Totgesagt
–, und wies auf einen penibel gefalteten blau-weißen Stapel.
Er nickte. Eine heiße Dusche kam ihm gerade recht. Dann wartete hoffentlich ein weiches Bett auf ihn und ungestörtes Durchschlafen bis zum Morgen.
Sie trat an den gemauerten Kamin, der zusammen mit einigen roh gezimmerten Regalen eine ganze Wand einnahm. “Falls Sie sich ein Feuer anmachen möchten – Holz ist genug da”, sagte sie und klappte den Deckel der gleich danebenstehenden Kiste auf.
Der Geruch von Pinienholz und Terpentinöl durchzog den Raum und weckte in Hunter Erinnerungen an einen Campingurlaub, den er mit seiner Familie im Yosemite Nationalpark verbracht hatte. Die Ehe mit Antoinette hatte sich gleich von Anfang an schwierig gestaltet, aber Maria hatte darin immer einen Lichtblick dargestellt. Er wusste noch, wie er sie beim Wandern auf den Schultern trug, wie er ihr über die glitschigen Findlinge half, die in dem Bach lagen, in dem sie häufig badeten. Herrgott, sie fehlte ihm so, die Kleine …
Als er merkte, dass Madeline auf eine Antwort wartete, klopfte er gegen die kleine Klappe an der Kistenrückwand. Die ließ sich so öffnen, dass man die Scheite von außen auffüllen konnte. “Praktisch.”
“Der Kamin müsste reichen, damit haben Sie’s mollig warm.”
Das galt wohl auch für das dicke Daunenoberbett.
Madeline strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. “Fernsehen gibt es hier draußen leider nicht”, erklärte sie, indem sie sich Hunter zuwandte. “Kühlschrank auch nicht. Wenn Sie etwas brauchen, können Sie ruhig rüberkommen. Schlüssel liegt unter der Fußmatte. Passt für beide Schlösser.”
“Da käme ein Einbrecher nie im Leben drauf”, flachste er etwas sarkastisch.
“Hier draußen gibt’s so gut wie keine Kriminalität.”
“Meines Wissens aber zumindest einen Vermissten.”
Sie fixierte ihn einen Moment. “Falls Sie meinen, der Schlüssel sei da nicht sicher, nehmen Sie ihn an sich. Sie brauchen ja sowieso einen eigenen.”
“Das werde ich tun, vielen Dank.” Hunter packte den Laptop auf den Schreibtisch unter dem einzigen Fenster, lehnte den Gitarrenkoffer gegen die Wand und ließ sich rücklings auf das massive Himmelbett plumpsen. Ausgesprochen gemütlich, stellte er fest. Wie ein entlegenes Jagdhaus mitten im Wald. Nicht gerade Hawaii, aber Los Angeles auch nicht, und darüber war er erstaunlich froh. Es ging ihm zunehmend auf die Nerven, das ereignislose Dasein, das er seit seiner Scheidung fristete. Ganz besonders das Leben in seinem leeren Haus, in dem sich außer ihm nichts bewegte.
“Im Unterschrank im Badezimmer finden Sie frische Zahnbürsten, Seife, Shampoo und die Haarspülung in der Dusche.”
“Danke.”
Sie lächelte müde. “Entschuldigen Sie mein Verhalten am Flughafen. Ich hätte etwas höflicher sein können.”
“Halb so wild”, brummte er. Er selber hatte sich auch nicht von seiner besten Seite gezeigt.
An der Tür hielt sie inne. “Meinen Sie, ich werde je erfahren, was mit meinem Vater geschehen ist?”, fragte sie ernst.
“Durchaus.” Hoffentlich versprach er ihr nicht zu viel! “Die Möglichkeit besteht … durchaus.”
Die Sonnenstrahlen, die durch die Spalten des Vorhangs drangen, weckten Hunter schließlich auf. Er öffnete die Augen in Erwartung der weißen Zimmerdecke in seinem Hotel auf Hawaii. Stattdessen blickte er auf gewachste Holzbalken, und als ihm dann kurz darauf der Duft von feuchtem Holz und frischen Laken in die Nase stieg, da fiel ihm alles wieder ein. Er befand sich in einem Landhaus. In Mississippi. In einer ehemaligen umgebauten Garage, die einer Frau namens Madeline Barker gehörte.
Ohne besonderen Grund griff er sich sein Portemonnaie und zog das Kondom mit der Strip-Reklame heraus. Auf der Verpackung stand: “Bud’s Babes – die schärfsten Miezen weit und breit”.
Um für etwaige Versuchungen keine Hintertür offenzuhalten, schnippte er das Ding in den Mülleimer. Eine Minute später fischte er es allerdings wieder heraus und steckte es ins Portemonnaie zurück. Anschließend warf er einen Blick auf seine Armbanduhr. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass Madeline um punkt acht Uhr an die Tür klopfen würde. Sie hatte gesagt, sie sei im Besitz einiger Polizeiakten, die sich mit dem Verschwinden ihres Vaters beschäftigten. Ein Beweis dafür, dass sich die Vorschriften umgehen ließen, so man nur die richtigen Leute an den entsprechenden Stellen kannte. Er hatte sich vorgenommen, früh aufzustehen, um sie
Weitere Kostenlose Bücher