Totgesagt
an.
Fast schon zum Lachen, die Vorstellung. Aber einen Menschen ins Jenseits zu befördern, das war doch nicht so einfach, wie er es sich vorgestellt hatte. Gestern Nacht hatte es zwischen ihm und Bubba ein ziemliches Handgemenge gegeben, in dessen Verlauf er sich das Bein an der Couchtischkante gestoßen hatte. Offenbar verängstigt von dem Krawall, war ihm dann auch noch die Katze mit ihren Krallen ins Gesicht gesprungen. Da hatte er sich das Viech gepackt und gegen die Wand geknallt. Wäre Bubba bei diesem Anblick nicht gestolpert, sondern wie geplant noch ans Telefon gekommen – weiß der Geier, wie die Sache ausgegangen wäre. Selbst nachdem der Fettwanst hinschlug und bewusstlos liegen blieb, selbst als Ray ihm noch ein Kissen auf Nase und Mund drückte, dauerte es anscheinend ewig, bis er endlich hinüber war.
Eins stand jedenfalls fest: Bubbas Herz war kräftiger, als alle vermutet hatten.
Letztendlich behielt Ray aber doch die Oberhand.
Anschließend hatte er das Kissen draußen im Wald verbrannt und danach mindestens zwanzig Minuten geduscht, um sich unter allerlei Gejammer das Blut abzuwaschen. Er hatte eine Heidenangst ausgestanden, weil er dachte, jemand könne den Radau gehört und die Bullen alarmiert haben. Und in seiner Panik hatte er glatt vergessen, die tote Katze, die er einfach in den Schuppen geschmissen hatte, noch zu verbuddeln. Jetzt war es zu spät; man hatte Bubba schon gefunden. Keine zehn Pferde hätten Ray noch in dessen Mobilheim gekriegt. Nicht mal in die Nähe!
Bis jetzt waren die Bullen noch nicht bei ihm angerückt. Bis jetzt hatte offenbar kein Mensch etwas gehört oder gesehen. Und bis jetzt machte auch niemand groß Zirkus wegen diesem dämlichen Katzenvieh. Wenn es nach Ray ging, sollte es ruhig so bleiben.
Zur Feier des Tages und als Mittel gegen die Panik hatte Ray sich eine Ecstasy-Pille eingeworfen und sich anschließend reihenweise Pornos reingezogen. Am schärfsten fand er das Bild, auf dem eine Frau, die Madeline überaus ähnlich sah, von drei Kerlen rangenommen wurde. Die Datei hatte er noch nebenan auf seinem Rechner. Wenn Madeline die sähe – sie wäre unter Garantie starr vor Ekel, ja geradezu fassungslos.
Schon ganz versessen auf den Anblick, wie ihr das Blut aus dem Gesicht weichen würde, wenn sie sein Vorhaben erst kapierte, stellte er sich vor die Tür und versperrte ihr so den Weg. Er brauchte endlich mal wieder was Handfestes, nicht immer nur so halbgare Sachen wie in den vergangenen achtundzwanzig Jahren. Vor einer Woche hatte ihm Pornografie noch gereicht, aber jetzt musste was Lebendigeres her.
Er malte sich schon aus, wie er Madeline fesselte und ihr, während er ihr gleichzeitig die Luft abschnürte, Bubbas Tarantel über den nackten Körper krabbeln ließ. Komischerweise fand er es richtig scharf, dass er mit Barkers Tochter auf dieselbe Weise verfahren würde, wie der Reverend es mit der seinen getrieben hatte. Rose Lee war für Barker bloß so etwas wie ein Gebrauchsgegenstand gewesen. Madeline hingegen nicht. Die war ihm dafür zu schade.
Na, damit war es nun vorbei.
Als er sich nicht von der Stelle rührte, sah Madeline ihn verwirrt an. “Darf ich mal?”
Er lächelte. “Momentchen noch! Ich muss dir was zeigen.”
Instinktiv raffte sie ihre Handtasche an sich. “Was denn?”
“Ist ‘ne Überraschung.” Er deutete über ihren Kopf hinweg durch den Korridor. “Schau mal nach, was da im ersten Schlafzimmer ist.”
In ihren hübschen grünen Augen erschien ein erster Hauch von Argwohn. Offenbar ahnte sie, dass irgendetwas mit ihm nicht stimmte. Die Tatsache jedoch, dass sie ihn schon seit Jahren kannte, dass sie ihn regelmäßig beim Gottesdienst oder in der Stadt sah und daher glaubte, sie habe von ihm nichts zu befürchten – all das überdeckte anscheinend ihre Skepsis. Ein Übriges tat ihr von Natur aus freundliches Wesen.
Dennoch war sie unschlüssig. “Wird langsam spät”, wandte sie ein. “Ich muss noch zur Redaktion. Hab da eine Verabredung.”
“Mit deinem Privatermittler?”, fragte er betont gleichmütig.
“Genau.”
“Wie läuft’s denn überhaupt bei dem? Schon was gefunden?”
“Noch nicht.” Sie dachte wohl, er werde den Weg frei machen, aber laufen lassen durfte er sie nicht. Mit Sicherheit hatte keiner gesehen, wie sie seinen Wohnwagen betreten hatte. Ivy, der Nachbar zur Linken, war nicht da. Und er, Ray, er hatte Madeline lange beobachtet und auch mitbekommen, wie Helen und deren
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