Totgesagt
pferdegesichtige Tochter von hier wegfuhren.
“Schade”, sagte er. “Wie du ja weißt, dein Vater und ich, wir waren uns am Schluss nicht grün. In mancher Hinsicht sprach mich aber keiner im Innersten so an wie er.” Ray stellte sich vor, wie die Tarantel zwischen Madelines nackten Brüsten und dann ihren Bauch hinabspazierte. Gut, sie war kein kleines Mädchen mehr und daher sicherlich nicht so leicht einzuschüchtern. Trotzdem war sie Barkers Kind. Das fand er wahnsinnig erregend.
“Nett von dir, dass du das sagst”, murmelte sie, gleich wieder den Tränen nahe. “Vom Predigen verstand er was, stimmt’s?”
“Wie kein zweiter”, unterstrich Ray. “Übrigens gab es so manches, worin er spitze war. Genau das wollte ich dir zeigen. Hat mir dein Vater selber gegeben.”
Das machte sie hellhörig. Er sah, wie sie stutzte und über die Schulter in den Flur schaute.
“Trifft sich gut, dass du gerade hier bist, denn ich hab’s erst gestern Abend hervorgekramt. Es zeigt den wahren Lee Barker, wie er leibte und lebte.”
Jetzt war sie hin- und hergerissen. Und zu neugierig, um sich auf Biegen oder Brechen zu verabschieden.
Sie drehte sich um und wandte sich dem Zimmer zu, in dem die von ihm benutzten Sexutensilien auf sie warteten. Er war dermaßen scharf auf Madeline, dass er am liebsten gleich auf der Stelle über sie hergefallen wäre.
Ruhig, mahnte er sich. Lieber noch etwas warten, das machte den Schock umso größer und die ganze Sache noch prickelnder. Dann konnte man alles in Ruhe genießen – ungestört, denn er hatte das Fenster drüben mit dickem, schwarzem Karton abgeklebt.
Sie war schon fast an der Tür … Hinterher, so überlegte er bereits, würde er sehen müssen, wie er die Leiche loswurde. Aber es wurde ja bald schon dunkel; da brauchte er sich nicht zu beeilen. Vielleicht konnte man sie sogar ein Weilchen am Leben lassen. Als Sexsklavin halten. Er konnte ja die Kreditkarte nutzen, die er Bubba abgenommen hatte, eine erkleckliche Summe Bargeld dazu – erstaunlicherweise mehr, als er dem Fettsack zugetraut hätte. Vermutlich hatte er gerade seinen Scheck von der Stütze eingelöst. Nötigenfalls konnte Ray also mit Bubbas Kreditkarte per Internet eine Hütte in den Bergen von Tennessee buchen, Madeline gefesselt und geknebelt dorthin verfrachten und sie dann splitternackt aufs Bett binden, damit sie ihm jederzeit zur Verfügung stand.
Als er sich jetzt auch noch ausmalte, wie er ihr die Schlinge aus Klavierdraht um den Hals legte, da hielt er es vor Geilheit kaum noch aus. Jetzt musste es schnell gehen, damit sie nicht um Hilfe schreien konnte. Doch da, ausgerechnet in diesem Moment, dudelte ihr Handy los, und ehe er eingreifen konnte, hatte sie es schon aufgeklappt.
“Hallo? Ach, Hunter, du bist es! Wo warst du die ganze Zeit? … Ich? Bei Ray Harper … Ach, die setzen heute Nachmittag die neue Scheibe ein … Weißt du das mit dem Nachbarn von Ray schon? Bubba Turk? …”
Ray hätte sich in den Hintern beißen können. Hätte er doch die Falle rechtzeitig zuschnappen lassen! Jetzt hatte das Weib seinen Namen erwähnt, und er, er schaute nun in die Röhre.
Gerade noch rechtzeitig, bevor sie um die Ecke biegen und die ganze Bescherung sehen konnte, packte er sie beim Arm und hielt sie zurück. So ein verfluchtes Pech! Dabei war er so nah dran gewesen!
Gespannt sah sie ihn an.
“Lass mich nur schnell aufräumen”, raunte er, als sei es ihm peinlich, und drückte sich an ihr vorbei.
Sie rührte sich nicht vom Fleck, und Ray konnte mithören, wie sie ihrem Schnüffler die Sache mit Bubba berichtete. Er selbst fuhr unterdessen den Rechner herunter und verstaute den Dildo, die Creme, die chinesischen Kräuter, den Klavierdraht und den Minislip, den er manchmal anzog, schnell unter dem Bett. Da die ganze Bude wie verrückt nach Sex und Schweiß roch, versprühte er außerdem noch etwas von dem billigen Duftwasser, das auf der Kommode stand.
“Ray?”
Er erstarrte. War sie tatsächlich schon fertig mit ihrem Anruf? “Ja?”
“Bist du so weit?”
Und ob er so weit war! Bei der Viagra-Dosis langte seine Erektion für gut drei Stunden, und wenn’s nach ihm ging, hätte er noch drei weitere Stunden gekonnt. Allein, die Rache an ihr und ihrem Vater musste halt warten – aber aufgeschoben war ja nicht aufgehoben.
Ein letztes Mal ließ er den Blick in die Runde schweifen und überzeugte sich, dass er nichts Verräterisches hinterlassen hatte. Vielleicht, so fabulierte er
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