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Totgesagt

Totgesagt

Titel: Totgesagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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ihrer Türschwelle, doch sie machte keine Anstalten, sie hereinzubitten.
    “Ich möchte in Erfahrung bringen, wer Ihren Bruder umgebracht hat”, erwiderte Hunter.
    “Und ich kann Ihnen das verraten?”
    “Sie können mir dabei helfen.”
    “Wenn ich das wüsste”, sagte sie, “hätte ich die Polizei längst dazu gebracht, ihn hinter Schloss und Riegel zu verfrachten.”
    Seinerzeit hatte sie ja Clays Verhaftung gefordert. Was hatte es damit auf sich? Entschuldigte Madeline Clays Verhalten nicht genau mit diesem Vorfall? Damit, dass er einiges durchgemacht und keine Lust mehr hatte, sich schon wieder herumschubsen zu lassen?
    Hunter nahm eine lockere Pose ein, um nicht aggressiv zu erscheinen. Vielleicht entspannte sie sich ja ein wenig und plauderte Dinge aus, die sie sonst nicht verraten hätte. Diesen Trick hatte er über die Jahre perfektioniert. Sein Gesicht war viel zu nett, um gefährlich zu wirken. Das war sein Kapital. “Madeline meint, Sie haben Clay Montgomery als Täter in Verdacht”, sagte er.
    Elaine warf ihrer Nichte einen gereizten Blick zu. “Ich hatte früher so meine Bedenken, was Clay betrifft.”
    “Aber jetzt nicht mehr?” Er hob fragend eine Braue.
    Anscheinend wurde sie immer missmutiger. “Ich war an dem Abend nicht dabei. Ich weiß nicht, was da passiert ist.”
    “Ich wollte ja auch nur Ihre persönliche Meinung hören.”
    Sein Tonfall sollte andeuten, dass sie ihm ruhig vertrauen könne. So leicht ließ sie sich allerdings nicht aus der Reserve locken. “Sollten Sie die Fakten nicht mehr interessieren? Wozu soll meine Meinung denn gut sein?”
    “Offenbar verfügen Sie über ausgezeichnete Menschenkenntnis”, sagte er. “Manchmal ist es genauso wichtig zu wissen, wen man fragen soll – nicht nur, welche Fragen man stellen will.”
    Die Schmeichelei brachte sie in Versuchung. Hunter hörte förmlich, wie in ihrem Kopf die Riegel aufschnappten. “Ich bin tatsächlich eine gute Menschenkennerin.”
    “Gerade deshalb macht mich ihre Einstellung zu Clay ja so stutzig.”
    Damit bot er ihr ein Sprungbrett. Im Grunde konnte sie nun von allen möglichen Schandtaten erzählen, die Madelines Stiefbruder – angeblich oder tatsächlich – begangen hatte. Umso größer war sein Erstaunen, als sie den Blick abwandte und stattdessen murmelte: “Ich glaube nicht, dass er zu einem kaltblütigen Mord fähig gewesen wäre. Nicht mit sechzehn.”
    “Sie meinen also, es war ein
kaltblütiger
Mord?”, hakte er nach.
    “Gibt’s denn auch andere?”, konterte sie.
    Er zuckte mit den Achseln. “Könnte ja auch ein Unfall gewesen sein.”
    Sie verkniff die Lippen zu einem farblosen Strich. “Könnte, könnte – denkbar ist vieles.”
    Hunter fuhr sich mit dem Daumen über das unrasierte Kinn. Wieso zog sie nicht über Clay her? Eigentlich hätte man damit rechnen müssen. Zumal es ja hieß, sie habe früher kein gutes Haar an ihm gelassen. “Also, wenn Clay es nicht war … wer dann?”
    “Bin ich Jesus? Vielleicht war’s ein Landstreicher. Hat Irene Montgomery doch immer behauptet.”
    Aus den Augenwinkeln sah Hunter, wie Madeline verblüfft den Mund öffnete. Doch weder ließ er sich etwas anmerken, noch drehte er sich zu ihr um. Und zum Glück mischte sie sich auch nicht ein. “Glaube ich nicht”, sagte er. Da war er knapp einen Tag in der Stadt, und schon wäre er jede Wette eingegangen, dass Barker von einem guten Bekannten ermordet worden war. Der ganze Fall roch geradezu nach verborgenen Zusammenhängen und unterdrückten Emotionen.
    “Von mir aus glauben Sie, was Sie wollen”, blaffte Elaine, “aber das hier ist eine friedliche Gemeinde. Niemand hier wäre zu einem Mord fähig. Da verschwenden Sie bloß Ihre Zeit, fürchte ich.”
    Aha. Erst Clay beschuldigen, dann auf einmal niemanden mehr. Interessant. “Erinnern Sie sich noch an Katie Swanson?”
    “Katie?”, wiederholte sie – seinem Gefühl nach allerdings nicht, weil ihr der Name unbekannt war, sondern weil sie nicht wusste, wie sie darauf reagieren sollte.
    “Das 15-jährige Mädchen, das bei einem Unfall mit Fahrerflucht ums Leben kam. Vor siebenundzwanzig Jahren.”
    Stirnrunzelnd warf sie Madeline einen Blick zu. “Was soll die Frage?”
    “Ich wollte nur wissen, wie gut Sie das Mädchen kannten.”
    “Ich? Flüchtig.”
    “Sie war doch häufig in der Kirche, oder?”
    “Nein, ich … ich kann mich nicht mehr genau erinnern.”
    “Soweit mir bekannt ist, arbeitete sie für Ihren Bruder.”
    “Ich

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