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Totgesagt

Totgesagt

Titel: Totgesagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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träumte.
    “Da wären wir”, tönte Rays fröhliche Stimme.
    Sie hätte ihn gerne gefragt, was
da
eigentlich bedeutete, hätte ihm tausend andere Fragen stellen mögen. Doch selbst wenn er ihr den Knebel abgenommen hätte – ihr Mund war zu ausgedörrt zum Sprechen. Der Fetzen saß so fest, dass sie während der ganzen Fahrt nicht ein einziges Mal hatte die Lippen schließen, geschweige denn schlucken können.
    “Ich gucke mich nur mal kurz um”, rief er. “Bin gleich wieder da.”
    Als sie weder einen Laut noch einen Mucks von sich gab, riss er ihr unvermutet die Decke vom Leib. Beider Blicke trafen sich. “Na, ich bekam schon Schiss”, brummte er kichernd.
    Mit dumpf auf dem Waldboden klingenden Schritten entfernte er sich vom Wagen. Dann hörte sie Schlüsselgeklirr. Wo genau, das konnte sie nicht ausmachen. Außerdem war es verdammt kalt, kälter als in Stillwater. Höher gelegen wahrscheinlich. Der Kiefernduft roch stärker denn je – Harz, Wald und feuchte Erde.
    “Hat nicht mal ‘n Klo”, knurrte er, als er wiederkam. “Na ja, was will man erwarten für fünfunddreißig Dollar die Nacht?” Er löste die Verzurrung, mit der er sie auf der Ladefläche gesichert hatte, und zog sie dann am Strick mit einem Ruck in Sitzposition hoch. Um ein Haar hätte er ihr dabei die Arme gebrochen.
    Als sie vor Schmerzen stöhnte, lachte er. “Entschuldigung. Du bist halt ‘ne ziemlich große Person und ich nicht mehr der Jüngste.”
    Er wälzte sie an die Heckklappe heran, gab ihr noch einen Stoß und ließ sie einfach zu Boden plumpsen. Kiefernnadeln pieksten ihr ins Gesicht und wären ihr beinahe in die Augen gedrungen. Bei dem Versuch, das Gesicht zur Seite zu drehen, bekam sie Erde in den Mund, weil sie so heftig nach Luft schnappte. Sie musste husten, konnte aber wegen des Knebels nur hilflos würgen.
    Ray scherte das alles anscheinend nicht. Er hatte sich inzwischen wieder zum Führerhaus begeben. “Ich habe alles Nötige gleich dabei, nur …” Sie hörte, wie er herumkramte. “Mist, verdammter! Den Dildo, den hatte ich ja dir gegeben! Mann, bin ich vielleicht ein Trottel! Dabei habe ich nicht mal mitgekriegt, wie du das Päckchen aufgemacht hast. Und jetzt fehlt uns eins meiner Lieblingsspielzeuge. Das kommt davon, wenn man nicht an alles denkt!”, schimpfte er missmutig vor sich hin.
    Sie wollte ihn fragen, was er mit ihr vorhabe, brachte jedoch bloß ein hilfloses Krächzen zuwege.
    “Nur Geduld!”, winkte er ab. “Das haben wir gleich.” Wieder zog er sie hoch in Sitzposition, lud sie sich auf die Schultern und trug sie in eine kleine Blockhütte, ausstaffiert mit sehr schlichten, preiswerten Möbeln. Fernseher oder Telefon gab es nicht, so jedenfalls Madelines Eindruck.
    “Nicht besonders luxuriös”, erklärte er, wobei er sie auf die Couch legte. “Macht aber nichts. Wir werden uns schon nicht langweilen. Und wenn doch, hab ich was Interessantes zu lesen da.” Aus einer Reisetasche kramte er einige Hefte, die er Madeline unter die Nase hielt.
    Es handelte sich um Pornoheftchen. Er schlug eins auf und fing an, laut daraus vorzulesen. Alles war dermaßen abstoßend, dass Madeline die Augen fest zukniff und sich im Geiste immer wieder dasselbe vorsagte:
Das gibt es nicht … das kann nicht sein … das ist nicht wahr!
    “Wir kommen noch darauf zurück”, sagte er und warf das Heft beiseite. “Ich will ja nichts überstürzen. Vorfreude ist halt die schönste Freude.”
    Wir kommen noch darauf zurück?
Bei dem lüsternen Unterton krampfte sich ihr vor Angst der Magen zusammen. Hatte er etwa vor, sie zu vergewaltigen? Das konnte sie einfach nicht glauben. Dieser Mann hatte doch zur Gemeinde ihres Vaters gehört! Der ging doch immer noch brav zur Kirche! Fast jede Woche.
    “Ray …” Sie würgte den Namen zwar nur undeutlich hervor, aber er hörte ihn doch und blickte auf.
    “Bitte … Knebel …”
    “Hm … na ja, wir wollen mal nicht so sein”, flachste er. “Aber denk dran: Ich will keine Klagen hören! Sonst ist er gleich wieder drin. Könnte auch noch andere Folgen haben. Besonders, wenn du vergisst, mich mit ‘Gebieter’ anzureden. Ja, Gebieter. Nein, Gebieter. Alles klar?”
    Der Kerl war geisteskrank. Wieso war ihr das nicht schon früher aufgefallen? Der hässliche, grausame Zug in seinem wettergegerbten Gesicht. Das irre Funkeln in den dunklen Augen … Er war tatsächlich übergeschnappt.
    Anscheinend bemerkte er ihre trotzige Haltung, denn als er ihr den Knebel aus

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