eben nicht, Herr Schmicke, Pornoheftchenliebhaber. Ich drehte mich auf dem Absatz um und prallte in die Fleischberge von Walburga.
»Aua«, rief ich, denn sie hatte mich mit ihrem Ellbogen in der Magengrube getroffen.
»Was machst du hier?«, sagte sie unfreundlich.
»Dasselbe könnte ich dich fragen.«
»Lass meine Freundin in Ruhe, du hast hier nichts zu suchen.«
»Ich kenn deine Freundin überhaupt nicht. Was redest du für einen Quatsch?«
»Ach? Du hast ihr doch die Bullen auf den Hals gehetzt, inklusive Hausdurchsuchung. Hat Möhl mir erzählt. Die halbe Straße war auf den Beinen. Tolle Idee, Maggie. Die Gerti hatte beinahe einen Herzinfarkt.«
»Woher sollte ich denn wissen …?«
»Aber jetzt weißt du es, und hau endlich ab. Hier gibt’s keine Leiche. Und wenn du noch mal so’n dämlichen Scherz machst, dass die Bärbel kotzen muss, dann knall ich dir eine.«
»Wer ist denn Bärbel? … Oh, das Schäfchen, verstehe.«
Walburga schnaubte und verpasste mir einen Schubs. Ich suchte mein Heil in der Flucht.
»Und deine Dreckskarten für
Wer wird Millionär?
kannst du dir sonst wo hinstecken! Von so ’ner Leichentussi will ich die nicht mal geschenkt! Und außerdem: Wir haben VIP-Karten für
Nur die Liebe zählt
und Autogramme von Kai Pflaume persönlich!«, rief sie. »Und ich hab den gefragt: Der kennt dich gar nicht.«
»Na, Gott sei Dank.«
Manche
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