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Totgesagt

Totgesagt

Titel: Totgesagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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den Augenwinkeln bemerkte Hunter, wie sich hinter einem der Fenster des Hauses eine Gardine bewegte. Offenbar war es Mrs. Metzger. Der passte es gar nicht, dass er sich mit ihrem Sohn unterhielt, doch davon durfte er sich nicht aufhalten lassen. Jetzt erst recht nicht. “Deshalb waren Sie also am helllichten Tag in der Kirche? Weil Sie sich revanchieren wollten?”
    “Von wegen!”, konterte er verbittert. “Ich sollte den Lokus schrubben! Als Strafe fürs Kiffen. Auf Vorschlag von meinen treusorgenden Eltern. Eigentlich sollte ich erst zwei Stunden später anfangen. Aber ich war noch zu Besuch bei ‘nem Kumpel. Der hatte ‘ne neue Ladung Stoff …” – er grinste, offenbar nicht sonderlich zerknirscht – “… da wollte ich das Schrubben schnell hinter mich bringen, also bin ich früher hin. Auf dem Parkplatz stand die Karre vom Reverend, aber die Kirche war abgeschlossen, und klopfen wollte ich nicht; vielleicht war er am Beten, da wollte ich nicht stören und ihn nicht noch mehr auf die Palme bringen. Der konnte echt fies werden, der alte Sack.”
    “Wie sind Sie denn reingekommen?”
    “Das Klofenster war kaputt, das schloss nicht richtig. Ich hab’s aufgedrückt, bin durchgekrabbelt und hab mich auf die Suche nach Barker gemacht. Falls er beim Aufräumen gewesen wäre oder an ‘ner Predigt gesessen hätte, dann hätte ich mich gemeldet und ihm gesagt, ich hätte geklopft. Und wenn er gebetet hätte, wäre ich klammheimlich wieder abgehauen.”
    “Aber dann hörten Sie das Stöhnen.”
    “Aber hallo!” Wieder schnippte er die Asche von seiner Zigarette.
    “Und als Sie auf den Baum kletterten – haben Sie da etwas sehen können?”
    “Da war ‘ne Frau … auf allen vieren hinterm Schreibtisch. Ich konnte nur den nackten Oberschenkel sehen. Und Barker. Nackt. Besorgte es der von hinten.”
    “Und es war eine Frau? Ganz sicher?”
    “Also, ich kann ein Frauenbein durchaus von ‘nem Männerbein unterscheiden.”
    “Und an mehr erinnern Sie sich nicht?”
    “Wieso? Was genau meinen Sie denn?”
    “Na, stand da beispielsweise noch ein Fahrzeug in der Nähe herum? Lag da ein Kleidungsstück, das nur eine bestimmte Person in der Stadt trug? Ein Führerschein?”, fügte er noch zum Scherz hinzu.
    Mike fand das keineswegs komisch. Er warf die Kippe zu Boden und zertrat sie. “An eins kann ich mich noch erinnern …”
    Der ernste Tonfall ließ Hunter gespannt aufhorchen. “Das wäre?”
    “Die auf dem Fußboden, die trug ein Hundehalsband.”
    Hunter merkte, wie sich die Härchen an seinen Unterarmen kribbelnd aufrichteten. “Wie konnten Sie das so genau erkennen?”
    “Barker hielt die Leine in der Hand und zerrte dran.”
    “Und was passierte dann?”
    Mike stutzte und musterte ihn einen Augenblick. “Wundert Sie wohl kein bisschen, was?”
    “Ich kannte ja den ehrenwerten Reverend Barker nicht.”
    Mike tastete nach der in seiner Brusttasche steckenden Schachtel und zupfte sich die nächste Zigarette heraus. “Kaum hatte ich den Kopf höher als die Fensterbank, da sah mich der Kerl. Als er mich anguckte, da bin ich aus dem Scheißbaum gesprungen und hätte mir um ein Haar das Genick gebrochen. Dann hoch und nichts wie weg.”
    “Er hinter Ihnen her?”
    “War gar nicht nötig.” Er zündete die Zigarette an. “Er wusste ja, dass ich es war.”
    “Haben Sie jemandem mal erzählt, was Sie da gesehen haben?”
    “Ja, bin ich denn verrückt?”
    Der Wind zauste Hunters Haar und wehte es ihm ins Gesicht. Er strich es sich aus den Augen. “Wieso?”
    “Jeder hätte behauptet, ich sauge mir das aus den Fingern. Weil er mich die Woche zuvor verpfiffen hatte. Außerdem konnte ich die Frau nicht identifizieren und somit nix beweisen. So blöd bin ich nicht, dass ich ihm Ehebruch vorwerfe und dann nicht mal eine benennen kann, die das eventuell auch bestätigt. Die Leute hier, die nageln einen schon für weniger ans Kreuz.”
    “Haben Sie’s Ihren Eltern verraten?”
    Er biss die Zähne zusammen. “Ja.”
    “Und wie reagierten sie?”
    Mike blies den Zigarettenqualm durch die Nase. “Mein Alter hat mir ‘ne Tracht Prügel verabreicht, wie ich sie nie zuvor und danach gekriegt habe.”
    “Und was sagen sie jetzt?”
    “Ich schätze mal, seit die Bullen die Sachen in dem Cadillac gefunden haben, sehen sie die Dinge etwas anders und fragen sich, ob ich nicht doch die Wahrheit gesagt habe. Aber sie meinen, das sei jetzt sowieso egal. Vorbei ist vorbei; heute spielt die Musik. Mein

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