totgequatscht: Maggie Abendroth und der Teppich des Todes (German Edition)
Schlabberlook und auf gelben Wollsocken.
»Guten Abend, ich muss mal an Ihren Computer«, sagte ich.
»Aha. Mal ist es Schnaps, mal ein guter Rat und jetzt ein Computer. Hat das nicht bis morgen Zeit?«, sagte er und ging in die Küche. Ich folgte ihm nicht, sondern lief direkt in sein Arbeitszimmer.
»Ho, ho.. Moment mal ... das kann ich ...«, rief er und stolperte auf seinen Socken hinter mir her. Aber ich hatte schon die Maus berührt, und der Bildschirm leuchtete auf. Gerrit rutschte auf seinen Socken auf dem blanken Parkettboden und musste sich am Schreibtischstuhl festhalten, um nicht lang hinzuschlagen.
»Ah ... wer ist denn Lestat69? Ts. Ts. Und was will er? Entschuldigung, aber ich muss mal eben ... Und Sie sind ... Armand? Was sagt denn Ihr Therapeut zu so was?«
Gerrit war kurz vor Schnappatmung. Ich schrieb:
Cher Lestat, bin gleich wieder da. Unerwarteter Besuch. Armand
. Dann gab ich bei Google die Begriffe
Eineiige Zwillinge und DNA
ein.
»Machen Sie eigentlich vor gar nichts halt? Darf ich wenigstens noch fragen, ob Sie mitessen wollen? Darf es noch ein heißes Bad sein, und soll ich mich vorm Servieren noch umkleiden?!«
»Ja«, sagte ich, ohne wirklich zugehört zu haben, denn ich las, was Dr. Google mir mitzuteilen hatte. Ein Grund die Siegerfaust zu schwingen. »Wussten Sie das, Gerrit? Ha?! Eineiige Zwillinge haben dieselbe DNA.« Ich drehte mich um und hielt ihm die Hand für ein High-Five hin. Aber Gerrit sagte nur: »Ja, das wusste ich. Sie hätten mich nur fragen müssen. Sind Sie fertig?«
»Nein. Und jetzt ...« Ich schrieb:
Eineiniige Zwillinge und Fingerabdrücke
. Schon wollte ich ein weiteres Mal triumphieren, aber mir blieb der Jubel im Halse stecken. Die Fingerabdrücke sind verschieden.
»Kein Triumph diesmal? Das hätte ich auch gewusst«, sagte Gerrit und wies mit ausgestreckter Hand auf die Wohnungstür. »Ich würde mich freuen, wenn Sie jetzt gingen.«
»Aber ich muss noch mal was nachgucken«, sagte ich. »Ich hoffe, Ihr kleiner Vampir ist die ganze Aufregung wert.« Ich rief das Telefonbuch auf und gab Brenner, Günther und Monika ein.
Hinter mir hörte ich, wie Gerrit tief Luft holte. »Das reicht jetzt! Ich bin weder ein Kiosk noch eine Auskunftei oder ein Schnapsladen oder ein Internetcafé.«
»Ist Winnie eigentlich auch bei Gay Romeo?«
»Ja, unter LongJohnSuperbulleHandschellenFolterknecht.de.«
»Ne?!«
»Natürlich nicht! Und wenn Sie jetzt nicht auf der Stelle gehen, dann halte ich Ihnen mal einen Vortrag über Privatsphäre.«
»Ich bin ja gleich weg. Muss nur noch die Sachen hier ausdrucken ...«
Der Drucker surrte. Ich schnappte mir die Blätter, stopfte sie in meine Tasche, rief die Chat-Seite von Gay Romeo auf und beeilte mich hinauszukommen. Gerrit lief hinter mir her. Er wollte wohl sicher sein, dass ich auch wirklich aus seiner Wohnung verschwand.
»Danke sehr, Armand«, säuselte ich. »Ihr bleicher Freund wartet. Ich finde selbst hinaus.« Der Computer meldete sich mit einem Pling. Lestat69 war wieder online. Gerrit war unschlüssig, ob er meine Hand nehmen sollte, die ich ihm zum Abschied reichte. Dann siegte der Armand in ihm. Er drehte sich um und schlidderte, wild mit den Armen rudernd, zurück ins Arbeitszimmer.
Im Anbau war alles dunkel. Ich ging hinein und rief nach Rudi, aber er war nicht mehr da. Auf dem Tischchen lag mein Notizbuch, daneben ein kleiner Werbekalender von Bestattungen Abendroth. Doktor Thoma lag lang ausgestreckt auf dem Teppich, die Nase fest auf den Boden gedrückt. Seine Schwanzspitze zuckte nervös.
Rudi hatte mir eine Nachricht hinterlassen: »Danke für alles, Maggie. Bitte kümmere dich um Matti.« Hätte er nicht wenigstens auf mich warten können? Natürlich nicht – hätte ich ihn gehen lassen, wenn er noch hier gewesen wäre? Bestimmt nicht.
Ich blätterte im Kalender – dort waren alle Termine und Vorhaben von Rudi notiert, bis zum Tag der Ausstellung. Für übermorgen hatte er die Abflugzeit für Spanien eingetragen und extra unterstrichen:
Weihnachten mit Elli. Heiratsantrag. Ring abholen nicht vergessen
.
Ich hatte einen Kloß im Hals. Oh Mann, Rudi war nicht abzuschütteln, wenn er sich erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte. Wo war er jetzt hin? Hatte er überhaupt Geld in der Tasche? Was hatte er vor? Und warum ließ er mich, ausgerechnet mich!, mit dem ganzen Problem hier alleine sitzen? Ich konnte nur hoffen, dass er Dr. Herzig aufgesucht hatte.
Ich drehte mich einmal um meine eigene
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